Myanmar: „Ganze Dörfer werden niedergebrannt“
Die Gewalt und der Bürgerkrieg in Myanmar nehmen zu, der Zugang zur notleidenden Bevölkerung wird immer schwieriger.
Myanmar befindet sich seit dem Putsch im Februar dieses Jahres im freien Fall, und das relativ unbemerkt von der Weltöffentlichkeit. Kämpfe und Gewalt gehören in dem südostasiatischen Land mittlerweile zum Alltag. Über eintausend Zivilisten wurden bereits getötet, viele tausende verhaftet. Rund 200.000 Menschen sollen seit dem Beginn des Putsches intern vertrieben worden sein, schätzen die Vereinten Nationen. „Ganze Dörfer werden in Zentral-Myanmar, aber auch im Chin oder Kayah State im Osten und Westen des Landes einfach niedergebrannt. Die Menschen fliehen in die Wälder. Hier sind sie vollkommen schutzlos und abgeschnitten von jeglicher Hilfe“, so Lothar Kinzelmann, Länderbüroleiter der Johanniter für Myanmar.
Tausende Tote bei dritter Coronawelle
Neben der zunehmenden Gewalt kam es in Myanmar in den Sommermonaten zu einer verheerenden dritten Coronawelle, die erst jetzt langsam abebbt. „Viele Erkrankte starben ohne jegliche medizinische Versorgung allein zuhause. Denn das staatliche Gesundheitssystem ist nach dem Putsch zusammengebrochen. Sauerstoff, lebensnotwendige Medikamente oder eine Impfung gegen das Virus sind nicht vorhanden“, sagt der Myanmar-Experte. Erst rund sechs Prozent der burmesischen Bevölkerung sind gegen das Virus geimpft. Damit ist Myanmar zusammen mit Nordkorea das Schlusslicht in ganz Asien.
„Die burmesische Bevölkerung fühlt sich vollkommen im Stich gelassen und auch für Hilfsorganisationen wird der Zugang zu den besonders Notleidenden immer schwieriger“, so Kinzelmann weiter. Deshalb fordern die Johanniter die internationale Gemeinschaft auf, dem Elend nicht mehr zuzusehen und zu handeln. Das Land benötigt dringend Demokratie und Frieden und die Hilfsorganisationen Zugang zu den notleidenden Menschen.
Johanniter seit 13 Jahren im Land tätig
Die Johanniter sind seit 13 Jahren in Myanmar tätig und unterstützen vor allem in den Gebieten mit ethnischen Minderheiten, wie Karen, Chin und Shan State die Bevölkerung. „Über unsere Partnerorganisationen haben wir in den vergangenen Jahren Gemeindestrukturen aufgebaut, die in den Dörfern direkte Hilfe ermöglichen, auch wenn Projektmitarbeitende keinen Zugang haben“, so Kinzelmann. Die Menschen in den Gemeinden erhalten von den Johannitern Hilfsgüter, Schulungen und Geld, um die Wasser- und Sanitärversorgung, das Gesundheitswesen oder die Mutter-Kind-Ernährung zu unterstützen. Einkommensschaffende Maßnahmen stabilisieren die Gemeinden zusätzlich.
Nahrungsmittel für Betroffene von Landminen
In der Region der Karen helfen wir 400 Betroffenen von Landminen mit Nahrungsmitteln. “Hier kommt es immer wieder zu Minenunfällen, wodurch Menschen ihre Beine verlieren oder schwer verletzt werden. Dadurch können sie kein Einkommen mehr für ihre Familien erwirtschaften“, berichtet der gebürtige Allgäuer. „Wir haben auch Kleinstkredite an die Dorfbewohner vergeben, um sie bei der Herstellung von Seifenprodukten und Backwaren zu unterstützen. Die flüssige Seife haben wir dann von ihnen gekauft, und im Rahmen unserer lokalen Covid-Präventionskampagnen an die Bevölkerung verteilt. Da die Menschen kaum mehr als Tagelöhner arbeiten können, brauchen sie dringend lokale Einnahmequellen. Dabei unterstützen wir sie, wo und wie wir können“, berichtet eine Johanniter-Mitarbeiterin aus einem Dorf im Karen-Gebiet.