Johanniter - Ausgabe 1/2024 - Auslandsrückholdienst

Mit 850 km/h nach Hause.

Seit 40 Jahren bieten die Johanniter mit ihrem Auslandsrückholdienst allen Aktiven und Fördermitgliedern einen ganz besonderen Service. Technisch hat sich seither viel getan. Die schnelle Hilfe ist gleichgeblieben.

Ob ein Badeunfall auf Mallorca, ein Absturz beim Wandern in den Anden oder ein Verkehrsunfall in Kanada – es gibt viele denkbare Situationen, in denen ein Urlaub abrupt endet und ein Auslandsaufenthalt zum Problem werden kann. Oft erfüllen die medizinische Versorgung und Ausstattung von Krankenhäusern im Ausland nicht die heimischen Standards. „Die Betroffenen wollen in diesen schwierigen Situationen so schnell wie nur möglich zu ihren An- gehörigen nach Deutschland zurück“, erklärt Stefan Krahé, Leiter der Abteilung Auslandsrückholung/Flugdienste bei den Johannitern in Köln.

Ein guter Service

Genau für diesen Wunsch hat Günther Lohre im Jahr 1984 nach einem Beschluss des Präsidiums der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) den Auslands- rückholdienst aufgebaut. Als Geschäftsführer des Kreisverbands Köln war auch er davon überzeugt, dass eine Kernkompetenz der Johanniter – das Rettungswesen – nicht an Landesgrenzen enden sollte. „Für uns war wichtig, dass wir unsere Mitglieder auch im Ausland nicht allein lassen wollen. Und dass dieser Service ein gutes Argument ist, Mitglied in der JUH zu sein“, erinnert sich Lohre, ehemaliger Leiter der Zentrale und nun im Ruhestand. Für die Einsatzzentrale war schnell Köln als Standort klar: „Zum einen befand sich dort einer der leistungs-stärksten Verbände der Johanniter, zum anderen ein großer Flughafen.“

Von Anfang an war die Rückholung kosten- frei für Johanniter-Mitglieder – und für ihre Ehegatten, Lebensgefährten und Kinder. Weitere Voraussetzungen für einen möglichen Transport sind der gezahlte Mitgliedsbeitrag bzw. ein aktives Engagement, ein Hauptwohnsitz in Deutschland und ein maximaler Auslandsaufenthalt von drei Monaten. Am wichtigsten ist aber, dass die Rückführung medizinisch notwendig ist. „Hier beginnt die oft aufwendige Arbeit von Stefan Krahé und seinem Team aus 27 spezialisierten Flugärzten“, sagt Marius Mainzer, Mitglied im Vorstand des Regionalverbandes Köln/Leverkusen/Rhein-Erft.

Vor so einem Transport müssen wir mindestens 30 Telefonate führen.
Stefan Krahé, Leiter Auslandsrückholung/Flugdienste

Die Ärztlichen Leiter des Auslandsrückholdienstes sind Johannes Mühlfeld und dessen Stellvertreter, Niclas Puschner. Sie verantworten neben der Ausbildung der Mitarbeitenden und Ausrüstung der Rettungsmittel auch die medizinische Klärung von Transportfähigkeit und -notwendigkeit der Patientinnen und Patienten. Dabei achten sie stets dar- auf, den schwer erkrankten oder verunfallten Menschen so behutsam und schnell wie möglich in ein Krankenhaus in Deutschland und zu seinen Angehörigen zu transportieren. „Vor so einem Transport müssen wir mindestens 30 Telefonate führen“, erklärt Krahé, „von der Erstmeldung über Arzt-Gespräche und die Klärung organisatorischer Fragen im konkreten Fall bis hin zur Kostenübernahme. Danach wissen wir, ob, wie und in welche Einrichtung wir das Johanniter- Mitglied transportieren können.“

Patient im Mittelpunkt

Dafür stehen den Kölner Johannitern Krankentransport- und Rettungswagen für kürzere Strecken ebenso zur Verfügung wie Ambulanzjets für Rückholungen von anderen Kontinenten. Immer an erster Stelle stehen für sie das Wohl und die Sicherheit der Patienten. „Bei einer Rückholung mit dem Learjet aus Mallorca zum Beispiel müssen wir derzeit mit Kosten von mindestens 20.000 Euro rechnen; gut 240.000 sind es aus Brasilien“, so Krahé. Am teuersten dabei ist das Kerosin. Hinzu kommen Ge- bühren für Überflugrechte und die Flughafennutzung in den jeweiligen Ländern.

Die meisten Menschen haben – oft ohne es zu wissen – für Auslandsreisen eine mehr- fache Absicherung: In vielen Auslandskrankenversicherungen und Kreditkarten-Verträgen ist dieser Service enthalten. Zum Prüfen des eigenen Versicherungsschutzes und zum Abschluss einer Zusatzversicherung für die Arzt- und Behandlungskosten im Ausland raten die Johanniter trotzdem: „Wer außerhalb des Schengenraums ins Ausland reist und ins Krankenhaus muss, sieht sich schnell mit hohen Kosten konfrontiert, die deutsche Krankenkassen meist nicht übernehmen“, so Stefan Krahé.

