Karin Tiege-Schulze, Wachleiterin Rettungswache Elstorf
„Für mich ist das hier Zweitfamilie“
Im Rahmen unseres Jahresthemas „Team Johanniter“ stellen wir Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen unserer Hilfsorganisation vor. Wir haben sie gefragt, warum sie bei den Johannitern arbeiten und was ihren Job so besonders macht. Diesmal: Karin Tiege-Schulze.
Schon seit 1992 ist die 55-Jährige bei den Johannitern im Regionalverband Harburg und auf ihrer Rettungswache die Dienstälteste. Besonders in den Anfangsjahren waren Frauen im Rettungsdienst noch die Ausnahme. Heute ist Karin Tiege-Schulze Wachleiterin in der Rettungswache Elstorf. Warum ihr Team für sie eine zweite Familie ist, berichtet sie im Interview.
Wie bist du zu den Johannitern gekommen?
„Seit 1992 arbeite ich bei den Johannitern, ich glaube, ich bin die Dienstälteste hier. Damals habe ich als Rettungsassistentin angefangen. 1996, als die Rettungswache in Elstorf aufgemacht wurde, habe ich einzelne Schichten übernommen. Seit 2012 bin ich fest im Regionalverband Harburg. Die Johanniter haben mir damals eine Stelle gegeben. Anfang der 90er Jahre war es für Frauen noch sehr schwierig im Rettungswesen. Ich habe mich überall im Norden beworben - die Johanniter haben mir die Chance gegeben, und da war ich!“
Was magst du an deiner Tätigkeit besonders?
„Dass kein Tag wie der andere ist - jeder Tag ist neu. Im klassischen Bürojob hast du irgendwann für bestimmte Dinge deine Routinen. Die habe ich zwar im Einsatz selber auch, aber jeder Mensch, auf den ich treffe, ist ein anderer und muss an einer völlig anderen Stelle abgeholt werden. Und mir sind die Leute hier sehr wichtig. Es sind einfach tolle Menschen, die wir im Team haben.“
Arbeitest du gerne bei den Johannitern? Wenn ja, warum?
„Wenn es mir nicht gefallen würde, wäre ich nicht mehr hier. Ja, ich arbeite sehr gerne bei den Johannitern, weil die Menschen, die ich gerne habe, alle da sind. Wer bei uns arbeitet, sieht: Bei uns ist es einfach anders. Wir sind ein kleiner, eingeschworener Haufen, das macht unsere Rettungswache besonders hier im Regionalverband Harburg. Wir haben schon ganz viele im Team, die sehr lange dabei sind, manche schon über 20 Jahre. Für mich ist das hier Zweitfamilie.“
Gibt es bestimmte Klischees zu deinen Tätigkeiten und wie würdest du diesen Klischees entgegnen?
„Klischee Nummer eins ist tatsächlich die Aussage: ‚Sie müssen doch immer so schlimme Dinge sehen, wie halten Sie das aus?‘ Meine Antwort ist dann immer, dass längst nicht alle Einsätze dramatisch sind und wir auch viele schöne Dinge erleben.“
Gibt es eine besondere Geschichte, die du bei deiner Tätigkeit erlebt hast?
„Wir wurden zu einer Baby-Reanimation gerufen. Die Tür wurde von einer jungen Frau im Rollstuhl geöffnet. Das Baby war auch sehr krank, hatte schon einige Herz-Lungen-OPs hinter sich und ist dann leider verstorben. Als die Frau zwei Jahre später wieder ein – Gott sei Dank - gesundes Kind bekommen hat, ist sie mit dem Baby bei uns vorbeigekommen und hat uns stolz ihr Kind gezeigt und berichtet, dass sie bei uns auch einen Kurs für Erste Hilfe am Kind gemacht hat. Sie wolle sich nie mehr so hilflos fühlen! Trotz dieser schlimmen Erfahrung hatte ich stets sehr positive Erinnerungen an die Familie.“