12.10.2020 | Regionalverband Rheinhessen

20 Jahre Ambulante Kinderkrankenintensivpflege Kidicare

„Wir freuen uns über jede Spende, damit wir die wichtige Arbeit fortsetzen können.“Interview mit Stefan Jörg, Regionalvorstand Johanniter Rheinhessen

Interview mit Stefan Jörg, Regionalvorstand Johanniter Rheinhessen
Lokale Zeitung: Mit der ambulanten Versorgung von Kindern haben Sie vor 20 Jahren in Mainz Neuland betreten. Wie ist die Idee entstanden?
St. J.: Wir haben gesehen, dass es einen Bedarf gibt, schwerstkranke Kinder zuhause zu versorgen. Eine Mitarbeiterin, die damals neu bei uns angefangen hat, ist mit der Idee der Gründung einer ambulanten Kinderkrankenpflege gekommen. Damit war der Anfang gemacht. Seitdem versorgen wir in Mainz und im gesamten Umkreis viele Kinder.
Lokale Zeitung: Ein heikles Thema ist die Finanzierung der ambulanten Versorgung, wo liegt die Schwierigkeit?
St. J.: Leider ist es so, dass die Kassen die Leistung nicht voll finanzieren. Das ist sehr ärgerlich, denn dadurch entsteht jedes Jahr auf Neue ein hohes Defizit. Das muss anderweitig gedeckt werden. Deshalb ist unser Team das ganze Jahr im Einsatz um Spenden einzuwerben und Überzeugungsarbeit bei Firmen, Vereinen und Privatpersonen zu leisten. Das war natürlich in diesem Jahr sehr schwer, denn viele Veranstaltungen sind aufgrund von Corona ausgefallen. Dazu kam der Mangel an Schutzkleidung, die nur zu sehr überhöhten Preisen eingekauft werden konnte. Wir freuen uns deshalb über jede Spende, damit wir die wichtige Arbeit fortsetzen können.
Lokale Zeitung: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, wie sollte die ambulante Kinderkrankenpflege in 20 Jahren aussehen?
St. J.: Ich wünsche mir, dass die ambulante Versorgung junger Menschen genauso selbstverständlich wird wie die der Senioren. Die Lobby fehlt und leider erkennt auch die Politik nicht die Notwendigkeit hier mehr zu tun. Denn schließlich ist die häusliche Versorgung rein finanziell gesehen günstiger als jeder Klinikaufenthalt. Meine Hoffnung ist, dass sich in den nächsten Jahren daran etwas ändert, denn die Geborgenheit im häuslichen Umfeld kann durch nichts ersetzt werden.

„Das ist eine erfüllende Aufgabe.“
Interview mit Sarah Weber, Pflegdienstleitung


Lokale Zeitung: Kidicare feiert Geburtstag. Was macht ihre Arbeit so wertvoll?
S.W.: Schwerstkranke Kinder zu pflegen ist eine sehr erfüllende Aufgabe. Alle Pflegekräfte sind mit viel Empathie bei der Aufgabenerfüllung dabei, werden oft ein Teil der Familie. Wir spüren dabei jeden Tag aufs Neue viel Dankbarkeit. Ganz besonders glücklich sind wir, wenn die jungen Patienten uns ein Lächeln zurückgeben. Das ist das schönste Geschenk.
Lokale Zeitung: Können Sie uns ein Beispiel aus Ihrer konkreten Arbeit nennen?
S.W.: Grundsätzlich versorgen wir alle Kinder, die aufgrund einer Behinderung beeinträchtigt sind. Sehr häufig sind es Erkrankungen im Herz-Lungenbereich. Hier werden unsere kleinen Patienten beatmet und müssen zum Beispiel speziell ernährt werden. Wir sind sehr oft rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche bei den Patienten. Manchmal heißt es auch endgültig Abschied zu nehmen. Das ist immer eine ganz besonders schwere Zeit. Wir sind auch dann ein Stützpfeiler für die Angehörigen.
Lokale Zeitung: Warum ist die ambulante Versorgung von Kindern wichtig?
S.W.: Hier gilt das gleiche wie bei Erwachsenen. Die Versorgung in den eigenen vier Wänden ermöglicht mehr Nähe zu Familienangehörigen. Ein vertrautes Umfeld führt oft zu Stabilität. Denn das eigene Kinderzimmer lässt sich durch kein Krankenzimmer in einer Klinik ersetzen. Das ist gerade bei Kindern nicht zu unterschätzen. Immer wieder sehen wir auch eine Verbesserung im Krankheitsbild. Das ist dann auch etwas Besonderes.