Johanniter-Tagesgruppe in Leezen erhält Förderung von Regine Sixt Kinderhilfe Stiftung

Max* (Name geändert) steht mit seinen nackten Füßen vor einem Fühlbrett - einem Brett mit acht Feldern, wovon jedes aus einem anderen Material besteht, wie z.B. Filz, Kork, Stein. Die Stimmung unter den anderen vier Kindern im Raum ist noch etwas aufgeregt. Allmählich werden sie ruhiger. Sie spüren, dass nun Konzentration gefragt ist. Diplom-Sozialpädagogin Martina Taschke fordert Max auf, seine Augen zu schließen und einen Fuß auf das erste Feld zu setzen. Er ist hochkonzentriert, setzt einen Fuß auf das Feld und verweilt darauf. Ganz bewusst nimmt Max wahr, wie sich das Material an seiner Fußsohle anfühlt, während Martina Taschke mit langsamer und ruhiger Stimme auf ihn einspricht. "Spüre, wie deine Füße den Boden berühren. Jeder Boden fühlt sich anders an. Was spürst du jetzt grad?", fragt sie Max. "Es ist bisschen kratzig", antwortet der 8-jährige, während er auf dem Feld mit dem Sisalboden steht. Schritt für Schritt geht er zum nächsten Feld, das wieder einen anderen Bodenbelag besitzt und beschreibt, was er fühlt.

Max ist eines von fünf Kindern, die sich regelmäßig mit einer pädagogischen Fachkraft im neu geschaffenen "Snoezelraum" aufhalten - einem Raum, der für Entspannung bei Kindern sorgen soll, die einen erhöhten Bedarf dafür haben. Unter Snoezeln wird der Aufenthalt in einem gemütlichen, angenehm warmen Raum verstanden und dient der Verbesserung der sensitiven Wahrnehmung und zugleich der Entspannung. Leiterin Martina Taschke und ihr dreiköpfiges Team von der Tagesgruppe Leezen betreuen acht Kinder im Grundschulalter, die eine spezielle Förderung benötigen. Meist haben diese Kinder ausgeprägte Defizite im sozialen und emotionalen Bereich und kommen aus einem familiär belasteten Umfeld. Sie sind oftmals verhaltens- und lernauffällig, weisen Defizite in der Entwicklung auf und leiden zudem an einer Reizüberflutung.

Wie schwierig das für die Kinder auszuhalten ist, erklärt Martina Taschke: "Die betroffenen Kinder nehmen jegliche Reize aus der Umwelt ungefiltert wahr und sind nicht in der Lage, diese einzuordnen oder auszublenden. Reize abzuschirmen fällt ihnen schwer und sie kommen kaum zur Ruhe. Alle Geräusche, Töne, Farben preschen auf die kleinen Personen täglich ein. Sie stehen daher permanent unter Anspannung. ADHS wurde bei diesen Kindern stets diagnostiziert. Mit dem neuen Snoezelraum geben wir zum einen den Kindern eine Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen und Anspannungen abzubauen. Zum anderen bieten wir den betroffenen Eltern mit unserem Angebot eine Hilfe und Entlastung an. Wir sind sehr stolz und dankbar, eine derartige finanzielle Unterstützung von der Regine-Sixt-Stiftung erhalten zu haben, damit unser Snoezelraum entstehen konnte", so Martina Taschke.

Farben erzeugen Emotionen. Damit die Kinder nicht zusätzlich belastet werden, wurde der Snoezelraum daher bewusst nicht bunt gestaltet, wie es in Kindereinrichtungen gängig ist, sondern als weißer Raum mit weißen Möbeln und einer warmen Lichtgebung. Alle Materialien sind so verstaubar, dass sie nicht sichtbar sind, wenn man es nicht möchte, um eine Reizüberflutung zu vermeiden und ein gezieltes Aussuchen bzw. Bestimmen von Reizen zu ermöglichen. Man kann entspannen und wegträumen. Das Wegträumen wird beispielsweise durch Musik unterstützt oder auch durch Traumgeschichten. Dazu kommen spezielle Elemente, die es den Kindern ermöglichen, sich auf das zu konzentrieren, was sie in dem Moment tun. Mit dem Fühlbrett, den Balancierhalbkugeln oder auch der sanft farbig wechselnden Wassersäule bauen die Kinder ihre Anspannungen ganz gezielt ab und erreichen dadurch eine höhere Lebensqualität.

