Fahrrad-Werkstatt für Geflüchtete in der Gemeinde Edewecht

Axel Rulfs hat in seiner Fahrrad-Werkstatt in der GUK Jeddeloh schon mehr als 3600 Fahrräder (Stand April/2024) verkehrstüchtig gemacht.

Axel Rulfs zieht die letzte Schraube an. „Fertig“, sagt er und strahlt über das ganze Gesicht. Vor ihm steht ein kleines Kinderfahrrad. Rundum überholt und verkehrssicher ausgestattet wartet es auf seine neue Besitzerin oder seinen neuen Besitzer. Nur noch der Aufkleber der Oldenburger Polizei fehlt. Jedes andere Fahrrad, das der 46-Jährige fertiggestellt hat, wird von ihm sorgfältig in ein Buch eintragen. Das heutige Kinderfahrrad ist ein ganz besonderes Rad: Es ist das Dreitausendste, das Axel Rulfs in der Fahrradwerkstatt der Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete Jeddeloh I und der Johanniter-Unfall-Hilfe in der Gemeinde Edewecht aufbereitet und verkehrssicher gemacht hat – alles ehrenamtlich. „Ich habe Zeit und Lust, was zu tun“, sagt der ehemalige Maurer, der aufgrund eines Rückenleidens seinen Beruf aufgeben musste. Helfen liegt dem gebürtigen Auricher im Blut. Zuvor war er bei der Feuerwehr, doch der kaputte Rücken ließ auch das nicht mehr zu. Als 2015 die Menschen aus Syrien nach Deutschland flüchteten, stieg er bei den Johannitern ein und baute eine Fahrradwerkstatt auf. „Mobil sein ist für die Menschen, die bei uns Schutz suchen, enorm wichtig für die gesellschaftliche Teilhabe“, sagt er. Ein Auto können sich die Geflüchteten nicht leisten, der öffentliche Personennahverkehr ist nicht gut genug ausgebaut. Bleibt meist nur das Rad. Für Menschen, die oft mit nichts als ihrer Kleidung am Körper in Deutschland ankommen, sind neue Fahrräder unerschwinglich. „Viele können noch nicht einmal Rad fahren, weil es in ihren Heimatländern nicht üblich ist“, erzählt Axel Rulfs.

Notwendige Ersatzteile baut er sich aus anderen Fahrrädern aus. Manches aber muss er auch zukaufen.

Die Fahrräder werden von Privatleuten, Zweiradgeschäften oder vom Fundbüro der Gemeinde gespendet. Je nach Zustand überholt Axel Rufus die Räder oder nutzt sie für sein Ersatzteillager. Unterstützt wird er von der Gemeinde Edewecht. Dorthin schickt er regelmäßig Einkaufslisten mit Verschleißteilen, die er nicht aus Wracks ausbauen kann. Die Johanniter selbst kaufen Zubehör ein, zum Beispiel Warnwesten für Kinder. Ganz wichtig ist ihm, die neuen Besitzerinnen und Besitzer der Drahtesel mit in die Verantwortung zu nehmen. Sie müssen die Räder pflegen, sie mit selbst angeschafften Fahrradschlössern sichern und Ersatzteile selbst finanzieren. Falls sie die Gemeinde verlassen, müssen sie das Fahrrad zurückgeben, da sie polizeilich bei der Gemeinde Edewecht registriert sind. Rein rechtlich ist die Gemeinde Eigentümerin der Fahrräder, ein Verkauf daher nicht möglich. „Schließlich geht es darum, mit den Fahrrädern Mobilität zu ermöglichen. Wenn jemand sein Rad nicht mehr braucht oder in eine andere Kommune umzieht, wird es an die Nächste oder den Nächsten weitergegeben“, erklärt Rulfs.

Jedes Fahrrad wird, bevor es überreicht wird, polizeilich registriert.

Zusammen mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern der Gemeinde weckt Axel Rulfs die Eigeninitiative der Geflüchteten. Auf diese Weise leisten sie einen Beitrag, und beide Seiten kommen ins Gespräch. „Das wird manchmal sehr emotional“, erzählt er. Viele haben Bedrückendes erlebt, die Trennung von ihren Liebsten, Gewalt, Verfolgung, Folter bis hin zur Tötung von Angehörigen. „Dann lege ich das Werkzeug zur Seite und höre einfach nur zu.“ Für ihn sei das auch immer eine Erinnerung daran, wie gut es uns in Deutschland eigentlich geht, sagt er und nimmt sich das nächste Fahrrad – Nummer 3.001.

Unterstützen Sie die Fahrrad-Werkstatt für Geflüchtete in der Gemeinde Edewecht:

  • 20 Euro kostet eine neue Kette
  • 60 Euro können ein Fahrrad mit neuen Schutzblechen ausstatten
  • 80 Euro kostet eine neue komplette Beleuchtungsanlage