06.05.2017 | Hamburgische Kommende des Johanniterordens

Wer oder was bestimmt mich eigentlich?

Selbstbestimmt leben - für jeden Menschen ist dies ein hehres Ziel. Doch wie deckt sich dieser Anspruch mit der Wirklichkeit? Erleben wir nicht alle, dass wir letztlich das Leben nicht in der Hand haben? Eine Andacht von Pastor Ulrich Rüß.

Bei der kommenden Bundestagswahl will ich mitbestimmen, wer die Regierung stellen soll. Das gilt nicht nur für die Politik, sondern für mein ganzes Leben. Mitbestimmen! Als mündiger Mensch selbstbestimmt leben. Das kommt mir entgegen. Schließlich möchte ich über mich selbst entscheiden,  Herr im eigenen Haus sein.

Wie deckt sich dieser Anspruch  mit der Wirklichkeit? Erleben wir nicht alle, dass wir letztlich das Leben nicht in der Hand haben? Lebensglück, Gesundheit und Erfolg, Schicksal, Krankheiten, Schuld und Scheitern, Geborgenheit und Liebe haben wir nicht im Griff. Ganz zu schweigen von den Zwängen, die jeder von uns im privaten und Berufsleben ausgesetzt sind.

Da stellt sich die Frage neu: Wer oder was bestimmt mich eigentlich?

Wem vertraue ich mein Leben an?  Mir selbst? Ich der Bundeskanzler, der die Richtlinien der Politik für sich bestimmt? Der liebe Gott mein Bundespräsident mit ausschließlich repräsentativen Aufgaben?  Mein Credo, Maßstab des Glaubens - das bin ich. Meine Ethik - bestimme ich. Gut ist, was mir nützt, schlecht ist, was mit schadet. Ich – mein Papst.

Christus spricht: „ Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme und ich kenne sie und sie folgen mir und ich gebe ihnen das ewige Leben.“ (Joh 10)

Wem vertraue ich mein Leben an?  Christus weist auf sich als den guten Hirten. Wenn wir einem unser Leben anvertrauen, dann nur einem, der uns ohne Wenn und Aber liebt, der es nur gut mit uns meint, einem, der uns Halt gibt in dunklen Tagen, uns führt durch „finstere Täler“ (Ps 23), einem, der die Frage nach Schuld und Tod für uns beantwortet hat in der Hingabe am Kreuz. Und das ist Gott in Jesus Christus. Seine Auferstehung bestärkt uns in dem Versprechen: „Und ich gebe ihnen das ewige Leben.“ Was für eine Lebensperspektive wird uns hier geschenkt! Mit diesem Hirten sind wir nicht des Todes, sondern des ewigen Lebens. Nicht das Ende, sondern die Vollendung ist unsere Zukunft. Das ist Gottes Bestimmung für dich und mich. Wenn wir diesem guten Hirten unsere Leben anvertrauen, hören wir als Schafe auf seine Stimme. Die Worte Jesu lesen wir in der Bibel, hören wir in der Verkündigung des Evangeliums. Diese Worte sind Worte der Wegweisung, der Stärkung und Weckung des Glaubens, Worte der Vergebung, Gnade und Liebe.

Möchten wir Schaf sein? Bei diesem Hirten kann uns nichts Besseres widerfahren. Wir sind aus Gottes Sicht alle irgendwie schwarze Schafe. Aber dennoch geliebt. „Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“  Die wahren Feinde unseres Lebens beschreibt  Martin Luther mit „Sünde, Tod und Teufel“. Unser Hirte Jesus Christus schützt uns als Schaf vor diesen Feinden.

Als Kinder sang unsere Mutter mit uns oft das Lied „Weil ich Jesu Schäflein bin…“

„Weil ich Jesu Schäflein bin, freu ich mich nur immerhin über meinen guten Hirten, der mich wohl weiß zu bewirten, der mich liebet, der mich kennt, und bei meinem Namen nennt.“

„Sollt ich nun nicht fröhlich sein, ich vergnügtes Schäfelein? Denn nach diesen Erdentagen werd ich endlich heimgetragen in des Hirten Arm und Schoß. Amen, ja mein Glück ist groß!“

Wer oder was bestimmt mich eigentlich? Wenn wir Christus als guten Hirten unser Leben anvertrauen und auf seine Stimme hören, sind wir wirklich frei und geborgen in Zeit und Ewigkeit, dann können wir als geliebtes Schaf (nicht dummes Schaf) wirklich fröhlich sein. Amen.

RR Pastor Ulrich Rüß
(aus seiner Andacht auf der JHG-Mitgliederversammlung 2017)