Große Johanniter-Übung: 14 Verletzte bei Zugentgleisung
Ehrenamtliche Bevölkerungsschützer trainieren Ernstfall in Klein Mahner
Es sollte eigentlich ein lustiger Zugausflug werden. Dieser endete jedoch jäh in einer Katastrophe. Weil ein Bahnmitarbeiter vergessen hatte, eine Weiche zu stellen, ist ein historischer Zug besetzt mit einer Ausflugsgesellschaft bei Klein Mahner im Landkreis Goslar entgleist. Mitten auf einem Feld mussten plötzlich etliche Schwer- und Leichtverletzte gerettet und medizinisch versorgt werden. Zum Glück war dieses Szenario am letzten Samstag nur eine Übung, in der rund 20 ehrenamtliche Bevölkerungsschutzkräfte der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH) aus dem Regionalverband Harz-Heide den Ernstfall trainierten.
Eine Rettungswagen-Besatzung der Johanniter aus Salzgitter war mit zwei Einsatzkräften die erste, die bei Kälte und Regen nach einem Fußmarsch auf dem Gleisbett mitten auf einem Feld am Unglücksort rund 400 Meter hinter dem Bahnhof von Klein Mahner eintraf. Ein Schwerverletzter lag unter dem Zug im Gleisbett. Auch der Zugführer auf seinem Führerstand war schwerverletzt. Weitere zwölf Menschen, die in dem Zug saßen, brauchten dringend medizinische Hilfe. Schon als die beiden Einsatzkräfte, die mit dem ersten Rettungswagen eingetroffen waren, die Lage sichteten, machten sich weitere Johanniter-Einheiten auf den Weg zum Unglücksort. Aus dem Ortsverband Salzgitter rückten der Gerätewagen Sanität mit Helfern und eine Sanitätsgruppe an. Der Ortsverband Braunschweig machte sich auf den Weg mit einer weiteren Sanitätsgruppe. Zusätzlich unterstützten auch Johanniter aus Uelzen. Während eine Teileinheit eines Behandlungsplatzes von den nachgerückten Salzgitteranern hinter dem Bahnhofsgebäude aufgebaut wurde, startete die Rettung und der Transport der Verletzten. Körperlich fordernd für die Rettungskräfte war der anstrengende Weg auf dem Gleisbett. Die Unglückstelle war nur zu Fuß zu erreichen. Der Transport der Opfer zum Behandlungsplatz wurde so zum wahren Kraftakt, der durch den Regen zusätzlich erschwert wurde. Doch nicht nur körperlich war die Übung eine harte Prüfung, auch eine zusätzliche psychische Belastung mussten die Helferinnen und Helfer aushalten: Um den Stresspegel analog zum Ernstfall zu simulieren, schallten auf dem Weg zur Einsatzstelle aus einer großen Sound-Box Schreie und Geräusche.
„Unser Ziel war es, die Einsatzkräfte auf nicht alltägliche Großschadenslagen vorzubereiten und das zuvor theoretisch vermittelte Wissen aus den vorangegangenen Ausbildungsdiensten nun in der Praxis anwenden zu können“, erklärte Holger Vree, der gemeinsam mit Sarah Pfaffenrath die Übung geplant und geleitet hat. Die beiden Kollegen aus dem Ortsverband Salzgitter haben sich das anspruchsvolle Szenario ausgedacht. „Die Einsatzübung hat aufgezeigt, dass wir im Rahmen der Führungsausbildung „dranbleiben“ müssen. Beide Gruppenführer aus dem OV Salzgitter kommen frisch von der Akademie und es gilt nun, die Einsatztaktik noch zu verfeinern. Im Großen und Ganzen sind wir aber sehr zufrieden über die Leistungen unsere Helferinnen und Helfer. Selbst unter den widrigen Bedingungen mit Kälte und Regen haben unsere Ehrenamtlichen alles gegeben“, zog Sarah Pfaffenrath, die auch das Ehrenamt in Salzgitter leitet, Bilanz.
Über 30 Stunden Vorbereitungszeit steckten in der Ausarbeitung und Planung der Einsatzübung. „Die größte Herausforderung bei der Planung war die Suche nach einem passenden Übungsgelände und auch die Zusage von Statisten für das Szenario“, ergänzte Sarah Pfaffenrath. Unterstützung, was die Darsteller und Beobachter anging, kam unter anderem von der Freiwilligen Feuerwehr Salzgitter-Beinum, der THW Jugend im Ortsverband Salzgitter, der DLRG von der Ortsgruppe Salzgitter-Lebenstedt und privat fanden sich auch noch Menschen, die als Statisten mitmachten.
Regionalvorstand Dirk Gähle war auch bei der Übung als Beobachter mit dabei. Bei der Nachbesprechung war er voll des Lobes: „Es macht mich mächtig stolz, zu sehen, mit welcher Ruhe und Professionalität unsere Helferinnen und Helfer in dieser schwierigen Lage ihre Aufgaben abgearbeitet haben. Wirklich ein reife und realistische Vorstellung!“
Dankbar sind die Johanniter auch darüber, dass die Dampflok 41 096 Gemeinschaft e.V. aus Klein-Mahner so tatkräftig bei der Realisierung geholfen hat. Der Verein, der historische Züge instand setzt und betreibt, stellte auch das Schienengefährt für das Szenario und das Übungsgelände. Da die Unterhaltung der Züge kostenaufwendig ist, freut sich der Verein über Spenden. Weitere Infos gibt es unter www.dg41096.de.