07.02.2023 | Regionalverband Schleswig-Holstein Süd/Ost

Zeit zu handeln

Podiumsdiskussion über Kita-Ausbau und Fachkräftemangel in Bad Oldesloe

Peter Küpper (r.), Bereichsleiter bei den Johannitern, sprach sich für eine finanzielle Unterstützung der Praxisintegrierten Ausbildung (PiA) aus.
Peter Küpper (r.), Bereichsleiter bei den Johannitern, sprach sich für eine finanzielle Unterstützung der Praxisintegrierten Ausbildung (PiA) aus.
Bürgermeister Jörg Lembke (am Mikrofon) sah vor allem in der Kitareform die Ursache für viele Probleme, die sich heute zeigen.
Bürgermeister Jörg Lembke (am Mikrofon) sah vor allem in der Kitareform die Ursache für viele Probleme, die sich heute zeigen.
Auf dem Podium saßen Eltern, pädagogische Fachkräfte, Kita-Leitungen, Kita-Träger, die lokale Wirtschaft sowie politische Verantwortliche.
Auf dem Podium saßen Eltern, pädagogische Fachkräfte, Kita-Leitungen, Kita-Träger, die lokale Wirtschaft sowie politische Verantwortliche.

Die Initiative „Kita in OD – Zeit zu handeln“ hatte am gestrigen Montagabend zu einer Podiumsdiskussion in die Festhalle Bad Oldesloe geladen. Themen der Debatte – in lebhafter Weise geführt – waren der Kita-Ausbau, der Fachkräftemangel und die fehlenden Betreuungsplätze in der Stadt. Auf dem Podium saßen Eltern, pädagogische Fachkräfte, Kita-Leitungen, Kita-Träger, die lokale Wirtschaft sowie politische Verantwortliche. Der Regionalverband Schleswig-Holstein Süd/Ost war mit Peter Küpper, zuständiger Bereichsleiter Kindertagesbetreuung, sowie Britta Westphal, Erzieherin und stellvertretende Leiterin der Kita Stoppelhopser Am Steinfelder Redder, vertreten.

Angetreten waren die Debattierenden, um konkrete Maßnahmen und Lösungen zu finden, betonte die Moderatorin Joana Poloschek. Die Initiative „Kita in OD – Zeit zu handeln“ hatte sich kürzlich zusammengefunden, um „Missstände aufzuzeigen, Ideen zu entwickeln, Handlungsdruck zu erhöhen und Lösungen voranzubringen“, heißt es auf ihrer Webseite. Schon seit langem wachse der Frust in Bad Oldesloe über fehlende Betreuungsplätze, Fachkräfte und Perspektiven.

Lebhaft geführte Diskussion

Der Diskussion war bereits eine Demonstration am Samstag vorangegangen. An diesem Montagabend fanden sich nun zahlreiche Eltern, Bürgerinnen und Bürger, Fachkräfte und politische Vertreterinnen und Vertreter ein, um nicht nur der teilweise lebhaft geführten Debatte zu folgen, sondern auch selbst Wortbeiträge zu liefern. Auf dem Podium waren vertreten:

  • Jana Schmidt, Kita-Leiterin (Kita Moordamm) und eine der Initiatorinnen von „Kita in OD“
  • Peter Küpper, Bereichsleiter Kindertagesbetreuung des Regionalverbandes Schleswig-Holstein Süd/Ost der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.
  • Britta Westphal, stellvertretende Leiterin und pädagogische Fachkraft der Johanniter-Kita Stoppelhopser Am Steinfelder Redder
  • Vivian Knöbel und Matthias Heinrich, Eltern
  • Jörg Lembke, Bürgermeister der Stadt Bad Oldesloe
  • Thomas Sobczak, Fachbereichsleitung Stadt Bad Oldesloe
  • Johannes Albig, Staatssekretär im Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung Schleswig-Holstein
  • Kai Aargardt, Schulleiter Berufliche Schule des Kreises Stormarn in Bad Oldesloe
  •  Jens-Oliver Wessel, Firma Aspen Bad Oldesloe