„Wir Johanniter prüfen immer, ob aus medizinischer Sicht eine dringliche Indikation für eine Rückholung besteht. Wir haben so manche Rückholung organisiert, wo der Patient keine Alternative gehabt hätte“, erklärt Niclas Puschner. „Zum Glück helfen die meisten professionellen Versicherer in der Regel sehr schnell, sodass wir unsere Ressourcen zugunsten anderer Einsätze nutzen können.“

Mehrmals pro Woche starten die Learjets der Firma Quick Air vom Flughafen Köln/ Bonn. Der langjährige Kooperationspartner der Johanniter hat sich auf medizinische Flüge spezialisiert. Die 23 Pilotinnen und Piloten sind besonders ausgebildet – schließlich landen sie immer wieder auf unbekannten Flughäfen. „Unsere Crews und Flieger können in spätestens zwei Stunden in der Luft sein“, erklärt Geschäftsführer Georg Griesemann. Zum Einsatz kommen speziell ausgebaute Learjets, turbinengetriebene Maschinen, die mit 850 Stundenkilometern in einer Höhe von 14 Kilometern unterwegs sind. „Beim Auslandsrückholdienst kommt es auf Schnelligkeit an – die Maschinen sind
in etwa genauso schnell wie ein Urlaubsflieger. Dank der größeren Flughöhe haben wir jedoch deutlich mehr freie Korridore“, so Griesemann. Für die Johanniter waren die fliegenden Intensivstationen im vergangenen Jahr 23 Mal in der Luft und haben dabei einen großen Teil der insgesamt 150.000 zurückgelegten Kilometer absolviert, was etwa vier Erdumrundungen entspricht.

25 Stunden unterwegs

Mit diesen Ambulanzfliegern ist auch Niclas Puschner regelmäßig in Begleitung eines Notfallassistenten unterwegs: Er kam nach einer Ausbildung in der Chirurgie und mehreren Jahren Dienst auf Intensivstationen als Notarzt zu den Johannitern: „Mich reizt die spezielle Herausforderung jedes einzelnen Einsatzes.“ Eindrücklich erzählt er vom Fall einer Seniorin, die bei einer Wanderreise durch Südamerika plötzlich zusammen- brach und aufgrund einer Hirnblutung halbseitig gelähmt war. Die Johanniter reagierten schnell: Das Team erwartete eine Reisedauer von rund 25 Stunden mit der Patientin an Bord sowie sieben Stopps fürs Auftanken plus Crew-Wechsel, weil die Piloten nicht so lange fliegen dürfen. Eine harte Reise für alle Beteiligten. „Schließlich konnten wir die Patientin in vollkommen stabilem Zustand übergeben“, berichtet Puschner nicht ohne Stolz. „Wir waren alle sehr müde, aber sehr zufrieden. Für solche Einsätze macht man diesen Job.“

Egal ob Langstreckentransport aus Neukaledonien nach Hamburg oder Kurzstrecke von Mallorca ins Rheinland: Eines ist allen betroffenen Johanniter-Mitgliedern nach der sicheren Landung am Heimatflughafen gemein: große Erleichterung und Dankbarkeit. Regelmäßig erreichen die Johanniter und den Auslandsrückholdienst Dankesbriefe und viele positive Rückmeldungen. Von allen im Nachgang befragten Mitgliedern bewerten 90 Prozent den Rückholdienst der Johanniter mit „sehr gut“. / Peter Altmann

Ein Sorgenberg weniger

Ein Donnerstag im März 2023: Mit ihrem Mann Karsten ist Heike Hachmeier auf Tour durch Finnland. Im Hotel in Oulu passiert es: Hachmeier stürzt. Die Diagnose: schwerer Schulterbruch und Brüche in der Hand. Die Uniklinik am Ort übernimmt die Erstversorgung. Schnell ist klar, dass eine Operation notwendig wird. Aber es bleibt vage, wann das klappt. Sprachbarrieren sind ein zusätzliches Problem. Freunde aus der Reisegruppe geben den beiden Fördermitgliedern aus Landesbergen den Tipp: Der Auslandsrückholdienst könnte helfen. Noch am Abend werden Röntgenbilder und Befunde nach Köln gemailt, zwölf Stunden später ist alles geklärt. Sie kann aufatmen und ist
heute noch begeistert: „Das hat mir einen Sorgenberg vom Herzen genommen.“

Unser Rückholdienst in Kürze

Für die im Mitgliedsbeitrag inbegriffene Dienstleistung gelten folgende Rahmenbedingungen:

  • Sie gilt für aktive und fördernde Mitglieder, deren Ehegatten oder Lebensgefährten sowie deren Kinder, sofern für diese noch Kindergeld bezogen wird.
  • Es muss eine Erkrankung oder Unfallverletzung vorliegen, die im Ausland eingetreten ist und die eine Behandlung erfordert, in deren Verlauf eine Rückführung medizinisch notwendig wird.
  • Der Hauptwohnsitz des Betroffenen liegt in Deutschland und der jährliche Mitglieds­beitrag muss entrichtet worden sein. 


Vollständige Bedingungen unter: www.johanniter.de/auslandsrueckholdienst