„Wir sind hier bei Euch, wir lassen Euch nicht im Stich!“ – Hilfsmission der Johanniter nach Siret
Lebensmittel, Hygieneprodukte, medizinische Ausstattung: Der Bedarf in der Ukraine an Waren des täglichen Bedarfs ist groß. Anfang Mai machte sich wieder eine Gruppe Hamburger Johanniter auf in den rumänisch-ukrainischen Grenzort Siret.
„Wir sind so dankbar, dass Sie als einzig verbleibende Hilfsorganisation uns regelmäßig besuchen und versorgen!“ Dies und ähnliche Worte haben wir immer wieder gehört, als wir eine der etwa 15 Stationen in der südwestlichen Ukraine belieferten, die auf unserer Liste stehen.
Siret ist eine Stadt mit ca. 8.000 Einwohnern wenige Kilometer südlich der Grenze zwischen Rumänien und der Ukraine. Von einem Landwirt wird eine Lagerhalle gestellt, in der vor allem Lebensmittel, Hygieneprodukte und medizinische Ausstattung gelagert werden. Täglich um 8:30 Uhr fahren von dort zwischen zwei und fünf große Lieferwagen in die Ukraine, randvoll beladen, jeweils besetzt mit einem Fahrer und zwei Beifahrern. Vor Ort wird mit Hilfe der dortigen Mitarbeiter der jeweiligen Einrichtung eine Transportkette gebildet, so dass das Entladen der beiden Fahrzeuge in einer halben Stunde vollbracht ist.
Ein Teil der Truppe von etwa zehn bis zwölf, manchmal auch mehr Menschen bleibt in Siret, um die nächsten Paletten zu beladen, die dann am Nachmittag nach der Rückkehr der Lieferwagen noch eingeladen werden, damit es am nächsten Morgen wieder zügig auf die Strecke geht. Dank der Hilfe örtlichen Mitarbeiterin Ana-Maria, die neben Rumänisch und Ukrainisch auch ausgezeichnetes Englisch spricht, ist der Grenzübertritt normalerweise keine sehr zeitraubende Angelegenheit – zumindest wenn man es mit den LKW-Fahrern vergleicht, die sich auf über 20km Länge vor der Grenze stauen! Das sind etwa 1.000 LKW; bei einem täglichen Durchsatz von 200 Fahrzeugen bedeutet das eine Wartezeit von etwa fünf(!) Tagen und Nächten für die bemitleidenswerten Fahrer. Auf ukrainischer Seite liegt es wohl vor allem daran, dass viele der LKW mit Waren beladen sind, die seit Beginn des russischen Angriffskrieges nicht mehr per Schiff über das Schwarze Meer transportiert werden können, wie z.B. Weizen. Auch der Weg von Westeuropa nach Rumänien ist beschwerlich, so dass nicht immer genau vorhergesagt werden kann, wann der nächste LKW mit Hilfsgütern eintreffen wird. Notfalls muss also vor Ort im Großhandel oder beim Discounter eingekauft werden, wenn die Ware ausgeht…
Besonders bemerkenswert an der „Mission Siret“ ist, dass der oben erwähnte Landwirt wenige Tage nach Beginn des Krieges einen befreundeten Johanniter-Ritterbruder anrief und ihm von einem gewaltigen Strom an Binnenflüchtlingen erzählte. „Du bist doch Johanniter – könnt Ihr da irgendetwas machen?“ Etwa zwei Wochen später erfolgten die ersten Transporte und mittlerweile gibt es auch zahlreiche Helfer, die nicht aus dem unmittelbaren johanniterlichen Umfeld kommen. Nicht zuletzt durch Social Media (Instagram wird täglich gefüttert!) und Berichterstattungen in den klassischen Medien hat diese Mission eine große Verbreitung gefunden. Etwa 370 Helfer waren schon vor Ort, nicht wenige von ihnen bereits zum zweiten Mal. Üblicherweise sind das junge Leute, vor allem Studenten, manchmal aber helfen auch ältere Semester mit, wie z.B. in unserem Fall vier eher weißhaarige Ritterbrüder aus Hamburg. Die Westfälische Genossenschaft des Johanniterordens fungiert hier als Dreh- und Angelpunkt, sowohl was die Finanzierung (vornehmlich Spenden) als auch die Organisation betrifft. Das Signal, das die „Mission Siret“ an die Ukrainer aussendet, ist nicht weniger als: „Wir sind hier bei Euch, wir lassen Euch nicht im Stich!“. Neben der Dankbarkeit für die verlässlich gelieferten Waren des täglichen Bedarfs war es diese Botschaft, die den Helfern vor Ort immer wieder vermittelt wird.
Bericht: Lutz-Rodrian Hetzler, mit Team Jürgen Gleue, Hans-Christoph v. Podewils, Dankwart v. Schultzendorff