18.08.2024 | Regionalverband Ostwestfalen

Stabile Seitenlage für die Psyche

Die Psychosoziale Notfallversorgung beim Parookaville-Festival in Weeze. Unser Bielefelder Kollege Peter berichtet von seinem ehrenamtlichen Einsatz bei einem der größten Musikfestivals in Deutschland und Europa.

Mein Name ist Peter und ich bin bei den Johannitern in Bielefeld ehrenamtlich im Katastrophenschutz als Rettungssanitäter tätig und habe eine Zusatzausbildung im Bereich PSNV. Genaugenommen und nach neuester Ministeriumsdefinition und Anerkennung des Johanniter Landesverbandes bin ich "PSNV-Fachkraft", aus einem humanwissenschaftlichen. Studium plus der Fachweiterbildung Psychotherapie. PSNV bedeutet Psychosoziale Notfallversorgung. Mit weiteren Johannitern aus dieser speziellen Einheit war ich vom 18. - 22. Juli 2024 in Weeze beim Parookaville-Festival vor Ort.

 Die Veranstaltung an sich war in ihrer Art und Größe außerordentlich beeindruckend. Ca. 225.000 Besucherinnen und Besucher an vier Tagen, davon ca. 50.000 Camper.

Die Veranstaltungsorganisation war hochprofessionell und hat durchgehend sehr gut funktioniert. Die Stimmung bei den Gästen war sehr offen, freundlich und ohne nennenswerte Aggressionen.

Wir waren in einem eigenen Camp etwas abseits vom Veranstaltungsgelände, aber immer noch unter massiver Musikbeschallung der Bühnen untergebracht. Ich habe im Gemeinschaftszelt des Regionalverbandes Rhein-Ruhr geschlafen. Warm- und Kaltverpflegung gab es zu allen Tages- und Nachtzeiten, gemeinsam mit der Versorgung der Einsatzkräfte der Polizei.

Die Stimmung bei allen Johanniterinnen und Johannitern war ausgezeichnet. Ich habe selten so viele respektvolle, freundliche und sozial achtsame Menschen auf einmal erlebt. Eine Wohltat!

 Der Sanitätsdienst und die medizinische Versorgung wurde ausschließlich von Johannitern gestellt. Es gab vier Unfallhilfestellen und weitere vier Einsatzhilfestellen, sowie von dort aus jeweils mehrere Einsatzteams zur Bestreifung des Geländes. Es waren über 700 Kräfte mit diversen Einsatzfahrzeugen vor Ort. Sie kamen schwerpunktmäßig aus NRW, teilweise aber auch aus dem gesamten Bundesgebiet (zum Beispiel Mannheim, Nürnberg, Meißen).

Die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) war für das Medical Team ein Pilotprojekt. Es waren an verschiedenen Tagen insgesamt ca. 20 PSNV-Kräfte im Einsatz. Jeder trug eine neu angeschaffte lila PSNV-Weste, damit wir in unserer Funktion deutlich erkennbar waren.

Parallel waren jeweils zwei bis drei PSNV-Teams zu zweit im Einsatz. Wir waren in den Schichten an konkreten Unfallhilfestellen stationiert und wurden von dort bei Bedarf mit Shuttles zum Einsatzort gefahren. Einige Male konnten wir auch streifen. Meine Schichten waren unterschiedlich gesetzt, meist nachts zwischen 20 und 5 Uhr.

Ich persönlich hatte diverse PSNV-Einsätze. Bis auf einen Einsatz waren dies psychiatrische Fälle, meist mit entsprechender Vorgeschichte. 

Wir konnten alle Patienten in stabilem Zustand auf den Campingplatz entlassen. Es gab eine eigenständige PSNV-Falldokumentation.

Von den Johanniter-Sanitätern wurden wir unaufgefordert immer wieder daraufhin angesprochen, wie wertvoll unsere Einsätze vor Ort sind. Die Aussage war, dass das medizinische Personal sich sehr entlastet fühlt, insbesondere bei den psychiatrischen Problemlagen. Vom Einsatzleitwagen wurden wir bei bestimmten Einsatzstichworten direkt mitalarmiert.

Für mich war das Festival der erste Einsatz dieser Größenordnung und eine sehr spannende Erfahrung. Die Zusammenarbeit in so einem großen ehrenamtlichen Team hat großen Spaß gemacht. Wir haben festgestellt, dass wir fachlich sehr gut ausgebildet sind und wie konkret wir Menschen durch unsere Arbeit helfen können – gemeinsam im Team. Das war Klasse.

Aus unserer Sicht war das Pilotprojekt beim Festival absolut gelungen und nach den Rückmeldungen der Kollegen der anderen Helferteams eine echte Bereicherung innerhalb des Sanitätsdienstes.

 Lieber Peter, vielen Dank für deinen Bericht und euren beeindruckenden Einsatz. Der Umgang mit psychischen Ausnahmesituationen im Umfeld des Festivals und auch darüber hinaus erfordert sehr spezielle Anforderungen und Fingerspitzengefühl. Wir sind stolz und dankbar, dass wir euch als Kollegen bei uns im Team haben. Hierbei sei nochmal explizit herausgestellt, ihr das alles ehrenamtlich leistet, herzlichen Dank dafür!