„Wir dürfen Trauernde nicht vergessen – gerade jetzt“
Das Trauerzentrum Lacrima und der Round Table unterstützen trauernde Kinder aus der Ferne – Jeder kann etwas tun
Corona verändert vieles. Auch für das oberfränkische Trauerzentrum Lacrima, das Kinder und Jugendliche begleitet, die ein Eltern- oder Geschwisterteil verloren haben. Die regelmäßigen Gruppenstunden mit den ehrenamtlichen Trauerbegleitern in Bayreuth, Kulmbach und Reckendorf bei Bamberg können aufgrund der Pandemie derzeit nicht stattfinden. Dabei wäre gerade in diesen Zeiten die Unterstützung durch Lacrima besonders wichtig: „Die Kinder und Eltern, die zu Lacrima kommen, haben in der Regel besonders schwierige Trauerfälle zu bewältigen. Zum Beispiel, wenn ein Elternteil Suizid begeht oder wenn ein Geschwisterkind stirbt und die Eltern mit sich selbst genug zu tun haben“, erzählt Vera Swaris, Leiterin von Lacrima bei den oberfränkischen Johannitern.
In diesen Situationen hilft das Team von Lacrima als Anker, um Stabilität zu finden und auch um Kontakt zu anderen Betroffenen zu vermitteln. Und dieser Anker fällt nun weg. „Durch Corona und die damit einhergehenden Kontakt- und Versammlungsverbote kommt jetzt noch hinzu, dass die Kinder extrem darunter leiden, dass sie sich nicht verabschieden konnten, weil keine richtige Beerdigung stattfinden konnte oder die Urne erst viel später beigesetzt wurde“, erklärt Vera Swaris. „Durch die Schließung von Schule oder Kindergarten sind zudem Strukturen weggefallen, die Ablenkung und Halt gegeben hätten. Die Kinder sind so die meiste Zeit mit ihren ebenso schwer traumatisierten Familienmitgliedern allein.“
Wie können wir trotzdem helfen? Diese Frage hat die Ehrenamtlichen von Lacrima beschäftigt und aktiv werden lassen. Statt Gruppenstunden zu halten, werden nun Päckchen gepackt: „Wir verschicken jetzt Projektkisten an die betroffenen Familien mit thematisch geeigneten Bastelprojekten, mit Geschenken, Texten, Kerzen und Bildern für die ganze Familie, die der Seele guttun“, so die Lacrima-Leiterin. Kinder und Eltern sollen mit den Päckchen dazu angeregt werden, gemeinsam zu basteln und vor allem auch über die Trauer zu sprechen. Das lässt die Hinterbliebenen in der Trauer näher zusammenrücken und gibt ihnen etwas an die Hand, um den Verlust zu verarbeiten.
In gemeinsamen Lacrima-Videotreffen können die Kinder dann erzählen und zeigen, was aus dem Inhalt der Pakete geworden ist. Und auch für die betroffenen Eltern organisieren die ehrenamtlichen Trauerbegleiter Videochats, damit diese sich mit Gleichgesinnten weiterhin austauschen können. „Gerade, weil viele persönliche Treffen nun wegfallen, ist der Redebedarf sehr hoch. Es fehlen Gesten der Zuwendung, Gespräche, herzlicher Kontakt und auch Interesse. Wir dürfen die Trauernden nicht vergessen – gerade jetzt“, so Vera Swaris.
Von dieser Idee hat sich auch der Round Table 98 Bayreuth begeistern lassen. Der Service-Club finanziert die Pakete für die Lacrima-Kinder in und um Bayreuth. „Das hilft uns und vor allem natürlich den betroffenen Familien sehr“, freut sich Vera Swaris. Das Projekt Lacrima ist auf Spenden angewiesen, da die Angebote für die Kinder und ihre Familien kostenfrei sind und auch bleiben sollen. „Wenn ein Elternteil verstirbt, bringt das oft auch finanzielle Probleme mit sich. Und in Corona-Zeiten ist der Druck in vielen Familien besonders hoch.“
Deswegen ist es dem Team von Lacrima ein besonderes Anliegen, auch andere Menschen für das Thema Trauer zu sensibilisieren – vor allem in diesen Zeiten: „Jeder kann etwas tun! Wenn Sie betroffene Familien kennen, dann rufen Sie ab und zu mal an, stellen Sie Blumen oder Kuchen vor die Tür, bieten Sie Hilfe an. Bleiben Sie aber auf jeden Fall in Kontakt. Stellen Sie Fragen: Wie geht es dir heute? Wie war die letzte Woche? Gibt es etwas, das ich für euch tun kann? Und dann hören Sie einfach zu. Jeder kleine herzliche Kontakt erzeugt Wärme, Hoffnung und Vertrauen, dass es irgendwann wieder leichter werden wird.“