01.12.2021 | Regionalverband Oberfranken

Belastung für das Ehrenamt im Rettungsdienst steigt

„Die Lage spitzt sich zu“ - Rettungswagen zum Verlegungs-RTW umgerüstet

Auch in der vierten Corona-Welle sind die Ehrenamtlichen im Rettungsdienst wieder gefordert.

Schon in normalen Zeiten geht es im Rettungsdienst nicht ohne ehrenamtliche Einsatzkräfte, in den aktuellen Krisenzeiten gilt das ganz besonders. Auch in der Johanniter-Rettungswache Schlüsselfeld steigt mit der neuen Corona-Welle die Zahl der zusätzlichen Einsatzfahrten - und diese werden oft von Ehrenamtlichen gestemmt. „Unsere Ehrenamtlichen leisten unheimlich viel, sie unterstützen die hauptamtliche Kräfte und entlasten das Gesamtsystem. Sie besetzen zusätzliche Rettungsfahrzeuge, um insbesondere im Krankentransport die hohen Wartezeiten zu reduzieren und den Regelrettungsdienst zu entlasten. Und natürlich stehen wir auch für Notfälle parat“, so Prof. Dr. Christoph Egner, Sachgebietsleiter Bevölkerungsschutz bei den oberfränkischen Johannitern. Inzwischen steigt die Belastung von Tag zu Tag. „Wir spüren ganz deutlich, dass die Lage sich dramatisch zuspitzt: Das Einsatzaufkommen nimmt zu, die Wartezeiten, bis die Patienten in einer Klinik untergebracht werden können, steigen, die Fahrten bis zur nächsten Klinik mit einem freien Bett werden länger und die Standzeiten unserer Fahrzeuge nehmen ebenso zu, da viel Zeit für die Desinfektion aufgewendet werden muss“, schildert Johanniter-Rettungsdienstleiter Tom Roschmann.

Für die haupt- und auch die ehrenamtlichen Rettungskräfte ist die Situation in dieser inzwischen vierten Corona-Welle nicht neu, aber auch bei ihnen geht es inzwischen sichtbar an die Substanz: „Das Ehrenamt ist weiterhin hochmotiviert und auch einsatzbereit. Nach fast zwei Jahren Pandemie wird es aber zum Beispiel immer schwieriger, die Arbeitgeber der Helfer für eine Freistellung zu überzeugen. Außerdem müssen die vorgehaltenen Fahrzeuge inkl. Material komplett aus Eigenmitteln und Spenden finanziert werden“, so Christoph Egner. Noch sind die Ehrenamtlichen im Regionalverband Oberfranken der Johanniter nicht in Alarm versetzt worden, aber „auch wir rechnen damit, dass dies bald kommt“. Hinzu kommt, dass die ehrenamtlichen Kräfte nicht nur im Rettungsdienst, sondern z. B. auch in den regionalen Testzentren aktiv sind, was eine zusätzliche Belastung ist.

Das Team um Rettungsdienstleiter Thomas Roschmann kann die zusätzlichen Fahrten, die von der Leitstelle Bamberg-Forchheim zur sogenannten Spitzenlastabdeckung angefordert werden, aktuell noch abdecken, doch er geht davon aus, „dass der große Knall erst noch kommen wird“, wenn die Zahlen der Infizierten weiter so steigen. Dazu kommt, dass "mit der Zahl der Coronaeinsätze und bei den regelmäßigen Testungen des Rettungsdienstpersonals, dann auch irgendwann die Ausfälle zunehmen. Auch die Ansteckungsgefahr beim Personal ist erhöht."

Im Einsatz ist bei den oberfränkischen Johannitern inzwischen auch ein sogenannter Verlegungs-Rettungswagen, der über ein spezielles Beatmungsgerät, ein EKG mit der Möglichkeit der arteriellen Blutdruckmessung und mehr Spritzenpumpen zur Medikamentengabe ausgestattet ist. Bereits in der ersten Corona-Welle wurden in Bayern Rettungswagen auf diese Weise umgerüstet. Angesichts von Kliniken, bei denen die Intensivstationen volllaufen, sind sie nun extrem wichtig, um arztbegleitete Verlegungsfahrten durchführen zu können. Doch auch diese zusätzliche Leistung wäre ohne das Ehrenamt nicht möglich: „Zum Glück verfügt unser ehrenamtlicher Bevölkerungsschutz in Oberfranken über die entsprechenden Geräte, die durch Spenden finanziert wurden und die wir nun im Verlegungs-Rettungswagen einsetzen. Das ist aber nicht der Normalfall“, so Thomas Roschmann. Und auch dieses zusätzliche Angebot zum Wohl der Patienten, hat eine Schattenseite: Der umgewidmete Rettungswagen fehlt nun als Einsatzfahrzeug im Normalbetrieb der Rettungswache. Entsprechend wünscht sich Christoph Egner „mehr staatliche Förderung des Ehrenamtes, in dem geeignete und dringend notwendige Einsatzfahrzeuge bereitgestellt werden. Wichtig wäre auch eine bessere Finanzierung der Einsatzmittel durch staatliche Förderungen, wie etwa bei den Feuerwehren“. Und noch etwas wünschen sich alle Beteiligten, damit auch diese Welle bewältigt werden kann: „Wir können nur an alle appellieren, den Empfehlungen des RKI zu folgen, sich impfen zu lassen und auch die Booster-Impfungen in Anspruch zu nehmen. Nur dann können wir diese erneute Welle bewältigen“, so Johanniter-Dienststellenleiter Jürgen Keller.