Gemeinschaftsunterkunft Jeddeloh I
In der GUK Jeddeloh I betreuen wir Schutzsuchende aus verschiedenen Ländern.
Menschen ein würdiges und begleitetes Ankommen in Deutschland zu bereiten, das ist das Ziel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Jeddeloh I in der Gemeinde Edewecht im Ammerland. Neben dem Hauptsitz kümmern sich die Johanniter auch um Geflüchtete in anderen Unterkünften in der Gemeinde. Für Mobilität sorgt das Team der Fahrrad-Werkstatt, die alle Geflüchteten in der Gemeinde mit reparierten, überholten und verkehrstauglich gemachten Fahrrädern ausstattet.
Unsere Fahrrad-Werkstatt
Schrauben für mehr Mobilität - März 2023
Axel Rulfs zieht die letzte Schraube an. „Fertig“, sagt er und strahlt über das ganze Gesicht. Vor ihm steht ein kleines Kinderfahrrad. Frisch überholt und verkehrssicher ausgestattet wartet es auf einen neuen Besitzer. Jetzt fehlt nur noch der Aufkleber der Polizei der Stadt Oldenburg mit der Registrierungsnummer. Wie jedes andere Fahrrad, das der 46-Jährige fertig gestellt hat, wird auch dieses sorgfältig in ein Buch eintragen. Doch dieses ist ein ganz besonderes Rad: es ist das 3000ste, dass Axel Rulfs in der Fahrradwerkstatt der Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete (GUK) der Gemeinde Edewecht und der Johanniter-Unfall-Hilfe in Jeddeloh aufbereitet und verkehrssicher gemacht hat – alles ehrenamtlich. „Ich habe Zeit und Lust, was zu tun“, sagt der ehemalige Maurer, der aufgrund eines Rückenleidens seinen Beruf aufgeben musste. Helfen liegt dem gebürtigen Auricher im Blut. Früher war er bei der Feuerwehr, doch der kaputte Rücken lässt auch das nicht mehr zu. Als 2015 die Menschen aus Syrien nach Deutschland flüchteten, stieg er bei den Johannitern ein. Von Beginn an baute er eine Fahrradwerkstatt auf. „Mobil sein ist für die Menschen, die bei uns Schutz suchen, enorm wichtig für die gesellschaftliche Teilhabe“, sagt er. Ein Auto können sich die Geflüchteten nicht leisten, der öffentliche Personennahverkehr ist nicht gut genug ausgebaut. Bleibt das Rad. Aber eines zu kaufen ist für jene, die oft mit nichts als ihrer Kleidung am Körper in Deutschland ankommen, nicht möglich. „Viele können noch nicht einmal Radfahren, weil es in ihren Heimatländern nicht üblich ist“, erzählt Axel Rulfs. Deshalb bietet er in Zusammenarbeit mit der Polizei Kurse in Verkehrserziehung an. Dabei wird auch die Verkehrssicherheit der Räder nochmals überprüft. Sicherheit geht vor.
Die Fahrräder werden von Privatleuten und Zweiradgeschäften oder vom Fundbüro der Gemeinde gespendet. Die noch gut in Schuss sind überholt er. Die vollkommen kaputten dienen als Ersatzteillager. „Gebrauchen kann ich eigentlich so gut wie alles.“ Unterstützt wird Axel Rulfs von der Gemeinde Edewecht. Dorthin schickt er regelmäßig Einkaufslisten mit Verschleißteilen, die er nicht aus Wracks ausbauen kann. Die Johanniter selbst kaufen Zubehör ein, zum Beispiel Warnwesten für Kinder. Ganz wichtig ist ihm, die neuen Besitzer der Drahtesel mit in die Verantwortung zu nehmen. Sie müssen die Räder pflegen, sie mit selbst angeschafften Fahrradschlössern sichern und Ersatzteile selbst finanzieren. Falls sie die Gemeinde verlassen, müssen sie das Fahrrad zurückgeben, denn sie werden bei der Polizei auf die Gemeinde registriert. Rein rechtlich ist die Gemeinde Eigentümerin der Fahrräder, ein Verkauf dadurch nicht möglich. „Schließlich geht es darum, mit den Fahrrädern Mobilität zu ermöglichen. Wenn jemand sein Rad nicht mehr braucht oder in eine andere Kommune umzieht, wird es an den nächsten weitergegeben“, erklärt Rulfs.
Ein Problem war das nie, im Gegenteil. „Die meisten unserer Bewohnenden packen selbst in der Fahrradwerkstatt mit an“, berichtet er. Ziel sei es, bei den Geflüchteten Eigeninitiative zu wecken und ihnen zu ermöglichen, ihren Beitrag zu leisten. Beim Werkeln in der Werkstatt im Keller der Gemeinschaftsunterkunft kommen Rulfs und die Geflüchteten auch ins Gespräch miteinander. „Das wird manchmal sehr emotional“, erzählt er. Viele haben bedrückende Dinge erlebt, Trennung von ihren Liebsten, Gewalt, Verfolgung, Folter bis hin zur Tötung von Angehörigen. „Dann lege ich das Werkzeug zur Seite und höre einfach nur zu.“ Für ihn sei das auch immer eine Erinnerung daran, wie gut es uns in Deutschland eigentlich geht. Sagt es und nimmt sich das nächste Fahrrad. Die Nummer 3001.