„Ich brauche noch Zeit“
Personalwerbung im Ausland: In der Bamberger Johanniter-Kita Biberbande gehört seit einigen Monaten eine italienische Pädagogin zum Team
„Natürlich habe ich ein bisschen Heimweh, das ist normal. Aber ich würde gerne in Deutschland bleiben“: Milvia Vecchi gehört seit vergangenem Herbst zum Team der Bamberger Johanniter-Kita Biberbande auf der Erba-Insel. Die 26-jährige Italienerin hat in ihrer Heimat Pädagogik studiert und auch bereits Berufserfahrung als Erzieherin. In Deutschland kann sie erst einmal nur als Ergänzungskraft eingesetzt werden. Doch der Fachkräftemangel macht es nötig, auch ungewöhnliche Wege zu gehen. „Der Kontakt zu Milvia entstand über ein europäisches Austauschprogramm für junge Arbeitnehmer. Die Ausschreibung und Vorauswahl hat eine Agentur in Italien übernommen, wir haben die Kandidaten dann bei Bewerbungsgesprächen in Italien das erste Mal persönlich kennengelernt“, erzählt Markus Sperling, Sachgebietsleiter Kinder- und Jugendhilfe bei den oberfränkischen Johannitern.
Inzwischen hat sich Milvia in Bamberg und in der Biberbande eingelebt. „Milvia passt gut zu uns. Sie ist offen, geht liebevoll mit den Kindern um und ich kann sie aufgrund ihrer Qualifikation sowohl in der Krippe als auch im Kindergarten einsetzen“, freut sich Kerstin Kolb, Leiterin der Biberbande und damit zuständig für insgesamt 82 Kinder. Doch der Betreuungsbedarf ist deutlich höher als bei einheimischen Arbeitskräften: „Man sollte das nicht unterschätzen. Gerade in der Anfangszeit brauchen Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland viel Hilfe, zum Beispiel bei der Wohnungssuche oder beim Kontakt mit Ämtern. Und auch die Arbeitsweise in der Kita ist bei uns etwas anders als in Italien.“ Das Biberbanden-Team hat sich ins Zeug gelegt, um der neuen Kollegin das Ankommen zu erleichtern: „Neben Teamevents haben wir uns auch in unserer Freizeit mit Milvia getroffen, um ihr beim Einleben zu helfen“.
Höchste Hürde, um in einem anderen Land Fuß zu fassen, ist die Sprache. Milvia ist da auf einem guten Weg: Einen sechsmonatigen Deutschkurs hat die 26-Jährige bereits vor ihrer Ankunft besucht, dazu kamen noch einmal drei Monate Deutschunterricht in Bamberg. Inzwischen läuft es mit der neuen Sprache ganz gut, „aber ich brauche noch Zeit und lerne täglich neue Wörter, speziell auch im Arbeitsumfeld“, erzählt die Italienerin aus Pescara. Gründe für ihren mutigen Schritt nach Deutschland hat sie mehrere: „Ich wollte Arbeitserfahrung im Ausland sammeln, eine neue Sprache lernen und andere Traditionen und Kulturen kennenlernen.“ Dazu kommt die Situation auf dem italienischen Arbeitsmarkt. Die Arbeitslöhne sind niedrig, unbefristete Verträge nicht die Regel und Stellen für Fachkräfte rar gesät. Milvia findet, dass die Kitas in Deutschland freier sind, in dem, was sie mit den Kindern machen, in den Projekten und Angeboten. Sie lernt viel Neues. Doch das geht auch den kleinen Bibern und dem Team so. „Auch wir bekommen neue Denkanstöße. Das interkulturelle Verständnis in der Einrichtung, bei Kindern, Team und Eltern wird gefördert“, findet Kerstin Kolb.
Bis die 26-jährige Italienerin hier als anerkannte Fachkraft arbeiten kann, wird noch etwas Zeit vergehen. Sie muss weiter Berufserfahrung in der deutschen Kita sammeln sowie einige Fortbildungen entsprechend dem Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan absolvieren. Ob für die oberfränkischen Johanniter-Kitas weitere Mitarbeitende aus anderen Länder akquiriert werden, ist offen. Markus Sperling hält die Akquise von Fachkräften auch über Ländergrenzen hinweg zwar für notwendig, um den Arbeitskräftemangel in Deutschland zu bewältigen. Doch der Aufwand muss sich auch lohnen: „Ich bin ein Fan solcher Programme, doch der Erfolg ist stark abhängig von der Initiative und dem Engagement der Bewerber und auch von unseren Mitarbeitenden. Nicht jeder der bei den Gesprächen in Italien Interesse gezeigt hat, kommt dann wirklich, und auch nicht jeder hält durch, wenn er mal da ist. Dazu kommen Kosten zum Beispiel für die Reise und vor allem auch für Weiterbildungen, um die Bewerber fit für unser Kindergartensystem zu machen“, erklärt der Sachgebietsleiter. Und Milvia? Wie sieht sie ihre Zukunft? „Ich bin sehr hoffnungsvoll, dass ich es schaffe und hierbleiben werde!“