Würdevolles Zuhause
Die Demenz-Wohngemeinschaft „Mittendrin“ in Eschede feiert zehnjähriges Bestehen
Heute ein anerkanntes und geschätztes Wohnmodell, das immer noch zu wenig Nachahmer findet, damals vor über zehn Jahren jedoch allen Beteiligten viel Überzeugungsarbeit, persönliches Engagement und Herzblut abverlangte. Selbstbestimmte Senioren-Wohngemeinschaften für demenziell erkrankte Menschen waren nahezu unbekannt und die Abgrenzung zum Seniorenheim nicht vielen vertraut. Und dann diese Idee, eine solche Wohngemeinschaft (WG) auf dem Lande aufzuziehen! Allerdings mittendrin in Eschede, nicht versteckt am Ortsrand, und damit eine Chance, im heimischen Umfeld betreut zu werden – positiv für die elf Bewohnerinnen und Bewohner und ihre Angehörigen.
Zur Geburtstagsfeier sind sie alle gekommen: Vom stellvertretenden Landrat des Landkreises Celle Charles M. Sievers, Eschedes Bürgermeister Heinrich Lange, später noch der niedersächsische Landtagsabgeordnete Jörn Schepelmann (CDU), über den Ortsbeauftragten Thomas Adasch und Dienststellenleiter Henning Hamann vom Ortsverband Celle der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH) bis zu den Initiatoren der ersten Stunde und aktuellen Unterstützern. Im Zentrum des Dankes stand das Ehepaar Renate und Friedrich Kage, die mit starkem Willen die Idee der Demenz-WG umsetzten. Ohne sie würde es diese Wohn- und Betreuungsmöglichkeit nicht geben. Sie stellten das Gebäude, ihr ehemaliges Malergeschäft an der zentralen Kreuzung in Eschede, nicht nur zur Verfügung, sie suchten sich Mitstreitende und kämpften mit sehr viel Herzblut für die Umsetzung und um die Anerkennung. Bis heute sind sie Vermieter und stehen der WG in allen Lebenslagen zur Verfügung.
Als begleitender Pflegedienst und heute auch Generalmieter sind die Johanniter von Anfang an dabei. „Diese WG bietet ihren Bewohnerinnen und Bewohnern ein wunderbares Wohnumfeld, ein individuell auf sie abgestimmtes Leben und eine familiäre Atmosphäre. Das heißt, Wünsche zu respektieren und umzusetzen. Damit dies möglich ist, benötigt es ein gut funktionierendes Umfeld“, sagt Henning Hamann in seiner Dankesrede. Eine selbstbestimmte Wohngemeinschaft dieser Art sei ohne engagierte Angehörige und ein verlässliches, zugewandtes Pflegeteam nicht möglich. Hamann bedankte sich bei ihnen wie auch bei den unterstützenden Hausärzten und beim Ehepaar Kage, die bis heute „mittendrin“ und immer dabei seien.
„Ein würdevolles Zuhause“, nannte Bürgermeister Heinrich Lange die WG. Es sei die richtige Entscheidung gewesen, dies stelle sich bei allen Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern, die hier leben und die er zeit seines Lebens kennt, heraus. Andrea Gutsche, Sprecherin der WG und Angehörige, bewundert den Mut des Ehepaars Kage, sich für das Thema Demenz stark zu machen. Es sei noch immer ein Tabu-Thema und ohne so viel privates Engagement eine solche Umsetzung nicht möglich. Charles Sievers bedauerte, dass wir uns einfach zu wenig Zeit für diese Herausforderung nehmen. Es sei ein schleichender Prozess der Veränderung eines Menschen, der uns vertraut ist. „Jeder Tag ist ein neuer Tag mit einem neuen Menschen“, unterstrich er vehement. „Und Menschen, die diese Veränderung akzeptieren, mit ihr tagtäglich liebevoll und verantwortungsvoll umgehen, gehört meine ganze Anerkennung. Dank deswegen an das Pflegepersonal der Johanniter und an die vielen tollen Menschen im Umfeld der WG!“
Die Geburtstagsfeier wurde gekrönt durch einen Auftritt der „Crazy Ladies“, einer Senioren-Stepptanzgruppe (Altersdurchschnitt 77,5 Jahre). Auf Aufforderung schwangen zwischendurch auch Andrea Gutsche, Charles Sievers, Heinrich Lange und Thomas Adasch ihre Tanzbeine – zur Freude der WG-Bewohnerinnen und -Bewohner und der Gäste. Ein schöner Tag mit Erbseneintopf, Zucker- und Streuselkuchen, vielen Gesprächen und untermalt von Musik. Vor über zehn Jahren ein großer Kraftakt, heute ein Erfolgsmodell.