Körper im Raum: Junge Meister entdecken „Minimal Art“
Nach längerer Coronapause begaben sich am 10. April 2022 wieder "Junge Meister" auf Entdeckungstour ins Museum. Dieses Mal stand die Ausstellung "Minimal Art" im Bucerius Kunst Forum auf dem Programm - und sorgte für viele kreative Impulse.
Kunst von allen gleich und ohne Vorwissen erfahren und verstehen: Die Ausstellung „Minimal Art: Körper im Raum“ im Bucerius Kunst Forum eignete sich in besonderer Weise für die Fortsetzung der JHG-Reihe „Junge Meister“ nach einer erneuten Coronapause. Denn so wie das Projekt Junge Meister Kindern einen niedrigschwelligen Zugang zu Kunst ermöglichen möchte, so war der Anspruch der Vertreter der in den 1960er Jahre in den USA entstandenen Kunstrichtung: Kunst direkt erfahren, auf seine persönliche Wahrnehmung setzen und sich einen „eigenen Reim“ auf das Gesehene machen.
11 Kinder aus den Regionen Osdorf und Harburg machten sich am 10. April unter der Betreuung von Manfred Cramer (Osdorf) und Olaf Coste (Harburg) auf den Weg ins Bucerius Kunst Forum am Rathausmarkt. Zu beiden Gruppen besteht seit langem ein intensiver Kontakt durch die JHG, seien es spezielle Aktivitäten vor Ort oder die Teilnahme an der alljährlichen JHG-Kinderfreizeit im Sommer. Nach der langen Zeit der Corona-Einschränkungen war vielen Kindern die Neugierde und Freude, wieder einmal „rauszukommen“, ins Gesicht geschrieben. Vor Abfahrt in die Stadt wurde noch getestet und im Museum galt „Maske auf“, so dass alle Vorkehrungen für einen sicheren Ausflug getroffen waren.
Für viele Kinder war es der erste Besuch im Bucerius Kunst Forum, doch es gab auch Wiederkehrende, die sich noch lebhaft an den letzten Junge-Meister-Besuch 2019 dort erinnern konnten. Für die Organisatoren, Katharina v. Podewils und Hubertus v.Barby, ein schöner Moment, der vor Augen führt, welchen Stellenwert solche kulturellen Ausflüge für die Kinder haben. Zumal es bei jedem Museumsbesuch der Jungen Meister nicht nur um passive Betrachtung geht, sondern auch um aktives Tun: Das Basteln ist fester Bestandteil, und so geht stets ein Stück Erinnerung an den Ausflug mit nach Hause.
Experimentieren mit Formen und Materialien
Zunächst sammelte sich die Gruppe im Atelier des Bucerius Kunst Forums, wo Museumspädagogin Sabine Rizzello die Teilnehmenden in Empfang nahm und fachkundig durch das weitere Programm begleitete. Für den späteren Gebrauch lagen im Atelier bereits einige Bastelutensilien aus – das Interesse der Kinder, was es damit auf sich haben könnte, war sofort geweckt. Bastelinspiration gab es in der Ausstellung reichlich: Denn die Künstlerinnen und Künstler der „Minimal Art“ hatten es sich zur Aufgabe gemacht, mithilfe einer geometrischen Formensprache die Begrenztheit der Leinwand zu überwinden. Im Fokus stand für sie daher das Experimentieren mit Materialien und industriellen Werkstoffen, auch viele Lichtinstallationen entstanden.
Eines der „Lichtwerke“ sorgte für besondere Aufmerksamkeit bei den Kindern – schließlich war es auf Interaktion angelegt: Der dänische Künstler Jeppe Hein schuf 2006 mit „Changing Neon Sculpture“ einen großen Leuchtwürfel, der wiederum in viele kleinere Würfel unterteilt ist. Bewegt sich ein Mensch in der Nähe des Objekts – passiert nichts. Hält er aber inne, so startet eine eigene Lichtshow, bei der die Würfelelemente in zufälliger Folge erleuchten. So wurden 11 Kinder – inklusive der Betreuenden – selbst zum Bestandteil des Kunstwerks, sehr zur Freude aller.
Zurück im Atelier waren diese Erlebnisse Ausgangspunkt für die Bastelarbeiten. Wie unterschiedlich die Inspiration sein kann, zeigte sich schnell: Es wurde geknetet, gefaltet, geschnitten, geklebt und gemalt – heraus kam eine künstlerische Vielfalt, die alle überraschte. Da war das Blumengesteck aus bunten Pfeifenreinigern, die Teetasse aus Knete, der Handy-Halter aus Karton oder auch die bunte Collage aus verschiedenen ausgeschnittenen Formen. Das Schöne daran: Auf Nachfrage hieß es bei den kleinen Künstlerinnen und Künstlern unisono, dass dies Ostergeschenke für Eltern, Geschwister oder Großeltern werden sollten.
Auch das Gebäude erfahren
Schließlich konnte auch das Gebäude selbst noch auf besondere Weise erfahren werden: mit einem Ausflug in das mehrere Stockwerke hohe Bucerius-Atrium, das derzeit selbst zum Ausstellungsraum geworden ist: Der ukrainisch-russische Künstler Aljoscha hat dort eine Installation geschaffen, die sich aus pink-farbenen, schwebenden Acryl-Gebilden zusammensetzt und die Fantasie noch einmal zusätzlich anregte.
Am Ende stand die Erkenntnis: Was Kunst ist liegt im Auge des Betrachters und im eigenen kreativen Tun. Es gibt kein „richtig“ oder „falsch“, kein „das ist Kunst“ oder „das ist keine“. Ein wichtiges Statement der „Minimal Art“, dem sich alle Teilnehmenden, Kinder wie Betreuer, gerne angeschlossen haben.
Bericht: Hubertus v. Barby