Blutverschmierte Unfallopfer taumeln in den Wald
Einsatzübung der Rettungskräfte in Osnabrück: Fokussierung auf Zusammenarbeit und Handlungssicherheit
09.00 Uhr. Über Funk geht durch die Regionalleitstelle Osnabrück kAöR ein Einsatzbefehl ein: „Verkehrsunfall mit zwei beteiligten PKW“. Was an diesem Tag nur eine Übung war, könnte jederzeit Realität werden. Genau dafür bereiteten sich zahlreiche Rettungskräfte bei einer groß angelegten Einsatzübung in einem Neubaugebiet in Osnabrück vor. Unter der Leitung des Ortsverbands Osnabrück der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) wurde ein anspruchsvolles Szenario inszeniert, um die Fähigkeiten und Zusammenarbeit der verschiedenen Einsatzkräfte auf die Probe zu stellen. Als übende Einheiten nahmen die Johanniter mit der Gruppe Sanität und der Rettungshundestaffel auch der DRK-Kreisverband Osnabrück-Stadt mit seiner Rettungshundestaffel und die Freiwillige Feuerwehr Osnabrück Voxtrup teil, die sich um die technische Hilfeleistung kümmerte. Unterstützt wurden sie bei dem Betrieb einer Unfallhilfsstelle durch das DRK Osnabrück, das auch Transportkapazitäten stellte und die Versorgung von Verletzten sowie Praxisanleitungen durchführte. Die Malteser in der Diözese Osnabrück waren ebenfalls im Einsatz, um Transportkapazitäten zu stellen und die Versorgung von Verletzten am Einsatzort zu übernehmen. Die Polizeidirektion Osnabrück stellte die polizeilichen Maßnahmen dar und übernahm die Einsatzführung bei der Personensuche. Das Unternehmen Flatau aus Osnabrück stellte Übungsobjekte wie Fahrzeuge kostenlos bereit.
Dynamische Lage: Verkehrsunfall mit vermissten Personen
Am Unfallort angekommen, erwartet die Rettungskräfte ein komplexes Szenario: Zwei Fahrzeuge sind kollidiert, insgesamt acht Personen wurden verletzt, darunter zwei schwer. Vier der Verletzten haben in einem verwirrten Zustand den Unfallort verlassen und sind in verschiedene Richtungen geflüchtet. In den beiden Unfallfahrzeugen sind jeweils Personen eingeklemmt, die sich nicht selbst befreien können. Einer der Fahrer wurde durch den Aufprall aus dem Fahrzeug geschleudert und liegt schwer verletzt in der Nähe des Fahrzeugs. Ein weiterer Unfallbeteiligter kann sein Fahrzeug eigenständig verlassen und setzt den Notruf ab. Dieser Zeuge dient den ersten eintreffenden Rettungskräften als wertvolle Informationsquelle.
Kurz nach Beginn der Rettungsmaßnamen wird die Lage noch komplexer. Ein Verkehrsteilnehmer meldet eine „hilflose Person“ auf einer Landstraße. Die blutverschmierte Person sei in Richtung Wald geirrt. Diese neue Situation erfordert schnelles Handeln: Die Rettungskräfte müssen die eingeklemmten Personen befreien und gleichzeitig eine Suchaktion nach den vermissten Unfallbeteiligten koordinieren. Die Rettungshundestaffeln spielten dabei eine entscheidende Rolle, indem sie systematisch die Umgebung nach den vermissten Personen absuchten - mit Erfolg. Die Durchführung der Übung wurde durch Laiendarstellerinnen und –darstellern im Rahmen der Realistischen Unfalldarstellung (RUD) unterstützt.
Ziel der Übung: Handlungssicherheit und Zusammenarbeit stärken
Die Übung diente in erster Linie dazu, den Rettungskräften die Möglichkeit zu geben, ihre Fähigkeiten unter realistischen Bedingungen zu überprüfen und zu festigen. Ein besonderes Augenmerk lag auf den jungen und unerfahrenen Kräften, die durch diese Übung Handlungssicherheit gewinnen sollten. Zudem wurde durch die Vielzahl und Diversität der beteiligten Einsatzkräfte das gegenseitige Verständnis für die verschiedenen Aufgabenfelder
und Fähigkeiten der einzelnen Einheiten gefördert. Ziel war außerdem, die Zusammenarbeit im Alltag zu verbessern und das Vertrauen untereinander zu stärken.
Freiräume für individuelle Entscheidungen
Seit Jahresbeginn 2024 wurde die Übung akribisch vom Übungsleiter Nick Köhler geplant, um den teilnehmenden Einheiten ein möglichst realitätsnahes und lehrreiches Szenario zu bieten. „Als Übungsleitung habe ich einen grundsätzlichen Ablaufplan vorgegeben, aber den Einheits- und Teileinheitsführenden bewusst ausreichend Freiraum für eigene Entscheidungen gelassen. Diese Entscheidungsfreiheit ist wichtig, um den individuellen Lernerfolg der Beteiligten zu maximieren und ihnen eine gewisse Handlungsfreiheit zu ermöglichen“, betont Köhler. Die Hauptaufgaben der Übung umfassten die technische Rettung von Verletzten, die Versorgung einer größeren Anzahl von Betroffenen, die Suche nach vermissten Personen mit unklarem Verletzungsbild und den Transport von Patientinnen und Patienten.
Eine Übung mit Mehrwert
„Die Übung war ein Erfolg. Die Beteiligten konnten nicht nur ihre technischen und medizinischen Fähigkeiten trainieren, sondern auch wertvolle Erfahrungen in der interdisziplinären Zusammenarbeit sammeln“, erklärt Köhler abschließend. Derartige realitätsnahe Übungen sind unerlässlich, um im Ernstfall schnell und effizient handeln zu können. Die positive Resonanz, die alle Beteiligten aus dieser Übung mitgenommen haben, unterstreicht die Bedeutung solcher Trainings für die Rettungskräfte.
Ein herzlicher Dank gilt allen teilnehmen und unterstützenden Einheiten für ihr Engagement und ihre Professionalität.
Text: Isabel Schulte. Fotos: Anette Thanheiser