Allein unter Frauen
Fabian Brand ist der einzige männliche Erzieher in der Johanniter-Kita „Burg Adebar“
Ein paar dumme Sprüche musste sich Fabian Brand nach dem Abitur schon von seinen Kumpels anhören. Als Mann in einer Kindertagesstätte arbeiten? Das war für viele doch zu ungewohnt. Doch der heute 24-Jährige ließ sich von den negativen Stimmen nicht beirren und absolvierte eine Ausbildung zum Erzieher und ist heute der einzige männliche Erzieher in der Johanniter-Kita „Burg Adebar“ in Elbrinxen.
„Für uns und die Kinder ist Fabian ein Glücksgriff“, schwärmt Kita-Leiterin Elke Neubacher. Sie ist überzeugt: Ein Mann im Erzieher-Team zu haben, bringt nur Vorteile. „Die Kita ist Vorbild für den Alltag und dazu gehört, dass die Kinder männliche und weibliche Bezugspersonen haben“, so die Pädagogin.
Ob er mit den Kindern anders umgehe als seine weiblichen Kolleginnen? Bei dieser Frage muss Fabian Brand erstmal überlegen, schließlich beobachtet man sich im Alltag nicht selbst. Er bemerkt eher, wie die Kinder auf ihn reagieren. „Einige suchen ganz gezielt den Kontakt zu mir. Das gilt besonders für Kinder von alleinerziehenden Müttern“, berichtet Brand von seinen Erfahrungen. Kita-Leiterin Neubacher weiß auf die Frage nach dem unterschiedlichen Umgang jedoch sofort eine Antwort. „Männer sind direkter und gehen mit den Kindern oftmals etwas weniger, sagen wir mal, übervorsichtig um“, meint die Pädagogin.
In der Kita „Burg Adebar“ werden 20 Kinder unter drei Jahren betreut. In dem Alter unterscheiden die Kinder noch nicht nach Mann oder Frau, sondern sie suchen sich selbst eine Bezugsperson unter den Erziehern aus – unabhängig vom Geschlecht. Daher ist Fabian Brand für die Kinder nicht nur der Spaß-Onkel zum Fußballspielen, sondern sie gehen auch zu ihm, um getröstet zu werden, zu kuscheln oder mit ihm Puppen zu spielen. Erst die älteren unter den Kindern in der Elbrinxer Kita fangen langsam an, Unterschiede wahrzunehmen. „Dann gibt es auch Jungen, die sich vom anderen Geschlecht abgrenzen nur von mir zur Toilette begleitet oder gewickelt werden wollen“, erzählt Brand.
Wickeln gehört dazu
Seit 2016 arbeitet der 24-jährige Lügder in der Burg Adebar. Die flapsigen Kommentare seiner Freunde sind seltener geworden und auch die skeptischen Blicke mancher Eltern sind verschwunden. „Wenn neue Eltern unsere Kita besuchen, erzählen wir gleich, dass wir einen männlichen Erzieher haben und dies sehr positiv für die Entwicklung der Kinder ist“, erzählt Leiterin Neubacher. Sie habe daher auch nie Vorbehalte bemerkt. „Nie wurde zum Beispiel von Eltern in Frage gestellt, dass Fabian auch die Kinder wickelt.“
Nur 2,4 Prozent aller Erzieher in deutschen Kitas sind männlich. Auch wenn ihr Anteil langsam steige, so eine Studie des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, so sei der Hauptgrund für die geringe Männerquote die traditionelle Geschlechterordnung, die zu stereotypen Geschlechterbildern und einer entsprechenden Arbeitsteilung führt. Auch Fabian Brand hat erlebt, dass seine Geschlechtsgenossen eher vor den traditionell weiblichen Aufgaben zurückschrecken. Von insgesamt sieben Männern in seiner Ausbildungsklasse ist er der einzige, der mit Kleinkindern arbeitet. „Pflege, wie Wickeln und Waschen der Kinder, wollten die anderen nicht. Sie haben sich vielmehr auf die Arbeit mit Jugendlichen konzentriert“, erzählt er.
Fabian Brand hat seine Entscheidung nie bereut: „Man bekommt von den Kindern so viel Herzlichkeit und Wärme zurück.“ Außerdem schätzt der die Ehrlichkeit der Kleinen. Die hat er auch zu spüren bekommen, als er einmal mit Hut in der Kita erschien. „Mir wurde sofort erklärt, dass das doof aussehe“, lacht er. Trotzdem denkt er auch dran, sich beruflich weiterzuentwickeln und hat im letzten Jahr ein Studium zum Kindheitspädagogen begonnen. Solange er studiert, wird er weiterhin in der Johanniter-Kita arbeiten. Danach wird er weitersehen, aber eines ist schon sicher: Der Arbeit mit Kleinkindern wird er treu bleiben.
Drei Kindergärten betreiben die Johanniter in Lippe – und es werden noch weitere hinzukommen. „Der Bedarf an Kitas in den verschiedenen Gemeinden Lippes steigt weiterhin und so werden wir in den nächsten zwei Jahren weiter wachsen“, erklärt der Vorstand des Johanniter-Regionalverbandes Lippe-Höxter. Er hofft, dass dann unter den Bewerbern auch viele Männer sein werden. „Im Idealfall besteht das Erzieher-Team aus einer bunten Mischung, in der jedes Alter und beide Geschlechter vertreten sind. So kann jeder seine Stärken einbringen und die Kinder optimal fördern.“