73. Rittertag in Ellwangen
Der 73. Rittertag der Baden-Württembergischen Kommende des Johanniterordens fand vom 8. bis 10. September 2023 im Haus Schönenberg in Ellwangen statt.
Der Rittertag begann am Freitag mit einem offenen Abend und einer Abendandacht in der Hauskapelle des Hauses Schönenberg. Am Samstag begrüßte der Regierende Kommendator, Kai Graf v. der Recke v. Volmerstein, die Teilnehmenden. Für die Ordensregierung sprach der neue Generalsekretär, ER Martin Kruse, ein Grußwort.
Sodann folgten die Ritterversammlung und die Berichte über die Entwicklung der Werke und Projekte des Johanniterordens in Baden-Württemberg.
Am Rittertag nahmen rund 160 Personen teil, unter ihnen RK Hans Joachim Giulini de Giulino (Österreich).
Entwicklung der Kommende, ihrer Werke und Projekte
Die Kommende hatte am 31. Dezember 2022 170 Mitglieder (Vj.: 176). Der Konvent hatte 2022 drei Mal getagt.
Subkommenden
Die Baden-Württembergische Kommende hatte bis zum 31. August 2023 neun Subkommenden (Bodensee, Freiburg, Hohenbaden, Hohenstaufen, Kurpfalz, Stuttgart-Nord, Stuttgart-Süd, Tübingen und Ulm; wie Vj.). Ab dem Rittertag ist die Subkommende Hohenbaden in die Subkommende Kurpfalz integriert worden; gleichzeitig sind die Subkommenden Stuttgart Nord und Süd zur Subkommende Stuttgart zusammengelegt worden.
Die Kommende verfügt über drei wissenschaftlich-kulturelle Einrichtungen: Archiv (gegründet 1858, seit 1971 Depositum im Hauptstaatsarchiv Stuttgart), Bibliothek (gegründet 1990, seit 2007 Depositum in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe mit einem digital verfügbaren Katalog) und Johannitermuseum Krautheim an der Jagst (gegründet 1978, neu gestaltet 2006).
Johanniter-Arbeitsgemeinschaft für Gegenwartsfragen (JAG)
(Berichterstatter: RR Günther Allmann)
Am 11. Februar 2023 fand nach zweijähriger Corona-Pause wieder eine JAG-Tagung statt. Es war die nunmehr 230. Tagung. Zum ersten Mal auch unter der Leitung von ER Prof. Dr. rer. nat. Gregor Falk, der als Obmann auf den leider verstorbenen RR Prof. Dr. phil. Gerd Kollmer- von Oheim-Loup folgte.
Die Tagung stand unter dem Thema: „Alexander v. Humboldt – aus heutiger Perspektive“. Sie fand, auch ein Novum, im Wasserschloss Mühlhausen-Tiefenbronn statt und war mit ca. 55 Personen zufrieden stellend besucht. Prof. Dr. paed. Thomas Hoffmann (Innsbruck) referierte am Morgen zum Thema: „Alexander von Humboldts Beitrag für die Bildung - gestern und heute“. Nachmittags übernahm Prof. Dr. phil. Oliver Lubrich (Bern) mit dem Thema: „Das Humboldt-Paradox: Wissenschaft, Kommunikation und Mythologie.“
Johanniter-Hilfsgemeinschaften (JHG)
(Berichterstatter: RR Claus Kühne)
Die acht im Bereich der Baden-Württembergischen Kommende des Johanniterordens tätigen Johanniter-Hilfsgemeinschaften (JHGen) dienen ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken. Alle Mitglieder sind selbstlos ehrenamtlich und in christlicher Verantwortung dort tätig, wo staatliche Fürsorge finanziell oder personell nicht ausreicht. Die örtlichen JHGen, die Teil der Baden-Württembergischen Kommende sind, erfüllen den Ordensauftrag, indem sie sich um praktische und geldliche Hilfeleistungen bemühen, die Kindern, Jugendlichen, alten Menschen, Kranken, Behinderten, Flüchtlingen und Asylsuchenden und anderen Hilfsbedürftigen und Notleidenden zugutekommen. Insgesamt hatten die JHGen (JHG Bodensee, JHG Freiburg, JHG Hohenbaden, JHG Hohenstaufen, JHG Kurpfalz, JHG Neckar-Alb, JHG Stuttgart, JHG Ulm-Biberach) am 31. Dezember 2022 rund 400 Mitglieder (Vj.: 418). Der Ordensritteranteil liegt bei 26%. , der Frauenanteil bei #%. Die Maßnahmen konzentrierten sich auf die Bereiche Jugendhilfe, Seniorenhilfe, Flüchtlinge/Asylsuchende und Kranke. Wieder floss auch ein Teil der Ausgaben direkt in die Werke des Ordens. Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Probleme haben 2022 wie schon im Jahr zuvor Arbeit und Wirken der JHGen bestimmt. #
Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH)
(Berichterstatter: Landesvorstand RR Moritz Knappertsbusch)
Der Landesverband Baden-Württemberg gliedert sich in fünf Regionalverbände (Baden, Württemberg Mitte, Stuttgart, Ostwürttemberg, Oberschwaben/Bodensee) und den Kreisverband Main-Tauber. Die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. hatte 2022 in Baden-Württemberg 2 534 (Vj.: 2 266) hauptamtliche Mitarbeitende, 2 500 (Vj.: 1 804) ehrenamtliche Mitarbeitende (davon 600 in der Johanniter-Jugend) und 112 626 (Vj.: 114 871) Fördermitglieder. Aktuelle Herausforderungen sind: Wachstum limitierender Fachkräftemangel in den Bereichen Rettungsdienst, Ambulante Pflege und Kindertageseinrichtungen, Restart des Ehrenamtes und der Jugend nach der Pandemie, Zentralisierungsprozess von Verwaltungsstrukturen (Faktura, Buchhaltung, Personal) und Rückgang der Förder- und Spendenmittel. Aktuelle Chancen sind: Großprojekt „Karlsruhe“ mit Rettungswache, NotSan-Schule, Johanniter „Herberge“ und Dienststelle auf dem Michelin-Gelände, Pilotprojekt „Gemeindenotfallsanitäter“ im LV Baden-Württemberg, Ausbau von ZIEL (Zugang ins Erwerbsleben) als landesweites Projekt und Baubeginn der Neubauten Altenpflegeschule Wertheim und Rettungswache/Dienststelle Stuttgart.
Johanniter Seniorenhäuser
(Berichterstatter: Florian Burkhardt)
Das Regionalzentrum Süd der Johanniter Seniorenhäuser GmbH umfasst die Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen sowie den Südteil von Rheinland-Pfalz. Es trägt 19 (wie Vj.) Altenpflegeeinrichtungen (elf in Baden-Württemberg) mit vollstationären Pflegeplätzen (Vj. 1 053). In Baden-Württemberg bestehen Häuser in: Ilvesheim, Ladenburg, Mosbach, Waibstadt, Böbingen, Essingen, Hermaringen, Heilbronn, Heubach, Mögglingen und Pleidelsheim.
Projekt „Haus der Lebenschance“
(Berichterstatterin: Sonja Hagenmayer)
Träger des „Haus der Lebenschance“ ist die Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V. in Kooperation mit der Baden-Württembergischen Kommende des Johanniter-Ordens e.V. Das „Haus der Lebenschance“ gibt jungen Menschen von 17 bis 25 Jahren eine Berufs- und Lebensperspektive. Es bietet den Jugendlichen einen geschützten Ort mit Tagesstruktur, mit einem umfassenden Bildungsangebot und die Möglichkeit, sich im eigenen Tempo zu entwickeln. Diese jungen Frauen und Männer sind entweder nicht mehr in Regelschulen beschulbar oder sind bisher an schulischen/beruflichen Maßnahmen gescheitert. Aufgrund ihrer besonderen - bisweilen auch prekären – Lebenslagen, weisen sie in der Regel bereits eine Vielzahl von gescheiterten Versuchen zur Erlangung des Schulabschlusses oder einer beruflichen Perspektive auf. Somit ist das „Haus der Lebenschance“ meist „die letzte Chance“. Im Projekt „Haus der Lebenschance“ werden sie engmaschig auf dem Weg zum Hauptschulabschluss unterstützt und beim Schritt in eine Ausbildung oder weiterführende Schule begleitet.
