Internationaler Austausch im Rettungsdienst
Johanniter-Unfall-Hilfe Hildesheim hat neue Kollegen aus Griechenland
Im Sommer kam der Rettungsdienstmitarbeiter Kimon Rudolf mit einer Kollegin aus Griechenland nach Hildesheim, um sich in der Wache der Johanniter-Unfall-Hilfe und der Johanniter-Akademie Niedersachsen/Bremen zum Notfallsanitäter weiterqualifizieren zu lassen. Kimons Geschichte ist ein inspirierendes Beispiel für die Herausforderungen und Möglichkeiten, die sich durch interkulturelle Erfahrungen und berufliche Weiterentwicklung ergeben. Seine Reise zeigt, wie wichtig es ist, den Fachkräfteaustausch innerhalb Europas zu erleichtern – und wie wertvoll internationale Erfahrungen für alle Beteiligten sein können.
Das Thermometer ist an diesem sonnigen Sommertag auf 29 Grad geklettert, für viele ist es schon wieder zu warm. Nicht für Kimon Rudolf, der eine kurze Pause auf der Hildesheimer Rettungswache macht. „Das ist ein Wetter, mit dem ich gut umgehen kann“, freut sich der 33-Jährige. Als er im April in Düsseldorf aus dem Flugzeug stieg, hagelte es gerade kräftig und es war kalt. Das Wetter ist eins der wenigen Dinge, an die Kimon sich hier erstmal wieder gewöhnen muss. Geboren in Deutschland als Sohn einer griechischen Ärztin und eines deutschen Arztes, zog die Familie nach Griechenland, als er acht Jahre alt war. Deshalb spricht er fließend Deutsch und fühlt sich auch nicht fremd hier.
Ein großer Schritt war es trotzdem für ihn, für unbestimmte Zeit sein Zuhause in Thessaloniki zu verlassen und für den Beruf nach Deutschland zu ziehen und hier einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. „Ich möchte mich fachlich weiterentwickeln, mehr Verantwortung in der Erstversorgung übernehmen. Die detaillierte und umfangreiche Notfallsanitäterausbildung in Deutschland, die hohen Standards im Rettungsdienst, das kannte ich in der Form noch nicht“, zeigt Kimon sich begeistert.
Einige medizinische Fachbegriffe und manche Arbeitswege im Rettungsdienst sind ihm noch fremd, aber er ist bereit als „Neuling“ viel zu lernen. Wirklich neu ist der Rettungsdienst für Kimon nicht. 2022 schloss er seine Ausbildung zum „Lebensretter Krankenwagenbesatzung“, vergleichbar mit der Qualifikation des Rettungsassistenten, in Griechenland ab, die eine zweijährige Lehrzeit mit einem sechsmonatigen Praxisanteil umfasst. Ehrenamtlich engagierte er sich schon seit 2017 im Sanitätsdienst, studierte nach dem Abitur dann doch zunächst BWL. „Mit dem Studienabschluss und der ersten Berufserfahrung erkannte ich, dass in der Wirtschaftsbranche nicht meine Zukunft liegt. Ich wollte Menschen helfen, mich um Patienten kümmern, mein Ehrenamt zum Beruf machen“, sagt Kimon.
Und da es in Griechenland nach der Ausbildung zum „Lebensretter Krankenwagenbesatzung“ keine weiteren Qualifizierungsmöglichkeiten gibt, lag der Umzug nach Deutschland für den ehrgeizigen jungen Mann nah.
Kimon ist beeindruckt von der hohen Qualität der präklinischen Rettung in Deutschland, der Ausstattung der deutschen Kranken-und Rettungswagen und dem umfangreichen Equipment: „Die höheren Standards sind eine große Hilfe für die Patienten und für die Retter. Hier haben wir direkt vor Ort die Möglichkeit, eine Verdachtsdiagnose zu überprüfen und unsere ersten medizinischen Maßnahmen nicht nur auf Annahmen oder Erfahrungswerte zu stützen.“
Die berufliche Integration in der Hildesheimer Rettungswache der Johanniter-Unfall-Hilfe empfindet der angehende Notfallsanitäter als hilfreich. „Ich wurde sehr herzlich aufgenommen. Doch ohne die große Unterstützung durch Konstantinos Lazaridis und die Johanniter-Akademie hätte ich vermutlich schon aufgegeben, bevor ich überhaupt nach Deutschland gekommen bin. Der bürokratische Aufwand ist extrem hoch. Um hier arbeiten zu dürfen, müssen viele Nachweise erbracht werden, alle Dokumente müssen professionell übersetzt und beglaubigt werden. Es sind viele Kosten angefallen und immer wieder hat sich die Einreise nach Deutschland verzögert.“ Seit Dezember saß Kimon quasi auf gepackten Koffern, erst hieß es, im Februar soll er seine Stelle in Hildesheim antreten, dann wurde es letztlich Sommer. Alle Beteiligten standen in den Startlöchern – aber die Abstimmung innerhalb der Behörden zog sich hin.
Am Ende hat es dann ja doch noch geklappt.
Etwas ungewohnt ist es für ihn, dass abends in Hildesheim so wenig los ist. „Ich komme aus einer Großstadt, da ist es normal, dass man nach der Arbeit noch ausgeht und irgendwo Freunde trifft. Letztens bin ich an einem Donnerstagabend um zehn nach Hause gegangen, und außer mir, einem Rettungswagen und einem Taxi war niemand mehr auf der Straße“, erzählt er amüsiert. Aufgefallen ist ihm außerdem, dass die Lebensmittel im Verglich zu Griechenland nicht so teuer sind: „Hier ist sogar der Feta günstiger als bei uns.“
Obwohl er seine Familie und seine Freunde vermisst, ist Kimon optimistisch und motiviert, seinen beruflichen Weg in Deutschland fortzusetzen. Flexibilität und die Bereitschaft, ständig zu lernen, sind für ihn Schlüsselelemente seines Erfolgs. Für alle, die ihm nachfolgen wollen, wünscht er sich eine bessere Vergleichbarkeit von Qualifikationen innerhalb der EU, um die Anerkennung und den Wechsel zwischen den Ländern zu erleichtern. Eine zentrale Website zur Übersicht der Qualifikationen in verschiedenen Ländern wäre seiner Meinung nach sehr hilfreich.