17.04.2023 | Landesverband Baden-Württemberg

Nur traurig oder schon depressiv?

Panikgefühle, zittrige Knie, verringerter Appetit: Depressionen haben viele Gesichter, welche die Betroffenen häufig selbst nicht einem bestimmten Krankheitsbild zuordnen können. Anzeichen, die auf eine behandlungsbedürftige Depression hinweisen.

Depressionen sind in westlichen Gesellschaften zu einer Art Volkskrankheit geworden. In Deutschland scheint vor allem der Südwesten betroffen: Baden-Württemberg verzeichnet nach Angaben der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) den bundesweit drastischsten Anstieg von erneut an einer Depression erkrankten Menschen. So wuchs die Diagnose der rezidivierenden Depression zwischen 2011 und 2021 um 112 Prozent – ein Anstieg um mehr als das Doppelte und der höchste Wert unter den Bundesländern. *

Hoher Leidensdruck

Nicht allein die steigenden Zahlen unterstreichen die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose: „Der Leidensdruck bei den Betroffenen ist immens und es dauert häufig lange, bis sie adäquate Hilfe erhalten“, betont Jens Zabke, Regionalverbandsarzt bei der Johanniter-Unfall-Hilfe. Dabei gibt es einige psychische und physische Symptome, die auf eine depressive Erkrankung hinweisen.

Psychische Symptome einer Depression:

  • Antriebs- sowie Freudlosigkeit
  • schlechte Konzentrationsfähigkeit
  • geringes Selbstwertgefühl
  • sexuelle Unlust
  • Schuldgefühle
  • Angstzustände

„Im körperlichen Bereich dominieren unter anderem Signale wie Herzrasen, Schwindel, Beklemmungsgefühle und verringerter Appetit“, berichtet Zabke.

Unterschied zwischen „Schlecht-Drauf-Sein“ und Depression

Wichtig ist darüber hinaus die Unterscheidung zwischen der normalen Reaktion auf ein Lebensereignis – zum Beispiel den Verlust eines Angehörigen – und einer klinischen Depression. „Die Symptome müssen mindestens über einen Zeitraum von zwei Wochen auftreten“, sagt der Experte. So helfe es sich zu fragen, ob man nur an einzelnen Tagen Motivationsprobleme habe oder sich gar nicht mehr aufraffen könne, die Couch zu verlassen.

Nicht zuletzt ist der Abgleich mit der Persönlichkeit ein wichtiger Indikator: Ist der Betroffene schon immer eher introvertiert oder hat sich sein Verhalten deutlich verändert?

Was können Angehörige tun, wenn sie bei einem nahestehenden Menschen den Verdacht auf eine Depression haben?

Grundsätzlich gilt, dass Depressionen unbedingt medizinisch – psychotherapeutisch und manchmal auch medikamentös – behandelt werden müssen. „Der erste Ansprechpartner ist immer der Hausarzt, der bei Bedarf zum Facharzt überweist“, erläutert Zabke. Menschen, die sich um ihre Angehörigen sorgen, sollten daher keinesfalls versuchen, die Betroffenen selbst zu therapieren: „Ermuntern Sie Ihre Liebsten unbedingt, fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen“, rät der Arzt. „Aufforderungen wie ‚reiß Dich mal zusammen‘ oder ‚stell Dich nicht so an‘ sind schädlich und sollten vermieden werden, da es sich um eine ernsthafte Erkrankung handelt.“

Außerdem sei es wichtig, die Erkrankung ernst zu nehmen, ohne sie zu dramatisieren: „Depressiven Menschen hilft es sehr, wenn sie sich in ihrer Verzweiflung zwar angenommen fühlen, man ihnen aber trotzdem mit Zuversicht begegnet“. Denn: rechtzeitig erkannt und professionell therapiert, haben Depressionen eine gute Prognose.

Für die Betroffenen da sein

Manchmal helfen auch kleinere Aktivitäten wie ein Spaziergang an der frischen Luft oder gemeinsames Kochen. Dabei dürfe man sich selbst nicht vergessen: „Depressions-Patient*innen können sehr zurückweisend sein“, erklärt Zabke, „es ist wichtig, dies immer der Krankheit zuzuschreiben und Kränkungen nicht persönlich zu nehmen.“

Sie haben den Verdacht, dass Sie selbst oder eine Ihnen nahestehende Person an Depressionen leidet? Erste Hilfe finden Sie beim Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe: 0800/33 44 533.

*Immer mehr Menschen mit Depressionen. (n.d.). www.kkh.de.https://www.kkh.de/presse/pressemeldungen/kkhdepressionen (10.02.2023)