Ärzte lernen Rettung auf hoher See
Johanniter-Offshore-Rettung veranstaltet Assesment Center
Der Maschinenraum eines Frachters. Es ist dunkel, die Maschine dröhnt ohrenbetäubend laut, überall sind Rohre, Kabel und andere Hindernisse. Mittendrin liegt eine bewusstlose Person, ein Maschinist aus der Besatzung. Ein Arzt zwängt sich in den Maschinenraum, auf dem Rücken ein Notfallrucksack, auf den Kopf ein Helm. Trotz der beengten und lauten Bedingungen muss es jetzt schnell gehen. Vitalfunktionen überprüfen, Notfallmaßnahmen einleiten und den Zustand stabilisieren, damit der Patient an Deck gebracht und von dort zum Hubschrauber gewinscht werden kann. Die Kommunikation mit den Ersthelfern, Kollegen des bewusstlosen Besatzungsmitglieds, ist wegen der Lautstärke und sprachlichen Hürden schwierig. „Die Rettung auf See stellt auch die Ärztinnen und Ärzte vor ganz besondere Herausforderungen“, sagt Jan Gartemann, Leiter Ausbildung des Fachbereichs Offshore Rescue and Medical Services des Ortsverbands Stedingen der Johanniter-Unfall-Hilfe. Deshalb fand jetzt auf dem Campus Elsfleth der Johanniter Akademie Niedersachsen/Bremen das landesweit einzige Assesment Center für Ärzte und Ärztinnen statt, bei dem offshorespezifische Fertigkeiten (Skills) unter realistischen Bedingungen demonstriert werden konnten. Ziel war, eine Eignung der Ärztinnen und Ärzte für die Hubschrauber- und Offshore-Rettung festzustellen.
Teil der Übung war das Fallbeispiel, bei dem eine bewusstlose Person im Motorraum eines Schiffs aufgefunden wird – hier ergeben sich durch die Dunkelheit, Lautstärke und Lage weit vom Festland besondere Herausforderungen. Um das Fallbeispiel möglichst realitätsnah zu gestalten wurde der Funkkontakt zur Leitstelle simuliert, die den Rettungsflug koordiniert. Alle Übungsteilnehmenden, die die Rolle von Ersthelfenden übernahmen, sprachen wie auf einem echten Schiff eines internationalen Arbeitgebers auf Nord- oder Ostsee hauptsächlich Englisch. Neben den Fallbeispielen wurden auch einzelne Fähigkeiten geprüft und die Teilnehmenden durften am Turm und im Wind- und Wellensimulationsbecken ihre Höhen- und Wassertauglichkeit unter Beweis stellen. „Es ist wichtig, dass jede und jeder seine Grenzen kennt“, erklärt Jan Gartemann. Nur so sei es möglich, im Notfall unter diesen schwierigen Bedingungen Hilfe zu leisten. „Schließlich“, betont Gartemann, „geht es auch hier um Menschenleben.“