23.10.2020 | Regionalverband Mittelhessen

Erfolgreiche Reanimation auf dem Tennisplatz – Patient dankt Rettungsdienst und Ersthelfer

Foto: Miriam Feuerstein/Johanniter
BU: Herzliches Treffen – wenn auch mit dem aktuell erforderlichen Abstand zueinander - von Patient Woelki mit seinen Lebensrettern:
v.l.n.r.: Björn Döring, Einsatzsachbearbeiter der Zentralen Leitstelle Gießen, Notfallsanitäterin Lilly v. Mohr und Rettungssanitäter Maximilian Kroell vom DRK Rettungsdienst Mittelhessen, Ersthelfer Tino König, Constantin Woelki mit Gattin, Notärztin Ina Halefeldt von der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Regionalverband Mittelhessen sowie der Asklepios Klinik Lich, Horst Jeckel, Sachgebietsleiter Rettungsdienst beim Landkreis Gießen sowie Rettungssanitäter Thomas Burgard von der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Regionalverband Mittelhessen

Gießen/Obbornhofen/Lich. Oftmals kommt der Ernstfall ohne Vorwarnung: Plötzlich ist er da, der Notfall. Dann ist im wahrsten Sinne des Wortes „Erste Hilfe“ gefragt – es zählt sprichwörtlich jede Sekunde und geht nicht selten gar um Leben und Tod.

Wie gut es ist, dann erlerntes Know-how aus dem Erste Hilfe-Kurs abrufen und auf routinierte Mechanismen bzw. bewährte Maßnahmen zurückgreifen zu können, zeigt das folgende Beispiel aus dem Leben, das jeden von uns jederzeit treffen könnte – als hilfebedürftiger Patient oder als Zeuge des Geschehens, dessen schnelles Eingreifen gefragt ist:

Es ist ein warmer Sommertag Ende Juni. Constantin Woelki trifft sich, wie jeden Montagabend nach Feierabend, zu einer Tennisstunde mit seinem Trainer Tino König auf dem Tennisplatz des TC Obbornhofen. Schon nach wenigen Ballwechseln fühlt sich der 61-Jährige nicht in gewohnter Form – ist es die Sommerhitze, die an seiner Kondition zehrt? Oder hat er heute einfach zu wenig getrunken? Tapfer kämpft er sich weiter durch die Stunde, doch plötzlich bricht er zusammen, liegt reglos am Boden – ist nicht mehr ansprechbar. Besorgt eilt Tennislehrer Tino König hinzu.

Schnell ist ihm klar: Hier muss der Rettungsdienst zu Hilfe gerufen werden. Schon während er mobil unter der 112 die Leitstelle des Landkreises Gießen (LKGI), die für die Disposition des nächstgelegenen Rettungswagens zuständig ist, informiert, beginnt er mit den ersten lebensrettenden Maßnahmen. Mund-zu-Nase-Beatmung und abwechselnd Herzdruckmassage. Wie war nochmal der Takt? Da gab es doch ein Lied, das jeder kennt? Im Auffrischungskurs für Erste-Hilfe, den er als Trainer im vorigen Jahr besucht hatte, schmunzelte man noch beim Gedanken zum alten Sommerhit „Macarena“ im Takt eine Druckmassage vorzunehmen, doch nun ist er dankbar für die Gedankenstütze. Man will ja alles richtig machen – man MUSS jetzt alles richtig machen! Zum Glück steht ihm am anderen Ende der Leitung Björn Döring, Einsatzsachbearbeiter der zentralen Leitstelle Gießen bei:  Ruhig und routiniert begleitet dieser den Ersthelfer durch die zu treffenden Maßnahmen.

Es vergehen bange Minuten unter schweißtreibendem Ganz-Körper-Einsatz, ehe der nächstverfügbare Rettungswagen vom DRK Rettungsdienst Mittelhessen (RDMH) aus Hungen eintrifft. Zusätzlich wurde noch ein Notarzteinsatzfahrzeug der Johanniter aus der Rettungswache in Lich geordert. Nach dem Eintreffen des Rettungsdienstes ist klar: Ab jetzt geht alles seinen routinierten Gang, es sind Profis am Werk, die Tennislehrer Tino König nach seinem unermüdlichen Einsatz aus der Pflicht nehmen. Insgesamt dauerten die Reanimationsleistungen rund 50 Minuten, wobei lange Zeit nicht abzuschätzen war, ob die Bemühungen zum gewünschten Erfolg führen würden.

