Vom Geflüchteten zum Helfer

Dr. Mehmet Ehliz ist hauptberuflich Kinderarzt, der aktuell auf dem Gebiet der Kinderneurologie arbeitet und sich weiterbildet. Er ist auch Familienvater und selbst Geflüchteter. Vor vier Jahren floh er mit seiner Familie aus der Türkei, da ihm dort eine politische Verfolgung drohte. Er wohnte selbst einige Zeit mit seiner Familie in Not- und Gemeinschaftsunterkünften. Er weiß, wie es ist, auf engstem Raum ohne Privatsphäre in einem fremden Land zu leben. Er kennt die Ängste, in einem neuen Land anzukommen. Er kennt die Sorgen, nicht zu wissen, wie es weitergeht.

Dr. Ehliz ist nun seit vier Jahren in Deutschland. Er liebt seinen Beruf als Mediziner, den er heute auch in Deutschland ausübt. Er spricht mittlerweile fließend deutsch. Seine eigene Fluchterfahrung hat ihn jedoch geprägt. Er weiß, wie schwer es für geflüchtete Menschen in einem neuen Land ist. „Ich bin Mediziner geworden, weil ich helfen will. Anderen zu helfen, macht mich glücklich und froh. Durch meinen Beruf habe ich Vorteile, die ich mit den Menschen teilen möchte, denen es gerade schlecht geht“, beschreibt Dr. Ehliz sein Engagement in der Flüchtlingshilfe. Aufgrund der aktuellen Situation nehmen Ärzte nur begrenzt oder keine neuen Patienten auf, es gibt kaum Termine für geflüchtete Menschen oder sehr lange Wartezeiten. Doch der Bedarf an medizinischen Untersuchen ist auch in der Flüchtlingshilfe groß.

Seit über einem halben Jahr unterstützt Dr. Mehmet Ehliz uns in einer großen Notunterkunft. Einmal im Monat führt er speziell für die Bewohnerinnen und Bewohner medizinische Untersuchungen durch. Dazu gehören vor allem Untersuchungen, die für die Aufnahme in Kindergarten und Schule notwendig sind, wie Impfungen oder U-Untersuchungen.  Auch allgemeine Untersuchungen für Erwachsene führt der 40-jährige durch: „Ich versuche mit der Begrüßung in der Landessprache das Eis zu brechen. Es ist ein Zeichen von ‚Du bist willkommen‘ und soll das Vertrauen fördern. Ich selbst spreche Englisch, etwas Arabisch und Kurdisch.“ Voller Empathie geht Dr. Mehmet Ehliz auf die Patienten ein, wohl wissend, dass nicht alle ihre Probleme und Sorgen erklären können. Dass nicht jeder sich selbst helfen kann. Daher schaut er genau hin. 

"Ich kann die Unsicherheit von Bewohnerinnen und Bewohnern einer Notunterkunft gut verstehen und nachfühlen. Mit meinem Einsatz möchte ich etwas zurückgeben", so Dr. Ehliz.

„Die häufigsten Probleme sind psychischer Natur. Oft treten die Symptome erst zeitversetzt auf, wenn die Menschen schon einige Wochen in der Notunterkunft sind. Die Flucht, das Verlassen der Heimat, das Zurücklassen der Familie oder auch die ungewisse Zukunft sind wichtige Faktoren dabei. Ich selbst kann derzeit nicht mehr zurück in die Türkei. Nicht einmal für einen kurzen Besuch. Das macht auch wehmütig“, weiß der bescheidene Arzt. Des Weiteren begegnen Dr. Ehliz häufig Diabetes, Bluthochdruck oder auch Epilepsie bei seinen Untersuchungen. „Teilweise wussten die Menschen noch rein gar nichts über ihre zum Teil schweren Erkrankungen“, berichtet Dr. Ehliz weiter. In Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt und den Sozialberatern der Notunterkunft werden die Fälle entsprechend versorgt. „Ich bin dankbar, in Deutschland zu sein. Ich bin vor allem auch dankbar, dass meine Kinder hier in Freiheit und Unabhängigkeit aufwachsen dürfen“, betont Dr. Mehmet Ehilz.

Auch die Bewohnerinnen und Bewohner der Notunterkunft sind sehr dankbar für die Möglichkeit, auf so kurzem Weg medizinisch versorgt zu werden. Das Angebot wird derzeit ausgeweitet und auch anderen Flüchtlingsunterkünften in Stuttgart angeboten. Dr. Ehliz' Engagement zeigt, dass selbst in Zeiten begrenzter Ressourcen Mitgefühl und professionelle Hilfe einen bedeutenden Unterschied machen können.

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