Johanniter fordern ganzheitliche Pflegereform
Jörg Lüssem, Mitglied des Bundesvorstandes der Johanniter-Unfall-Hilfe: „Die aktuellen Pläne der Bundesregierung gehen nicht weit genug.“
Anlässlich des heutigen Kabinettsbeschlusses des Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes (PUEG) erklärt Jörg Lüssem, Mitglied des Bundesvorstandes der Johanniter-Unfall-Hilfe: „Der aktuelle Gesetzentwurf und die darin vorgesehenen Leistungsanpassungen werden bei Weitem nicht ausreichen, um die massiven Kostensteigerungen in der Pflege zu decken und die Versorgung in den kommenden Jahren sicherzustellen. Es braucht noch in dieser Wahlperiode eine ganzheitliche Pflegereform.“
Damit bleibt der Kabinettsbeschluss deutlich hinter den Erwartungen aus dem Koalitionsvertrag zurück. Die Johanniter drängen auf zügige politische Maßnahmen angesichts der angespannten Versorgungssituation. „Nur durch eine ganzheitliche Strukturreform kann das politische Ziel einer generationsgerechten Finanzierung der Pflegeversicherung und einer nachhaltigen und zukunftsfesten Leistungsstruktur erreicht werden. Hiervon ist der aktuelle Kabinettsentschluss weiter entfernt denn je“, so Lüssem weiter.
Zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz
Mit dem Gesetz sollen verschiedene Leistungs- und Beitragsanpassungen vorgenommen werden, um die pflegebedingte finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen zu verbessern und die Finanzsituation der sozialen Pflegeversicherung zu stabilisieren. Was jedoch die Höhe der geplanten Leistungsanpassungen angeht, ist Helvi Seehafer, Fachbereichsleiterin Pflege bei den Johannitern, skeptisch: „Die Johanniter begrüßen grundsätzlich jede gesetzliche Initiative, die Verbesserungen für die Pflege zum Ziel hat. Die geplante Steigerung des ambulanten Sachleistungsbudgets und des Pflegegeldes um 5 Prozent ab 2024 kommt zu spät und ist zu niedrig. Auch die vorgesehene regelhafte Dynamisierung in den Jahren 2025 und 2028 bildet die realen Preisentwicklungen nicht ab. Die zunehmende finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen durch stetig und deutlich steigende Eigenanteile für bedarfsgerechte Pflege wird damit nicht ausreichend gemildert“, betont Helvi Seehafer.
Zum heutigen Kabinettsbeschluss
In den vergangenen Wochen wurden kurzfristig deutliche Änderungen am ursprünglichen Referentenentwurf vorgenommen: Die geplante Zusammenlegung der Budgets für die Kurzzeit- und Verhinderungspflege zu einem Gemeinsamen Jahresbetrag ist ebenso weggefallen wie das Budget für Modellvorhaben zur Förderung innovativer Unterstützungsmaßnahmen und -strukturen für Pflegebedürftige vor Ort und im Quartier. Weitere Streichungen betreffen die geplante Verlängerung des Förderprogramms für gute Arbeitsbedingungen in der Pflege. Diese kurzfristigen Änderungen sind für Helvi Seehafer, Fachbereichsleitern Pflege, nicht nachvollziehbar: „Gerade der Gemeinsame Jahresbetrag hätte aus unserer Sicht eine konkrete Verbesserung bedeutet.“
Positiv zu bewerten ist die geplante Initiierung eines „Kompetenzzentrums Digitalisierung“ und die langfristige Förderung von Digitalisierungsmaßnahmen in Pflegeeinrichtungen. Auch die skizzierten Maßnahmen zur Begrenzung der Zeitarbeit in Pflegeeinrichtungen gehen laut Helvi Seehafer in die richtige Richtung: „Mehrkosten für Leiharbeit sollen künftig bei den Pflegekassen nicht mehr in Rechnung gestellt werden dürfen. Langfristig wird somit der gewünschte Effekt, faire Bedingungen und reguläre Beschäftigungsverhältnisse zu fördern, eintreten – allerdings fürchten wir, dass dieser vorerst dadurch geschmälert wird, dass die Regelungen nur für die Langzeitpflege gelten und nicht für Krankenhäuser.“
Über die Johanniter-Unfall-Hilfe
Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist mit rund 29.000 Beschäftigten, mehr als 46.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und 1,2 Millionen Fördermitgliedern eine der größten Hilfsorganisationen in Deutschland und zugleich ein großes Unternehmen der Sozialwirtschaft. Die Johanniter engagieren sich in den Bereichen Rettungs- und Sanitätsdienst, Katastrophenschutz, Betreuung und Pflege von alten und kranken Menschen, Fahrdienst für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Hospizarbeit und anderen Hilfeleistungen im karitativen Bereich sowie in der humanitären Hilfe im Ausland. Mehr Informationen unter www.johanniter.de/johanniter-unfall-hilfe