Der 13. Jahrgang konnte dieses Jahr am 21. Juli 2023 im Waldheim Altenberg den erfolgreichen Abschluss feiern. Alle acht Prüflinge haben die Schulfremdenprüfung zum Hauptschulabschluss, teilweise mit guten Ergebnissen bestanden.
Wie im Rahmen einer Wirksamkeitsstudie bestätigt wurde, bietet die besondere Projektstruktur die Basis, Vertrauen bei diesen besonderen jungen Menschen zu schaffen. Mit dem täglichen Beziehungsangebot gelingt es uns mit Vertrauen und Zutrauen in die Ressourcen und Fähigkeiten der jungen Menschen, diese dazu zu befähigen sich auf die Herausforderung Schulabschluss einzulassen uns sich aktiv mit ihrer Anschlussperspektive auseinander zu setzen. Und so einen wichtigen Schritt zur Teilhabe in unserer Gesellschaft zu gehen. Die erfolgreiche Schulfremdenprüfung kennzeichnet einen Meilenstein auf diesem Weg Den Bericht zur genannten Studie findet man unter: www.eva-stuttgart.de/fileadmin/Redaktion/2_unsere_angebote/bildung_beruf/Studie_zur_Jugendberufshilfe_2022-Iris_e.V.-eva-Caritas-Webversion.pdf.
Die aktuelle Gruppe hat bereits am 10. Juli 2023 gestartet und setzt sich aus sieben jungen Frauen und vier jungen Männern zusammen. Gestartet ist die Gruppe 13 am 27. Juni 2022.
Wir hoffen, auch in diesem Jahr alle Teilnehmenden gut durch das Jahr begleiten zu können mit dem Ziel, den Hauptschulabschluss zu erreichen.
Projekt „TAF“
(Berichterstatter: K Curt Ekkehard Freiherr Schenck zu Schweinsberg)
TAF bedeutet verborgene TAlente Fördern – und ist ein Kooperationsprojekt des Kreisdiakonieverbandes Ludwigsburg und dem Johanniterorden.
Das Projekt will es Kindern aus einkommensschwachen Familien ermöglichen, ein Musikinstrument, eine Sportart oder ein künstlerisches Hobby auszuüben. Aktuell werden 60 Kinder zwischen sechs und 16 Jahren im Landkreis Ludwigsburg gefördert.
Nach wir vor ist bei den TAFids (TAF+kids) das Erlernen eines Instruments sehr beliebt. Mit 29 geförderten Kindern ist das Interesse selbst Musik zu machen die größte Gruppe der von TAF unterstützten Kinder. Davon sind 19 Mädchen und zehn Jungen. Im Sport ist es genau andersherum - hier dominieren die Jungen mit 17 Geförderten und nur vier Mädchen. Dabei ist Fußball die dominierende Sportart. Klavier ist bei 14 Kinder das favorisierte Instrument, gefolgt von Geige mit sechs Kindern. Der Wunsch, Klavier spielen zu lernen, bringt viele Familien zu einem weiteren Problem. Viele Familien haben nicht die Mittel oder den Platz zuhause ein Klavier zu besitzen oder zu stellen. Um diesem nachzukommen, bietet die Diakonie den Kindern aus Ludwigsburg die Möglichkeit an Klavieren im Haus zu üben. Weiter versuchen wir Klavierspenden an die Familien weiterzugeben.
