Im Gespräch mit Gritta Goltdammer
Die Leiterin der Rettungshundestaffel Jena erzählt im Interview mit uns von den Anfängen der Staffel, ihrem Antrieb und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ausbildung.
Frau Goltdammer, Sie sind seit vielen Jahren Leiterin und damit fester Bestandteil der Johanniter-Rettungshundestaffel in Jena, und haben bereits viele Rettungseinsätze miterlebt. Wann und vor allem warum haben Sie die Rettungshundestaffel gegründet?
"2005 habe ich die Initiative zur Gründung einer Rettungshundestaffel ergriffen. Zuvor hatte ich bereits bei einer Staffel des ASB mit meinem Schäferhund trainiert. Allerdings kam schon bald danach der Wunsch auf, eine neue Staffel zu begründen. Zusammen mit Interessierten traf ich mich in der Folge zum Training. Denn ohne das läuft zwischen Mensch und Tier nichts. Die Intention war vor allem, meinem Hund und denen meiner Mitstreitenden eine Aufgabe zu geben, sie zu fordern und mit ihnen gemeinsam zu arbeiten. Daraus entstand die rein ehrenamtlich organisierte Rettungshundestaffel in Jena."
Wie viele Mitglieder hat die Rettungshundestaffel und wie kann man sich die Arbeit in einer Rettungshundestaffel vorstellen?
"Immer wieder kommen Interessierte mit ihren Vierbeinern zu uns und schnuppern hinein in die Welt der Rettungshunde. Wir haben immer noch Mitglieder der ersten Stunde. Viele Hunde der Anfangszeit sind mittlerweile im "Rentenalter". Aktuell zählt die Rettungshundestaffel 19 Hunde und 17 Hundeführer. Die Arbeit in der Rettungshundestaffel ist sehr zeit-und kostenintensiv, macht mir aber dennoch Spaß. Wir trainieren zweimal die Woche in der Umgebung von Jena. Dort gibt es verschiedene Möglichkeiten, um Trainingsszenarien zu testen. Die Grundausbildung, die mit einer Prüfung und der Erlangung der Einsatzfähigkeit endet, schließt sich am Wochenende an. Dabei darf man nicht vergessen, dies findet alles nach dem Job statt."
Wer Sie beim Training beobachtet, der erkennt sofort, Sie sind mit dem Herzen dabei. Ist das schon immer so und warum ausgerechnet eine Rettungshundestaffel?
"Meinen ersten eigenen Hund hatte ich erst nach dem Abi. Seitdem sind weitere Hunde hinzugekommen. Momentan sind es drei Louisiana Catahoula Leopard Dogs - Lenz, Mahi und Nele. Die Arbeit in einer Rettungshundestaffel ist sehr vielfältig. Zum einen braucht es viel Training, damit ein Rettungshundeteam funktioniert. Eine geistige und körperliche Herausforderung, die ich mag. Zum anderen ist es schön zu sehen, dass ich mit meinem Hund anderen helfen kann. Im Ehrenamt treffen zudem viele Menschen mit unterschiedlichem Background aufeinander. Auch verschiedene Hunderassen gibt es bei uns. Die Mischung macht es so spannend für mich."
Sie sind eine erfahrene Rettungshundeführerin und Staffelleiterin, Frau Goltdammer. Was ist Ihrer Meinung nach unerlässlich, um solch ein Ehrenamt auszufüllen? Und ist jeder Hund für die Aufgabe eines Rettungshundes geeignet?
„Voraussetzungen sind natürlich die Liebe zum Hund und Geduld. Nicht alles klappt am ersten Tag. Aber auch Sozialkompetenz, Teamfähigkeit und Führungsqualitäten dürfen für dieses Ehrenamt nicht unterschätzt werden. Schließlich haben wir immer mit Menschen zu tun, im eigenen Team, mit Vermissten und deren Angehörigen und Freunden sowie mit weiteren Rettungskräften.
Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht jeder Hund gleich gut für die Aufgabe eines Rettungshundes geeignet ist. Je nach Rasse haben Hunde bessere oder weniger gute Voraussetzungen. Ein aufgeschlossenes Wesen, ein gewisses Maß an Temperament und Unerschrockenheit sind wichtige Eigenschaften, die es braucht. Aber auch Spielmotivation, Stöberarbeit, Lernvermögen und Geräuschverträglichkeit sind Kriterien, die bei der Bewertung einfließen und die Erfolgsaussichten bei der Ausbildung bestimmen. Labradore und Golden Retriever sind dafür bekannt, verspielt zu sein. Dadurch lernen sie schnell. Sie haben also gute Voraussetzungen."
In vielen Wirtschaftszweigen, beispielsweise in der Industrie, ersetzt die moderne Technik den Menschen zunehmend. Auch bei der Rettung von Menschen wird Technik immer wichtiger, etwa durch den Einsatz von Drohnen. Sehen Sie den Einsatz kritisch?
"Drohnen können hilfreich sein, wenn sie als Unterstützung auf Wiesenflächen eingesetzt werden. Denn sie helfen dabei, das Suchgebiet einzugrenzen. Sie ersetzen aber nicht den Spürsinn eines Hundes. Denn sobald die Suche in Trümmern oder in geschlossenen Räumen gefragt ist, ist der Rettungshund den Drohnen noch immer weit voraus. In der Fläche ersetzt ein Hund etwa 40 bis 50 Helfende und kann in 15 Minuten bis zu 30.000 Quadratmeter absuchen."
Im Alter nimmt die Leistungsfähigkeit des Menschen spürbar ab. Dies gilt bei Tieren auch. Gibt es daher eine Altersbegrenzung für Rettungshunde?
"Wie lange ein Hund die Arbeit eines Retters auf vier Pfoten ausübt, liegt im Ermessen des Hundeführers. Er kennt die körperliche Fitness seines Hundes am besten und weiß, wann es besser ist, seinen Hund in „Rente“ zu schicken. Lässt die Riech- und Sehleistung nach, sollte der Hund keine Einsätze mehr ausüben. Ein Einsatz ist auch immer purer Stress für Hund und Hundeführer. Einem älteren, kranken Hund sollte man so etwas folglich nicht mehr zumuten."
Seit 2005 haben Sie mit Ihrem Team viel bewirkt. Geben Sie uns nun zum Abschluss bitte noch einen Ausblick für die nähere Zukunft.
"Das Felsenlabyrinth Wunsiedel ist ab November für Besuchende saisonbedingt geschlossen. Wir dürfen es nun für Trainingszwecke nutzen. Wenn in diesem Jahr der Weihnachtsmarkt in Jena trotz Pandemie stattfinden sollte, werden wir dort zu finden sein, um Spenden zu sammeln. Und im kommenden Jahr führen wir ein Trainingslager im tschechischen Zatec durch. Dort findet sich ein Trümmergelände mit weit über 100 Versteckmöglichkeiten. Darauf freuen wir uns besonders, da es in Deutschland keine vergleichbare Anlage gibt."
Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen, Ihren Kolleginnen und Kollegen und natürlich den Vierbeinern alles Gute sowie erfolgreiche Einsätze und immer eine gesunde Rückkehr.