04.01.2021 | Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen

Persönlicher Jahresrückblick

Melanie Brachwitz ist Hygienefachkraft am Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen. Für die Märkische Allgemeine Zeitung schaut sie aus ihrer persönlichen Perspektive auf das Corona-Jahr 2020 zurück.

Unsere Hygienefachkraft Melanie Brachwitz.

"Ich habe 2003 meine Ausbildung zur Krankenschwester abgeschlossen und im Jahr 2019 die Weiterbildung zur Hygienefachkraft. Hätte mir im letzten Jahr jemand gesagt, dass ich es nach meiner Weiterbildung einmal mit einem neuartigen Virus zu tun bekomme, ich hätte ihn belächelt. Viren belehren mich nun eines Besseren, da  sie sehr anpassungsfähig sind und auch schnell in der Lage sind zu mutieren.

In meinem jetzigen Arbeitsalltag muss ich im Moment ebenfalls schnell auf neue Situationen reagieren können. Neue Vorgaben vom Robert-Koch-Institut, fast täglich neue Informationen von der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg oder es müssen fix andere Strukturen für bestimmte Abläufe im Krankenhaus geschaffen werden. Dies ist aber nicht nur für mich eine Herausforderung. Alle Berufsgruppen hier im Krankenhaus sind eng im Kontakt miteinander, aufmerksam, wissbegierig, informationsbedürftig und manchmal kritisch. Allen Berufsgruppen, die am Patienten arbeiten, möchte ich meinen höchsten Respekt aussprechen. Zum einen professionell und empathisch zu sein für die Ängste anderer, und zum anderen selbst mit eigenen Ängsten konfrontiert zu werden, ob man selbst erkranken könnte – das ist ein Kampf, den jeder gerade ausficht.

Hier im Team der Krankenhaus-Hygiene sind wir zu dritt und haben im Vergleich zum Vorjahr deutlich mehr Verwaltungsaufgaben zu bewältigen. Meldungen ans Gesundheitsamt sind vorzunehmen, Kontaktpersonen zu ermitteln, Mitarbeiter sind zusätzlich zu schulen. Abläufe, z. B. für Screenings oder Hygienerichtlinien, werden geschrieben und nach einer Woche wieder über Bord geworfen, da sich irgendeine gesetzliche Grundlage geändert hat. Dann fängt man wieder von vorne an. Sondersitzungen werden einberufen, an denen wir teilnehmen und von denen wir vorher schon wissen, dass es nach dieser Sitzung im gesamten Haus heiß her gehen könnte.

Was ich auch noch zu Hause höre, ist das Klingeln meines Telefons. Wir bekommen teilweise im Minutentakt Nachfragen zu hausinternen Abläufen, Standards oder Verfahren,  zu Situationen in der Häuslichkeit aber auch zur Urlaubsplanung von Kollegen. Letzteres lässt mich dann ein wenig schmunzeln. Zum Teil arbeiten alle drei Hygienefachkräfte gleichzeitig an einem Fall, damit Meldefristen eingehalten werden. Unsere sonstigen Routineaufgaben, z. B Begehungen der Abteilungen und Bereiche, sind im Moment aus zeitlichen Gründen fast nicht möglich. Ich weiß aber schmunzelnd, dass die Kollegen darüber nicht unbedingt erbost sind.

In der ersten und zweiten Welle haben wir Rufbereitschaften an den Wochenenden eingerichtet. Wenn man dann an der Reihe ist, hat man unterm Strich 12 Tage durchgehend mit Corona zu tun. Das zerrt schon deutlich an den Nerven und lässt mich in letzter Zeit auch schlechter schlafen.

Um unsere Mitarbeitenden vor Ansteckungen zu schützen, gibt es ausreichend persönliche Schutzausrüstung, auch wenn es zeitweise sehr knapp wurde. Die Beschaffung war gerade in der ersten Welle schwierig und teuer.

Im Klinikalltag merken wir, dass nicht ausschließlich ältere Menschen mit diversen Vorerkrankungen betroffen sein können von einem schweren Verlauf einer COVID 19-Erkrankung. Auch jüngere Menschen erkranken zunehmend und die Spätfolgen sind noch lange nicht alle absehbar. Es ist möglich, dass der Geruchs- oder Geschmacksverlust nie wieder erlangt wird. Wer will diesen Sinn schon für immer verlieren?

Deshalb ist es wichtig, dass alle Menschen rücksichtvoll zueinander sind und z. B. Mund-Nasenbedeckungen tragen und Abstand halten."