Ein Design, das Leben retten kann
Neue Beklebung auf Rettungsfahrzeugen der Johanniter im Landkreis Celle: Gaffer erwischen sich selbst auf frischer Tat – dank einer Idee und daraus entstandenen Aktion der Johanniter-Unfall-Hilfe und der Kreativagentur Scholz & Friends.
Landrat Axel Flader begutachtete jetzt das neue Aussehen und begrüßt das Engagement.
Wer hat es noch nicht erlebt: Ein Unfall auf der Autobahn und die Rettungsgasse wird nicht richtig gebildet, weil man einen Blick auf den Unfall erhaschen will? Blaulicht und Martinshorn sind zu hören und die Menschen schauen, was passiert ist? Eine Menschentraube auf der Straße entsteht und man möchte wissen, warum? Neugier ist menschlich. Aber Schaulustige, die an Unfallorten das Geschehen beobachten, fotografieren oder filmen, gefährden das Leben der Unfallopfer und manchmal sogar ihr eigenes.
„Gaffen tötet!“ – die Idee
Immer wieder erleben die Rettungskräfte der Johanniter, dass ihre Arbeit durch Schaulustige behindert wird. Die Verbreitung von Smartphones und die Veröffentlichungsmöglichkeiten in den Sozialen Medien haben die Problematik noch verschärft. „Das muss sich ändern, denn oft entscheiden schon wenige Minuten über Leben oder Tod“, so Jörg Lüssem, Mitglied des Bundesvorstandes der Johanniter-Unfall-Hilfe.
Die Johanniter greifen die Idee der Agentur Scholz & Friends auf und setzen diese in einem Pilot-Projekt um. Ziel ist es, Aufmerksamkeit für das brisante Thema „Gaffen am Unfallort“ zu schaffen und diesem durch eine gezielte Gestaltung ganz neu zu begegnen: Mit dem innovativen digitalen Design auf Basis der QR-Code-Technologie, das an Rettungsfahrzeugen oder an der Ausrüstung der Retter angebracht werden kann, sollen Schaulustige, die mit ihrem Smartphone das Geschehen festhalten wollen, davon abgehalten werden. Es löst auf dem Handy der Fotografierenden den automatischen Warnhinweis „Gaffen tötet!“ aus. So soll Gaffern ihre Tat unmittelbar bewusst gemacht und ein Umdenken erreicht werden.
Zwei Rettungsfahrzeuge der Johanniter in Celle wurden jetzt auch mit diesen QR-Codes beklebt. Landrat Axel Flader nahm sie bei einem Termin mit Henning Hamann, dem Rettungswachenleiter Stefan Hauke und seinem Stellvertreter Carsten Rohse in Augenschein. „Ich denke, dass ist ein Problem, auf das die Johanniter mit dieser Beklebung Menschen sehr unmittelbar hinweisen. Daher unterstützt der Landkreis Celle dieses Projekt“, sagt Flader.
Gaffen ist kein Kavaliersdelikt, auch wenn offenbar viele das denken – seit dem 1. Januar 2021 gilt laut Paragraf 201a des Strafgesetzbuches, dass das Fotografieren oder Filmen eines Unfalls mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belangt werden kann.
Von der Idee zur Umsetzung
Die Idee wird an 22 Standorten der Johanniter deutschlandweit in einem Pilot-Projekt getestet. Der Standort Celle ist der einzige im Landesverband Niedersachsen/Bremen. Dienststellenleiter des Johanniter-Ortsverbands Celle, Henning Hamann, bekräftigt: „Gaffer stellen im Rettungsdienst ein großes Problem dar. Wir sind dankbar, dass mit dieser Aktion die Thematik aufgegriffen wird und sie dadurch eine hohe Aufmerksamkeit erzielt.“
Christoph Schlossnikel und Ramona Junggeburth, Kreativdirektoren der Berliner Agentur Scholz & Friends: „Kreativität hat die Kraft, echte Probleme zu lösen. Wir freuen uns, die Johanniter-Unfall-Hilfe bei einem so dringlichen Problem zu unterstützen. Durch das innovative digitale Tarnmuster erwischen sich Gaffende direkt selbst auf frischer Tat.“
Die Johanniter testen die Verwendung des aufmerksamkeitsstarken Designs auf Fahrzeugen und Ausrüstung in ihren Rettungsdiensten, sammeln Erfahrungen, wie effektvoll das Pilot-Projekt ist und wie es in die Breite getragen werden kann, auch über die eigene Organisation hinaus.
Weitere Infos zum Projekt finden Interessierte auf der Internetseite www.gaffen-toetet.de.