„Herr König hat beherzt eingegriffen und alles richtig gemacht“, bestätigt Notfallsanitäterin Lilly von Mohr vom RDMH. „Die Funktion des Ersthelfers ist immens wichtig“, bekräftigt Ina Halefeldt, Notärztin der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH) im Regionalverband Mittelhessen und der Asklepios Klinik in Lich. „Als erste Person vor Ort ist man das erste wichtige Bindeglied in der Rettungskette. Man muss sich einfach trauen und versuchen unter allen Umständen die Sauerstoffzufuhr zu gewährleisten und das Herz wieder zum Schlagen zu bringen. Alles ist in dieser brenzligen Situation besser als nichts zu tun.“

„Und natürlich sofort professionelle Hilfe vom Rettungsdienst rufen. Die 112 ist hierfür die richtige Nummer. Und wer sich unsicher fühlt, kann sich während der ganzen Zeit vom geschulten Ansprechpartner am anderen Ende der Leitung durch die Maßnahmen begleiten lassen“, ergänzt Thomas Burgard, Rettungssanitäter der JUH.

Noch heute, Ende Oktober – nach langem Klinikaufenthalt und einer erfolgreichen Reha-Maßnahme – kämpft sich Constantin Woelki langsam und Schritt für Schritt wieder zurück zur alten Form. „Ich habe Glück gehabt, dass Sie in meiner Nähe waren“, bedankt er sich sichtlich gerührt bei einem gemeinsamen Fototermin bei allen am Einsatz beteiligten Personen. „Auch wenn ich von Ihrem Bemühen in diesem Moment nichts mitbekommen habe, so kann ich mir lebhaft vorstellen, wie anstrengend Ihr Einsatz war und wie unermüdlich Sie alle um mein Leben gekämpft haben. Ich bin Ihnen sehr dankbar und möchte diese Gelegenheit gerne nutzen, mich herzlich bei Ihnen allen, meinen Lebensrettern, zu bedanken. Ohne das beherzte Eingreifen von Herrn König und Ihren tollen Job im Rettungsdienst würde ich heute hier nicht stehen. Schade, dass ich Ihnen aufgrund der aktuellen Corona-Regeln nicht wenigstens fest die Hand schütteln kann.“

Der Landkreis Gießen, der den Rettungsdienst in unserer Region beauftragt, sowie die beiden hier beteiligten Rettungsdienste vom Roten Kreuz und der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. sind sich einig, dass Vorfälle wie dieser zeigen, wie wichtig die Breitenausbildung in Erster-Hilfe ist, die beide Organisationen in Kursen für Privatpersonen oder Unternehmen anbieten.

„Wer sich regelmäßig mit der Thematik des Helfens auseinandersetzt, kann im Ernstfall adäquat handeln und zum Lebensretter für seine Mitmenschen werden“, erläutert Landrätin Anita Schneider, die sich gleichzeitig bei dem Ersthelfer, den eingesetzten Einsatzkräften aber auch den Mitarbeitern der Zentralen Leitstelle sehr herzlich bedankte. Die Leitstelle alarmiert und führt nicht nur die Rettungsmittel, sondern gibt mittlerweile regelmäßig Anleitungen zur Ersten-Hilfe am Telefon bis der Rettungsdienst am Notfallort ist.

Horst Jeckel vom Sachgebiet Rettungsdienst beim Landkreis Gießen: „Der Landkreis hat Anfang des Jahres ein Ersthelfer-System namens Katretter aufgebaut. Über die sogenannte Katretter-App werden im Ernstfall freiwillige Helfer, die sich in der Nähe zum Notfallort aufhalten, über die Zentrale Leitstelle alarmiert. Ein Erste-Hilfe-Kurs mit 9 Stunden Ausbildung ist die Mindestqualifikation für die Teilnahme am Katretter System. Bei Anmeldung soll der Kurs nicht älter als 1 Jahr sein. Gut 170 Menschen aus dem Landkreis die helfen wollen, sind bereits registriert. Weitere Interessenten, die 18 Jahre alt sein sollten, können sich beim Landkreis per E-Mail unter katretter@lkgi.de melden.