16.11.2020 | Regionalgeschäftsstelle Nürnberg

„Der weint ja gar nicht…“

Trauerbegleitung der Johanniter für Kinder und Jugendliche

Seit 2012 gibt es bei den Johannitern in Mittelfranken das Angebot Lacrima – Zentrum für trauernde Kinder. Mit Ursula Gubo, Sozialpädagogin (FH) konnte von Beginn an eine starke Ansprechpartnerin gefunden werden. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Dienst Lacrima in ganz Mittelfranken bekannt zu machen, egal ob durch Vorträge und Seminare zum Thema Kindertrauer für die verschiedensten Institutionen, oder als wichtige Beraterin für betroffene Familien.
 

 Derzeit gibt es für Betroffene in Ansbach, Nürnberg, Fürth und Schwabach je eine Kindergruppe und in Nürnberg zwei Jugendgruppen sowie eine Gruppe für junge Erwachsene (18-30 Jahre). 


Ursula Gubo ist nicht nur als Sachgebietsleiterin für Lacrima bei den Johannitern zuständig. In ihrer Freizeit arbeitet sie mit bei Kony e.V., ein Verein, der verwaiste Eltern begleitet. Ihre Ausbildung zum Lebens- und Trauerbegleiter hat sie bei Dr. Jorgos Canacakis absolviert.

Für die spezielle Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nahm sie an der Ausbildung, die Lacrima in München durchführt, teil. 


Frau Gubo, wie kamen Sie dazu Trauerbegleiter, speziell für Kinder und Jugendliche, zu werden?

Auf der Trauerausbildung bei Dr. Canacakis lernte ich Tobias Rilling kennen. Er hat Lacrima München ins Leben gerufen und leitet es seitdem. Er erzählte mir von seiner Arbeit und mir war sofort klar, dass ich diese Arbeit auch machen möchte.


Was beeindruckt Sie am meisten bei Ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen?

Die Tiefe ihrer Gedanken, ihre Vorstellungen vom Jenseits. Ein Mädchen sagte uns, sie glaube, wenn man stirbt, würden die Verstorbenen um das Bett stehen und einen abholen.

Ich finde das ist eine wunderschöne Vorstellung.

Kinder sind auch viel unverfälschter und noch nicht so gefangen in dem wie „man“ sich zu verhalten hat. Sie zeigen Ihre Gefühle und Stimmungen, auch Wut und Erleichterung, was wir Erwachsene uns nicht mehr trauen oder nicht mehr zugestehen.


Können Sie an einem Beispiel sagen, wie sich die Arbeit von Lacrima positiv auf die Betroffenen auswirkt?

Wenn die Kinder und die Erwachsenen aus ihrer Erstarrung erwachen, wenn die Kinder wieder fröhlich lachen, wenn die Mütter sich wieder bunt anziehen und ihre Haare färben. Einfach wenn wir sehen wie unsere Betroffenen Stück für Stück ins Leben zurückkehren, dann zeigt sich für mich, dass unsere Arbeit einen Sinn hat.


Sie erleben sicherlich viel mit den Familien. Wie gehen Sie damit um und wie können Sie die Geschichten selbst verarbeiten?

Ja manchmal ist es wirklich schwer auszuhalten, was Menschen erleben müssen. Das ist auch Thema in der Ausbildung, lernen sich abgrenzen zu können. Außerdem sitzen wir nach den Gruppenstunden zusammen und sprechen drüber, was war. Wir betreiben, wie man so schön sagt, „Psychohygiene“.


Das Angebot Lacrima ist für betroffene Familien kostenfrei. Wie wird der Dienst finanziert?

Wir finanzieren uns teils über die Johanniter-Unfall-Hilfe, teils über Spenden und Sponsoren.

Und es gibt den Freundeskreis, die „TrauerWegGefährten“. Es ist uns sehr wichtig, dass der Dienst kostenfrei ist, denn gerade bei Alleinerziehenden ist das Geld oft knapp.


Wie kann man sich eine solche Gruppenstunde vorstellen?

Die Gruppenstunden haben immer einen festen Rahmen, weil für unsere Kinder Stabilität und Struktur sehr wichtig sind. Jedes Kind zündet zuerst eine Kerze für den Verstorbenen an

und dann gibt es immer ein Angebot zum Thema, z.B. Erinnerungskerzen basteln, oder malen oder Geschichten lesen, Fantasiereisen, toben. Wir orientieren uns an den Wünschen und Bedürfnissen der Kinder. Unsere Arbeit ist eine Mischung aus Erinnern an den Verstorbenen, Ressourcen stärken und Hoffnung geben, auf eine Zukunft, die anders aber trotzdem auch wieder schön werden kann. Jede Gruppenstunde endet dann mit einem Abschlussritual. 


Sie betreuen während der Gruppenstunden nicht nur die Kinder und Jugendlichen, sondern auch den hinterbliebenen Elternteil. Wie sieht diese Betreuung aus und warum ist sie so wichtig?

Die Eltern sind in einem separaten Raum mit einem weiteren Teammitglied von uns und tauschen sich über ihre Situation und ihre Probleme aus. Es kann einen nun mal nur der verstehen, der die Situation erlebt hat. Die Betroffenen müssen hier nicht viel erklären und können sich einfach auch mal fallen lassen und etwas für sich und ihre Trauer tun.

Das Interview führte Nadine Brantl (Pressesprecherin der Johanniter) mit Ursula Gubo. Wenn auch Sie Lacrima unterstützen möchten, gibt es verschiedene Wege. Die Johanniter freuen sich über jede Einzelspende genauso, wie über eine Dauerspende als TrauerWegGefährte.

Spendenkonto Bank für Sozialwirtschaft, IBAN DE98 3702 0500 0004 3041 01, Stichwort Lacrima. Oder möchten Sie ehrenamtlich mitarbeiten? Sprechen Sie uns an: Rufnummer 0911 27257-0 oder per Mail ursula.gubo@johanniter.de.