„Als Erzieherin zu arbeiten, war mal mein Traumberuf“, erzählt Britta Westphal. Doch mittlerweile sei ihre Arbeit durch den großen Druck, der auf ihr und ihren Kolleginnen und Kollegen laste, kein Traum mehr, sondern harte Realität. Eine Realität, in welcher der Druck der Eltern an die Fachkräfte weitergegeben werde, in der das Personal alles tue, um eine Gruppenschließung zu verhindern, in welcher der Bildungsauftrag hinter der täglichen Betreuung zurückstecken müsse. „Es ist ein Fehler im System, wenn die Existenz der Eltern auf den Schultern der Kinder laste“, betonte sie und erhielt dafür viel Applaus.

Nicht nur Westphal sprach den in den letzten Jahren stetig gestiegenen Fachkräftemangel an. Ursache sei dafür auch – so sahen es viele Beteiligte auf dem Podium – die fehlende Bezahlung in der Ausbildung. Zwar gebe es verschiedene Modelle, die auch eine Bezahlung ermögliche, diese seien aber zu wenig bekannt, erklärte Kai Aagardt, der zudem aus der Beruflichen Schule des Kreises Stormarn zu berichten wusste: „Wir haben derzeit fünf Erzieherklassen und können ohne Probleme noch eine sechste füllen. Wir müssen Anreize schaffen, damit junge Leute wieder gerne die Arbeit in der Kindertagesbetreuung aufnehmen möchten“.

Praxisintegrierte Ausbildung (PiA)

Peter Küpper betonte ebenfalls den Mangel an Fachkräften als größtes Problem aus Sicht der Träger. In vielen von den Johannitern betriebenen Kitas ist die Praxisintegrierte Ausbildung (PiA) möglich, in Bad Oldesloe jedoch fehle die finanzielle Unterstützung durch die Stadt. „Aber ich wünsche mir nicht nur, dass PiA als reale Maßnahme gegen den Fachkräftemangel unterstützt wird, sondern auch, andere Kräfte leichter einstellen zu können“, gab Küpper zu verstehen. Es gebe viele Menschen mit pädagogischer Ausbildung, die nicht immer ins Schema passe. Anträge oder Ausnahmegenehmigungen hierfür seien allerdings große bürokratische Hürden. Zudem wies Peter Küpper darauf hin, dass viele Fachkräfte bald in Rente gingen, junge Fachkräfte dagegen auch Eltern seien. „Diese brauchen selbst angepasste Arbeitszeiten. Dies ist aber schwer umsetzbar, wenn über den gesamten Betreuungstag ein starrer Betreuungsschlüssel angewandt werden muss.“ Daher wünsche sich Peter Küpper eine Änderung der gesetzlichen Grundlage, die sich an einem wöchentlichen Betreuungsschlüssel orientiere.

Überhaupt war die Kitareform von 2020 regelmäßig Gegenstand der Debatte auf und vor dem Podium. So gab es nicht nur verteidigende Positionen, sondern auch Gegenstimmen, insbesondere von Bürgermeister Jörg Lembke, der darin die Ursache für viele Probleme ausmachte, die sich heute zeigten. Neben der gesetzlichen Grundlage spielte aber auch die Finanzierung durch Land, Kommune und Stadt an diesem Abend eine große Rolle. Insbesondere letzteres Thema griff Johannes Albig immer wieder verstärkt auf und betonte, welche Maßnahmen das Land bereits ergreife, erwähnte aber auch geplante Gesetzesänderungen. Er schlussfolgerte an diesem Abend, dass er einige Ideen für die Anpassung des Kindertagesförderungsgesetzes mitnehme, so etwa in Bezug auf die Unsicherheiten über die Förderung der Sachkosten ab dem Jahr 2025.

Konkrete Maßnahmen und Lösungen gewünscht

Viele Stimmen aus dem Publikum bekräftigten den Wunsch aller Beteiligten an die politischen Vertreterinnen und Vertreter, gehört werden zu wollen, dass konkrete Maßnahmen angegangen werden und dass da, wo es möglich ist, Unterstützung angeboten und kommuniziert werde.