Wort zu Pfingsten 2024
In Zeiten einer Krise zeigt sich klar, „wes Geistes Kind der Mensch war, ist und letztlich sein wird“. Und es der Geist, der dem Denken und Handeln einen unverwechselbaren Prägestempel aufdrückt. Wird der Blick zuversichtlich nach vorne ausgerichtet, oder herrscht eher Angst und Ratlosigkeit, letztlich ist es eine Frage der Geisteshaltung.
Wer will bestreiten, dass wir momentan in einer krisengeschüttelten Zeit leben. Es wird sogar von einer Zeit der „multiplen Krisen“ gesprochen, die unsere psychisch-geistigen Kräfte massiv fordern, bis an den Rand der Erschöpfung. Auch in unserer eigenen Arbeitswelt bekommen wir dies zu spüren. Es wird z.B. immer schwieriger, Menschen für die so wichtige Aufgabe der Betreuung hilfsbedürftiger Menschen zu gewinnen.
Vor jeder Handlung steht eben jene Haltung, die zeigt, wie geistvoll bzw. geistlos die Handlung am Ende ist. Eine Krise führt zur Scheidung der Geister. Denn dies ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Krise“. Es ist der Geist, der all unserem Tun und auch Lassen die Kraft und Ausstrahlung verleiht. Er ist es, der mich in Beziehung zu dieser Welt setzt.
Ein Geist nimmt uns immer wieder besonders in Beschlag: der Zeitgeist. In ihm soll sich die Höhe der Zeit spiegeln. Wer sich mit diesem Geist ausstattet, der darf sich als „in“, als modern bezeichnen. Aber dann machen wir die Erfahrung: Was heute als angesagt erscheint, ist morgen bereits überholt; abgelegt und uninteressant. Zwar machen wir uns auf dem Weg zu neuen Ufern, die angeblich eine bessere Zeit verheißen sollen, aber bei allen Anstrengungen werden wir atemlos und müssen erkennen, dass die ersehnten neuen Ufer eine Illusion waren. Vom Zeitgeist geht nichts Kraftvolles aus. Der Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard brachte es auf den Punkt: „Wer sich mit dem Zeitgeist vermählt wird schnell zum Witwer.“
Beim Zeitgeist geht es nicht um Verbindlichkeit, Verlässlichkeit, sondern schnell und aufgeregt wird unsere Seele und unser Geist von einem Ereignis in das nächste gejagt: möglichst nichts verpassen. Was für eine Anmaßung zu meinen, in dieser Oberflächlichkeit Maßstab sein zu können. Wie wohltuend sind da die Zeilen, die die Ideale der Johanniter-Schwesternschaft anschaulich beschreiben: „Die Johanniter-Schwesternschaft begründet ihre Arbeit im christlichen Glauben. Wir sehen darin weder frommen Idealismus noch nostalgische Erinnerung, sondern eine realistische Antwort auf die Herausforderungen der Gegenwart.“
Pfingsten – das Fest des Heiligen Geistes. In unserer Zeit für viele ein gestaltloses Fest; dennoch für uns Christen ein wichtiges. Es wird auch als „Geburtstag der Kirche“ bezeichnet. Dieser von Jesus Christus zusagte Geist will uns leiten, stärken und trösten auf unseren Weg durch diese Zeit, und gerade in Zeiten der Anfechtungen. In diesen Zeiten begegnen wir letztlich die uns anvertrauten Menschen. Wenn wir dieses Fest feiern, dann erinnern wir uns an die Quelle unseres Glaubens, aus der wir Kraft schöpfen, um unseren Ordensauftrag geisterfüllt und geistvoll erfüllen können.
Dieser Geist verbindet uns mit dem Heiligen selbst, Gott, weil er von Gott ausgeht und unsere Herzen erreichen will, so wie es im Wort für diese Festtage heißt.: „Es soll nicht durch Heer oder Kraft geschehen, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr Zebaoth. (Sacharja 4,6)“ Dieser Geist, der kräftigend durch die Zeit geht, befreit uns zum Leben in Zuversicht, um bereit zu sein, den herausfordernden Krisen im Alltag begegnen zu können. Wir werden daran erinnert, wohin, ja zu wem wir bei all dem Flüchtigen des Augenblickes gehören. Dazu ermutigte Jesus damals seine Jünger, die damals sorgenvoll in eine Zukunft blickten, ohne ihn erlebbar an der Seite zu haben. Und so schauen wir auch immer wieder sorgenvolle in die Zukunft einer unheilvollen Welt, sei es im Großen wie im Kleinen. Lassen wir den johanniterlichen Geist des Vertrauens, der Hoffnung und der Liebe wehen und geben wir so realistische Antwort auf die Herausforderungen der Zeit, für die uns anvertrauten „Herren Kranken“ und auch für uns selbst in den unterschiedlichsten Teams, in welchem wir unsere Verantwortung gemeinsam gestalten.
Seit Pfingsten dürfen wir aber wissen: Gott ist mit uns am Abend und am Morgen. Und ganz gewiss an jedem neuen Tag. Wir erinnern uns an die verheißene, geisterfüllte Nähe Gottes in Jesus Christus, die der Grund unserer Lebensfreude ist. Ich wünsche uns allen eine gesegnetes, frohes und geisterfülltes Fest.
Bernd Kollmetz, Seelsorger in den Johanniter-Ordenshäusern Bad Oeynhausen