Mit fokussierten Entspannungsübungen und durch Rückzug in den Snoezelraum trainiert das Fachkräfteteam mit den Kindern deren Wahrnehmungen. Vieles soll bewusster mit Konzentration auf sich selbst ablaufen. "Während des Aufenthaltes im neuen Snoezelraum bieten wir den Kindern nur einen einzigen Reiz. Dieser kann visuell oder akustisch sein. Die Signale werden daher vom Kind bewusst wahrgenommen. All das bietet den Kindern eine immense Entspannung, nicht nur der einzelnen "Körperteile", sondern auch die Möglichkeit, innerlich loszulassen und Eindrücke besser zu verarbeiten. Bei Wiederholungen steigt die Fähigkeit, sich zu entspannen und abzuschalten. Damit erleichtern wir den Kindern ganz besonders die Integration in soziale Strukturen", so Taschke weiter.

Das Angebot erfolgt situationsbedingt nach den Bedürfnissen des jeweils stark belasteten Kindes. Dazu beobachten die Pädagogen die Kinder sehr genau. An Tagen, an denen jemand sehr angespannt ist, unterstützt ein Aufenthalt im Snoezelraum das Kind und erzeugt positive Emotionen.

Unterstützung von der Regine Sixt Kinderhilfestiftung

Die baulichen Maßnahmen in der heilpädagogischen Tagesgruppe Leezen wurden kürzlich abgeschlossen. Umgesetzt werden konnte das neue Projekt "Snoezelraum" mit Hilfe der Regine Sixt Kinderhilfe Stiftung, die die Umgestaltung des Raumes und ein Bodentrampolin im Außenbereich gefördert hat. Ziel des Projektes ist es, dass besonders benachteiligten und beeinträchtigten Kindern Entspannungsmöglichkeiten geboten werden, durch die sie die Möglichkeit finden, Unruhe und Aggressionen abzubauen, zu sich selber zu finden, Wahrnehmungsfähigkeiten zu entwickeln und geistige, körperliche und psychosoziale Interaktions-Fähigkeiten zu erweitern. Die Regine Sixt Kinderhilfe Stiftung engagiert sich weltweit für Kinder in Not.

Über die Johanniter-Tagesgruppe Leezen

Die Johanniter-Tagesgruppe in Leezen betreut seit 1996 Kinder und deren Familien im Rahmen der Jugendhilfe und in Kooperation mit den Jugendämtern. Mittelpunkt aller Bemühungen ist es, die anvertrauten Familien in deren Kompetenzen und Ressourcen zu stützen und zu begleiten. Damit wird das Ziel verbunden entsprechende Hilfen anzubieten und den Verbleib und/oder das Zusammenleben in der Familie zu erleichtern. Die Entwicklung der Kinder soll mit der Hilfe zur Erziehung in der Leezener Tagesgruppe durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen Förderung und Elternarbeit unterstützt werden.

Die pädagogische Arbeit hat folgende Inhalte:

  • Erleben eines regelmäßigen Tagesablaufes
  • Stabilisierung der schulischen Leistung
  • positive Veränderung der Verhaltensweisen
  • soziales Lernen in der Gruppe
  • Beratung der Eltern bei Erziehungsfragen /Elterntraining
  • sinnvolle Freizeit- und Feriengestaltung
     

Die Tagesgruppe arbeitet eng mit den Schulen aus der Umgebung zusammen, die bei Bedarf eine Anfrage bei der Tagesgruppe stellen. Der Antrag auf Betreuung in der Tagesgruppe wird von den Eltern gestellt, mit denen ebenfalls eine enge Zusammenarbeit erfolgt, z.B. in Form eines Tagesfeedbacks.