Dieses Jahr hatte TAF mehrmals die Gelegenheit Freikarten für verschiedene Veranstaltungen zu bekommen, so dass mit den TAFids und ihren Familien die Legoausstellung im Residenzschloss Ludwigsburg, wie auch die Street-Dance-Show des Kunstzentrums Labyrinth besuchen werden konnte. Ein besonderes Highlight für die jüngeren TAFids war der Besuch des Open-Air-Kinos mit dem Film Super Mario. Viele der Kinder und Mütter wären noch nie bei einer solchen Veranstaltung, darum war die Begeisterung groß als alle in ihren Sitzen saßen mit einer Popkorntüte in der Hand und die Leinwand zu leuchten begann.
Im Juli trafen sich die TAF-Familien zu einem Sommerfest auf der Jugendfarm in Ludwigsburg. Bei Ponyreiten, Fußballspiel und Grillaktion begleitet von einem internationalen Buffet verbrachten alle eine schöne Zeit miteinander. Dabei wurden neue Freundschaften geschlossen und bestehende vertieft.
Zusammen mit dem Kunstzentrum Labyrinth konnte TAF dieses Jahr einen mehrtätigen Teenie- Workshop in den Pfingstferien anbieten. Die Jugendlichen genossen es ihrer Kreativität in Graffitis Ausdruck zu geben.
Nach der Sommerpause wird Mitte Oktober der monatlicher Frauentreff für die Mütter wieder aufgenommen. Hier können sich TAF Mütter zwanglos treffen, relevante Themen von den Frauen selbst benannt und gemeinsam oder mit Referenten besprochen werden. Dabei ist auch das Üben der deutschen Sprache im Interesse.
Wir haben viele neue Ideen, die sich mit unserer fortlaufenden Arbeit entwickeln. So konnte einer der älteren TAFids dafür gewonnen werden einen Beatbox- Workshop in den Herbstferien anzubieten. Wir sind gespannt auf die Resonanz.
Die Suche nach Lernpaten war erfolgreich und so konnte die Anfrage nach Nachhilfe in Mathematik bedient werden.
TAFids geben Freude weiter - nun schon zum dritten Mal wird eine Gruppe musizierender TAFids ein kleines Adventskonzert im Pflegeheim Im Haus an der Metter in Bietigheim geben. Die Bewohner freuen sich jedes Mal, wenn die Kinder vorbeikommen und ihnen vorspielen.
Durch das Jahresabschlussfest wird das vergangene Jahr abgerundet und wir sind gespannt welche Herausforderungen neben der Spendenakquise und der Unterstützung der TAF-Familien bei Alltagsproblemen uns das neue Jahr bringen wird.
Thema der Vortragsveranstaltung am Nachmittag war „Himmel, Hölle und Gericht – Überlegungen zu einem unbequemen Thema“. Es referierten Prof. Dr. theol. Reinhard Feldmeier (Georg-August-Universität Göttingen) und Prof. Dr. iur. Dr. h.c. Wolfgang Graf Vitzthum v. Eckstädt (Eberhard Karls Universität Tübingen). Die nachfolgende Diskussion moderierte Ordenspfarrer ER Ernst Sperber.
Der Samstag schloss mit einer von den Kindern gestalteten Abendandacht in der Hauskapelle und einem festlichen Abendessen.
Den Festgottesdienst am Sonntag in der ev. Stadtkirche feierten Pfarrer Martin Schuster (Ellwangen) und Ordenspfarrer Ernst Sperber. Die Predigt über Johannes den Täufer (Lk 3,1-14) hielt Ordenspfarrer Sperber. Als Ehrenritter wurden Albrecht v. Haebler, Joachim Heger und Dr. iur. Johannes Weber investiert. Das ihnen verliehene Ehrenritterkreuz erhielten ER Dr. iur. Sebastian Eckhardt und ER Wilfried Holz. Als Anwärter wurde Julius Freiherr v. Campenhausen eingeführt. Am Gottesdienst nahmen Angehörige des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem teil. Das Heilbronner Bläserensemble unter Leitung von Martin Schönfeld gestaltete den Gottesdienst musikalisch, die Orgel spielte Andreas Brenz.