Überraschungen an der Theke und auf den Tellern
Versorgungsgruppe Wiesmoor muss beim Erlebnis Turnfest stark schwankende Gästezahlen händeln und probiert neue Gerichte aus
Vier Tonnen an fünf Tagen und jede Menge Überraschungen: Der Versorgungstrupp der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) Ortsverband Wiesmoor hat während des Landesturnfestes in Oldenburg am langen Himmelfahrtswochenende alle Kellen voll zu tun. Nicht nur die Johanniter im Dienst wollen verköstigt sein, auch die Gäste im Quartier in der Turnhalle der BBS Haarentor werden teilweise mitversorgt. Dort betreiben die Johanniter eine Unterkunft und dort befindet sich die mobile Küche, angeschlossen an die Schul-Mensa, in der sich die Essensausgabe befindet. Die warmen Mahlzeiten wählen die Turner kostenpflichtig und kurzfristig dazu. Das macht den Einsatz zur Wundertüte. Denn wie viele Menschen jeweils an die Ausgabe kommen, entscheidet sich bei jeder Mahlzeit mit ein paar Stunden Vorlauf neu. Für 120 bis 150 Leute im Schnitt pro Mahlzeit ist geplant worden, die tatsächlichen Zahlen schwanken aber stark. So gab es ein Frühstück mit 160 Teilnehmern, weil viele Turner dabei waren, aber auch schon warme Mahlzeiten mit 80 Leuten, weil nur die ehrenamtlichen Sanitäter der Johanniter das Angebot in Anspruch nahmen. Manchmal kommen die Helfer mit der Essensausgabe kaum nach, dann bleiben sie wieder auf zig Mahlzeiten sitzen. Sieben Leute sorgen für die Verpflegung, am ersten Tag waren sie noch zu sechst.
Umgekehrt hält auch das Küchen-Team für die Gäste und Dienstleistenden Überraschungen bereit. Denn seit Ostern kocht Wiesmoor auch vegetarisch, beziehungsweise vegan. Während des Turnfests testen sie neue Rezepte und wie sie den hungrigen Helfern und Turnern in der Unterkunft schmecken. Meist wird ein vegetarisches Gericht gekocht und dann in einem zweiten Schritt eine Portion davon um Fleisch ergänzt. Manchmal werden direkt zwei Gerichte gekocht, beispielsweise vegetarische Frikadellen und solche aus Fleisch. Beim Reisgericht am Donnerstag hingegen konnte das Hähnchen später hinzugefügt werden. Das Team rechnet im Schnitt mit etwa 15 Prozent vegetarischen Gerichten. Es zeigte sich, dass diese immer stärker angefragt werden.
Die Verpflegungsgruppe Wiesmoor ist eigenständig einsetzbar, kann aber auch zusammen mit der Verpflegungsgruppe Jeverland bis zu 500 Leute versorgen. Maximal arbeiten dann pro Gruppe neun Leute, die für drei warme und eine kalte Mahlzeit am Tag sorgen können.
Der zweite Versorgungstrupp im Regionalverband Weser-Ems, der Ortsverband Jeverland bietet schon länger Gerichte ohne tierische Bestandteile an, Wiesmoor zog dieses Jahr nach – und musste sich erstmal zurechtfinden. Denn keiner im Team ist Vegetarier oder Veganer. Aber nicht nur mit den Gerichten erobern die Wiesmoorer Neuland. Nachhaltigkeit wird großgeschrieben, es gibt neuerdings kein Einweggeschirr mehr. Bis Mitte 2022 wurde biologisches Einweggeschirr verwendet. Das Mehrwegsystem ist gut für die Umwelt, bringt aber logistische Herausforderungen mit sich, denn irgendwie müssen Besteck, Teller und jede Menge Kaffeetassen auch wieder sauber werden. Dafür wurde mit dem Ausbilder-Auto eigens eine mobile Spülmaschine mit nach Oldenburg gebracht. Diese trat der Ortsverband Stedingen an die Wiesmoorer ab, nachdem diese die Spülmaschine immer öfter ausliehen. Hinzu kommt, dass das Mehrweggeschirr schwerer zu transportieren ist, weil es leichter kaputtgeht. „Man muss sein Auto schon gut packen“, sagt Kersten Dluzak, Leiter der Verpflegungsgruppe.
Lebensmittel und Getränke zusammengerechnet hat der Versorgungstrupp des Ortsverbandes Wiesmoor vier Tonnen Verpflegung eingekauft. Mit bis zu 180 Personen pro Mahlzeit rechnet das Team in der Küche. Geleitet wird die Truppe von Kersten Dluzak und Marcel Planteur. Er wird vom erfahrenen Kollegen Dluzak in die Aufgabe eingeführt. Planteur ist angehender Zugführer. Er staunte nicht nur über die Mengen von Lebensmitteln, sondern auch über den Aufwand im Vorfeld. Nicht nur viel Papierkram falle an, auch hätten die Planungen für die Menüs schon vor vier Wochen begonnen. Sieben Leute setzen nun die Planung um, so gut es geht. Denn durch die schwankende Gästezahl wurde der Menüplan durcheinandergewirbelt. Spontanität ist aber kein Problem, in diesem Fall sogar bewusst gefordert. Der Einsatz beim Erlebnis Turnfest wird begleitet von einer Übung mit dem Namen „Sprintender Sebastian“. Darin wurde bewusst darauf verzichtet, konkrete Versorgungszahlen an die Küche zu melden. „Im Ernstfall, zum Beispiel bei einer Evakuierung aufgrund eines Deichbruchs, wird die Zahl der Personen auch nicht drei Tage vorher angekündigt“, erklärt Markus Wedemeyer, Mitglied im Regionalvorstand und Organisator des „Sprintenden Sebastians“. Für Dluzak kein Problem: „Die sieben sind ein eingespieltes Team.“
Das Küchen-Team kocht auch für die Sanitätsteams in den Unfallhilfsstellen im Zentrum, beim Marschweg-Stadion und in den Weser-Ems-Hallen mit. Die Gerichte werden geordert und dann samt Geschirr und Getränken vom Fahrzeug an die Unfallhilfsstellen gebracht. Das ist einfacher als die Sanitäter alle zur Küche zu bringen. Gefragt sind aber nicht nur Kochkünste. Auch Nervennahrung, weiß Dluzak, muss immer bereitliegen: Süßigkeiten, Obst, Kaltgetränke und Kaffee sind rund um die Uhr für alle Dienstleistenden greifbar.