Windenrettung: Wenn der Bedarfsfall eintritt, sind wir bereit
Johanniter Luftrettung stattet ihre Hubschrauber mit Windenhalterungen aus und schult fliegerisches Personal
Die Johanniter Luftrettung verfügt aktuell über zwei Windentypen für alle Flugmuster. Sie werden regelhaft am Nürburgring in Rheinland-Pfalz und am Flugplatz Reichelsheim, in der hessischen Wetterau, vorgehalten. Für die Zukunft ist geplant, alle kommenden Maschinen mit Windenhalterungen auszustatten.
Die Johanniter Luftrettung hat sich bereits vor Längerem dazu entschlossen, die Windenrettung in ihr Leistungsportfolio aufzunehmen. Nicht erst aus den Erfahrungen der schrecklichen Flutkatastrophe im letzten Jahr. Die Ereignisse im Ahrtal, als die Johanniter Luftrettung mit einem ihrer Hubschrauber mithilfe von Seilen Menschen aus den Fluten gezogen und von Dächern gerettet hatte, untermauerten die Entscheidung. „Als wir unsere beiden neuen Maschinen vom Typ H 145 vor zwei Jahren bei Airbus Helicopters bestellt haben, ließen wir die Hubschrauber direkt mit Windenhalterungen ausstatten. Auch einen Teil unserer Flotte haben wir inzwischen mit Halterungen nachgerüstet. Wir müssen leider davon ausgehen, dass es in Zukunft vermehrt Wetterereignisse geben wird, die zu Hochwassern und Überflutungssituationen führen. Aber auch Unfälle oder medizinische Notfälle in großer Höhe sind denkbar, wie zum Beispiel auf Windrädern, Kränen oder hohen Baugerüsten. Die Einsatzmöglichkeiten der Winde sind vielfältig. Wenn wir in so einem Fall gebraucht werden, sind wir an jedem unserer Standorte in Deutschland in der Lage, Windenrettung durchzuführen“, erklärt Oliver Meermann, Landesvorstand und Geschäftsführer der Johanniter Luftrettung. „Als unsere Crew im Ahrtal die Menschen in Lebensgefahr sah, hat sie, allen voran natürlich der Pilot als Verantwortlicher für die Sicherheit von Crew und Maschine, entschieden, dass sie eingreifen müssen, um Menschen vor den tödlichen Fluten zu retten. Sie haben es einfach gemacht. Sollte es zu solch einer Situation erneut kommen, kann man uns anfordern, dann wird die Winde an den Hubschrauber montiert und wir gehen mit professioneller Ausrüstung und geschultem Personal in den Einsatz. Dabei muss niemand Bedenken haben, dass wir deswegen unserer Beauftragung bzw. unseren vertraglichen Pflichten im Rettungsdienst und im Intensivtransport nicht mehr nachkommen. Wir verfügen über einen Hubschrauberpool und können jederzeit eine unserer Ersatzmaschinen aktivieren und in den Einsatz schicken“, fügt Frank Zabell, Geschäftsführer der Johanniter Luftrettung und selbst Pilot, hinzu. Die beiden Windentypen der Johanniter Luftrettung können an jedem Modell der Flotte angebracht werden. Die beiden modernsten Maschinen vom Typ H 145 D3, die in der Regel am Standort Gießen im Einsatz sind, verfügen über einen eigenen Windentyp. Der zweite Windentyp kann an den Hubschraubertyp AS 365 N3 sowie an die größte Maschine der Flotte, die H 155, montiert werden. Dieser Windentyp wird regelhaft an der Luftrettungsstation am Nürburgring vorgehalten. Die Montage dauert etwa 30 Minuten, dann ist der Hubschrauber einsatzbereit. „Wir tauschen unsere Maschinen regelmäßig durch. Daher kann man auch nicht sagen, welche Maschine in der Regel die Windenrettung durchführen würde, und welche in keinem Fall. Aus diesem Grund ist es uns auch so wichtig, alle Maschinen mit Windenhalterungen zu versehen, um im Bedarfsfall handeln zu können“, führt Meermann weiter aus.
Die Crews trainieren den Umgang mit der neuen Technik am Flugplatz Reichelsheim (Wetterau). Hier befinden sich die Luftrettungsstation sowie der Standort von Christoph Mittelhessen; und hier ist auch der Operator der Johanniter Luftrettung, die Heli-Flight GmbH & Co. KG, beheimatet. In der örtlichen Werft werden die Hubschrauber gewartet und repariert, da lag es nahe, die Windentrainings mit den Ersatzmaschinen vor Ort zu trainieren. „Im Umgang mit der Winde ist die Herausforderung für die Crew, dass der Pilot bei einem Windeneinsatz die Einsatzstelle, über der er schwebt, selbst nicht sehen kann. Daher sind bei der Windenrettung Zusammenspiel und Kommunikation der Crewmitglieder das Anspruchsvollste und Wichtigste. Auch standardisierte Einsprechverfahren und der sichere Umgang mit der persönlichen Schutzausrüstung sind ein wichtiger Bestandteil in der Ausbildung zum HEMS-TC mit Zusatzqualifikation Winde (Technical Crew Helicopter Hoist Operator, kurz TC-HHO). Der TC-HHO agiert an der geöffneten Seitentür des Hubschraubers als Auge des Piloten und kommuniziert so die richtige Position des Hubschraubers, um Personen punktgenau ab- bzw. aufzuwinschen, also mit der Seilwinde abzulassen und wieder hochzuziehen. Wer bereits HEMS-TC, also Helicopter Emergency Medical Services Technical Crew Member (medizinisch-technisches Hubschrauber-Besatzungsmitglied) ist und sich zum TC-HHO weiterqualifizieren möchte, sollte absolut schwindelfrei sein: Die Arbeitshöhe kann bis zu 90 Meter über Grund betragen“, erklärt Heiko Magel, TC-HHO bei der Johanniter Luftrettung.
Die Johanniter Luftrettung ist an den Standorten Gießen, Reichelsheim (Wetterau), Nürburgring und Rostock im Einsatz. In Gießen fliegt sie im Dual-Use-System, das heißt, dass sie vom Land Hessen neben Intensivtransporten auch für primäre Rettungseinsätze beauftragt ist. Der Hubschrauber Christoph Gießen ist der einzige Hubschrauber in Hessen, der im 24-Stunden-Betrieb, und somit auch nachts, fliegt. Auch der in Mecklenburg-Vorpommern stationierte Christoph Rostock kann rund um die Uhr in den Einsatz gehen. Die Hubschrauber in Mittelhessen und am Nürburgring fliegen von 9 bis 21 Uhr, beziehungsweise am fliegerischen Tag.