Entlastung für die Retter: Johanniter-Springerpool Rettungsdienst ist gestartet
Zehn Rettungswachen in Niedersachsen Mitte und Südniedersachsen profitieren ab heute vom neuen Springerpool Rettungsdienst. Ist bei ihnen die Personalnot besonders groß, bekommen sie auf kurzem Weg Unterstützung durch neu eingestellte Kollegen.
Im September lief die Einarbeitung, ab dem 1. Oktober geht es richtig los: Weil an vielen der 26 Johanniter-Rettungswachen in Niedersachsen der Fachkräftemangel deutlich zu spüren ist, wird künftig der neue Johanniter-Springerpool-Rettungsdienst für Entlastung sorgen. Eigens dafür eingestellte Mitarbeitende werden im Raum südliches Niedersachsen, von Schwarmstedt bis Göttingen, an zehn Rettungswachen immer dort zum Einsatz kommen, wo die Personalnot gerade besonders groß ist. Gründe dafür gibt es viele: Krankheit und Mutterschutz zählen zu den Hauptfaktoren für ungeplante Ausfälle. Hohe Belastungen im Rettungsdienstalltag, gepaart mit attraktiven Übernahmeangeboten beispielsweise von Krankenhäusern oder den Berufsfeuerwehren, erschweren die Situation zusätzlich.
„Notfallsanitäterinnen und -sanitäter sind nach ihrer dreijährigen Ausbildung hochqualifiziert, vielseitig einsetzbar und damit eine wertvolle Ressource für den gesamten medizinischen Arbeitsmarkt“, sagen Tim Heinrich, Dienststellenleiter der Johanniter in Langenhagen und sein Kollege Helge Vogelsang, Dienststellenleiter im Ortsverband Hildesheim. Aus Erfahrung wissen sie: Nach der Ausbildung steigt bei den Mitarbeitenden durch permanente Belastung die Bereitschaft zu einem Wechsel. Der Krankenstand unter den Mitarbeitenden ist hoch, seit Jahren nimmt die Zahl von unnötigen Bagatelleinsätzen zu, im städtischen Bereich ist die Klientel mitunter schwierig.
Im September traten die ersten Mitarbeitenden (vier Notfallsanitäter und ein Rettungssanitäter) ihre neuen Stellen im Johanniter-Springerpool Rettungsdienst an. Vor ihrem ersten Dienst in einer der zehn Rettungswachen in Einbeck, Garbsen, Göttingen, Hildesheim, Holzminden, Langenhagen, Rethem, Schwarmstedt, Steinhude oder Wunstorf, durchliefen sie eine umfangreiche und mehrwöchige Einarbeitung. Alle müssen mit den jeweiligen Trägervorgaben aus sechs Landkreisen vertraut sein und sie quasi aus dem Schlaf abrufen können. Dazu gehören Kenntnisse zu den verschiedenen Einsatzfahrzeugen und medizinischen Geräten, sowie zu den sich unterscheidenden Standard Operating Procedures, so genannte SOP, die von den jeweiligen Ärztlichen Leiterinnen und Leitern Rettungsdienst in den Städten und Kommunen vorgegeben werden. Ebenfalls nötig ist zusätzliches Wissen z.B. über den Einsatz von Schmerzmitteln. Notfallsanitäter Can Yilmaz, der die neuen Kollegen unterwiesen hat, nennt ein Beispiel: „In manchen Kommunen werden Paracetamol, Nalbuphin und Esketamin eingesetzt, in anderen dürfen auch das unter das Betäubungsmittelgesetz fallende Morphium und Fentanyl genutzt werden. Aber in welcher Dosierung? Und in welcher Kombination mit anderen Medikamenten? Das muss alles sitzen und ist für die neuen Springerpool-Kollegen richtig Futter fürs Hirn.“ Und noch einen Anreiz sieht Can Yilmaz im Springerpool Rettungsdienst: „Die künftigen Arbeitsorte sind zehn individuelle Rettungswachen. Manche groß, andere eher klein. Einige im städtischen Umfeld, andere auf dem Land, einige in Autobahnnähe. Es wird spannend, das zu erleben.“
Flexibilität und Einsatzbereitschaft werden von den neuen Mitarbeitenden gefordert, dafür gehören ein privat nutzbares Dienstfahrzeug und eine monatliche Zulage von mindestens 450 Euro zu den Vorzügen der Anstellung im Springerpool Rettungsdienst. Der Regionalvorstand für Niedersachsen Mitte, Torsten Bierbrauer, sieht in dem Angebot eine entscheidende Weiterentwicklung im Personalrecruiting: „Unserem Auftrag zur rettungsdienstlichen Versorgung der Bevölkerung kommen wir mit unserem wichtigsten Gut nach, mit hochengagierten und topausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. In Zukunft geht es darum, Personalgewinnung und -bindung ‚neu zu denken‘. Als attraktiver Arbeitgeber verbinden wir traditionelle bewährte Konzepte mit neuen Ideen wie beispielsweise dem Springerpool Rettungsdienst.“
Zu den ersten Springerpool-Mitarbeitenden gehört Tobias Hinz (24) aus Hildesheim. Der Notfallsanitäter hat zusätzlich zu seiner Arbeit das Studium „Management in der Gefahrenabwehr“ aufgenommen. Die neue Anstellung bringt ihm einen entscheidenden Vorteil: „Bis vor kurzem war ich bei meinem vorherigen Arbeitgeber noch bundesweit im Einsatz. Jetzt reduziert sich der Radius für mich auf das südliche Niedersachsen. Dadurch werde ich mehr zuhause sein und mich besser auf mein Studium konzentrieren können.“ So geht es auch Fabian Thiele (30), der Sounddesign studiert. Für ihn zählt noch ein weiterer Punkt: „Wir werden bei der Dienstplangestaltung miteinbezogen, können Wünsche äußern. Das wird in meinem Fall Arbeit und Studium vereinbar machen.“ Rettungssanitäter Louis Weiß (22) kennt die Johanniter gut, er hat sich bereits als Jugendlicher ehrenamtlich in Wunstorf bei der Johanniter Jugend engagiert: „Ich war zuletzt in Bayern, wollte aber wieder zurück. Im Springerpool werde ich viele Rettungswachen kennenlernen und Erfahrungen sammeln können. Das wird mir auf meinem weiteren Weg bestimmt helfen.“ Eine ganz andere Motivation hat Notfallsanitäter Carsten Hempel zum Springerpool gebracht. Vor fast 40 Jahren begann er seine Arbeit im Rettungsdienst, zuletzt auf der Johanniter-Rettungswache in Celle: „Mir macht das immer noch Spaß, ich möchte aber etwas Abwechslung.“ Andere Systeme, andere Menschen, andere Wege, dazu ein Auto und etwas mehr Gehalt - für Carsten Hempel kommen mit dem Johanniter-Springerpool Rettungsdienst „viele Benefits zusammen“.
Mehr Informationen zum Johanniter-Springerpool Rettungsdienst gibt es hier: www.johanniter.de/rettungsdienst-nb