20.12.2022 | Landesverband Baden-Württemberg

Trauernde nicht alleine lassen an Heiligabend

Die Johanniter geben Empfehlungen, was Trauernde selbst tun können und wie man mit Angehörigen in Trauer Weihnachten feiern kann.

Wenn in den Wochen vor Weihnachten eine geliebte Person verstorben ist, führt das bei den Hinterbliebenen zu großer Einsamkeit und Unsicherheit.

Geliebte Rituale beibehalten

Markus Sonntag, Fachberater der Johanniter für die Begleitung von Menschen in Trauer, gibt Empfehlungen, was Trauernde selbst tun können und wie man mit Angehörigen in Trauer Weihnachten feiern kann. „Weihnachten ist das Fest der Liebe und wenn dann der Partner, die Oma oder der Opa fehlen, ist es besonders traurig.“ Manchmal ist dann das Gefühl bei Trauernden da, dass es sich gar nicht lohnt, Weihnachten zu feiern und es fehlt die Kraft für die Vorbereitung. Geliebte Rituale, wie das gemeinsame Kartoffelsalat essen oder Christbaum schmücken, können außerdem nicht mehr wie in den Jahren zuvor gelebt werden. „Das ist mein wichtigster Tipp: Machen Sie Ihre Rituale so gut wie es geht weiter“, sagt Sonntag. Es müsse dann auch nicht der große Weihnachtsbaum sein, es können auch in diesem Jahr nur ein Zweig und eine Kerze sein. „Die Rituale geben Sicherheit und Trost. Wenn man sie ganz weglässt, fühlt es sich noch einsamer an“, so der Experte. 

Ein Foto auf den Platz des Verstorbenen stellen

Damit die verstorbene Person symbolisch an Weihnachten mit dabei ist, können Trauernde oder Familien ein Foto auf den ehemaligen Stammplatz stellen. „Das ist auch für Familien mit Kindern eine gute Idee.“ Wer mag, könne auch Fotos oder Erinnerungen auf kleinen Zetteln an den Weihnachtsbaum hängen.

Gang auf den Friedhof? Besser nicht alleine

Für manche Menschen in Trauer sind der Friedhof und das Grab ein tröstlicher Ort. Wer es so empfindet, kann ruhig auch an Heiligabend zum Grab gehen und eine Kerze mitbringen. „Wenn man alleine geht, kann es furchtbar traurig machen und danach kommt man noch einsamer nach Hause. Besser ist es, mit Angehörigen oder den Nachbarn zusammen dorthin gehen“, lautet die Empfehlung der Johanniter.

Weihnachten alleine feiern? Gerne Einladungen annehmen und aussprechen

„Dieses Jahr lass ich Weihnachten ausfallen“, sagen Betroffene manchmal. Sie scheuen sich, Einladungen zum Heiligabend von Angehörigen oder Freunden anzunehmen, wollen niemanden mit ihrer Trauer zu Last fallen. „Meine Empfehlung ist: Einladungen immer gerne annehmen und auch gerne Einladungen aussprechen und dann hartnäckig bleiben“, beschreibt Markus Sonntag. „Wenn Oma oder Opa nicht kommen wollen, nachmittags vorbeifahren und sagen, komm, zieh Dir was Gutes an, wir fahren auf den Friedhof. Und dann klappt es auch meistens mit dem Heiligabend“. Niemand sollte Weihnachten unfreiwillig alleine feiern. „Nicht jeder hat Angehörige. Denken Sie an Ihre Nachbarn oder Bekannte in Trauer, laden Sie sie ein, wenn es geht“, appelliert der Trauerbegleiter der Johanniter. Viele Kirchengemeinden oder Städte bieten auch Feiern am Heiligabend an, zu denen jeder eingeladen ist.

Wenn jüngere Menschen sterben

Nicht immer sind die Verstorbenen alt. Auch Familienväter oder -mütter und Kinder können sterben. Das reißt ein besonders schlimmes Loch in die Familie und stellt ohnehin alles auf den Kopf. Rückt dann noch der Heiligabend näher, ist die Belastung sehr hoch. „Es ist klar, dass hier auf alle eine sehr schwere Aufgabe zukommt. Meine Erfahrung ist, lieber nicht zu sagen: Weihnachten wird ganz schlimm. Weil ja, es wird sicher schlimm, aber es ist sehr wichtig, Weihnachten trotzdem durchzuziehen“, berichtet Markus Sonntag von seinen Erfahrungen mit Familien in Trauer. Und für das Umfeld gelte, was immer für den Umgang mit Trauernden gilt: „Bitte belassen Sie es nicht bei einer Karte mit den üblichen Floskeln, dass die Familie stark sein muss zum Beispiel. Handeln Sie: Denken Sie nicht lange nach, welche Worte man wählen kann. Gehen Sie hin und bleiben Sie da. Alles andere ergibt sich dann.“ Menschen in Trauer fühlten sich laut Sonntag oft als Aussätzige, hier sei es besonders wichtig, so weit wie möglich etwas Normalität in deren Alltag zu bringen, zum Beispiel durch gemeinsames Kochen und Essen.

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Markus Sonntag ist Fachberater Psychosoziale Notfallversorgung im Regionalverband Oberschwaben/Bodensee. Er ist als ehrenamtlicher Mitarbeiter Teil von einem Team, das Menschen in akuter Not und Trauer zum Beispiel nach Unfällen beisteht. Er hat schon oft erlebt, dass ältere Menschen oder auch jüngere Familienangehörige zum Beispiel durch einen Unfall in der Zeit vor Weihnachten sterben und berichtet, dass häufig direkt nach dem Todesfall die Frage bei den Hinterbliebenen aufkommt, wie man nun überhaupt Weihnachten feiern könne. Seine Erfahrungen und auch Ideen der trauernden Familien hat er in diesen Text einfließen lassen.