Ukraine

Langfristige Ukraine-Hilfe

Teil des Jahresberichts 2023

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Ukraine

Seit Kriegsbeginn helfen die Johanniter den Betroffenen in ihrer Heimat und in Deutschland mit umfassenden Hilfsangeboten.

Am 24. Februar jährte sich der Krieg Russlands gegen die Ukraine zum zweiten Mal. 

Seit Beginn des Krieges hat die Johanniter-Unfall-Hilfe 80 Projekte im Inland für und mit ukrainischen Geflüchteten initiiert. Mehr als 20.000 Geflüchtete wurden damit langfristig in ihrem Ankommen und in ihrer Integration in Deutschland unterstützt. Eigene Spenden, Spenden von Aktion Deutschland Hilft und der RTL-Stiftung in Höhe von 8,49 Millionen Euro haben dies ermöglicht. Gleichzeitig erhalten Städte und Kommunen in ganz Deutschland von den Johannitern bei der kurz- und mittelfristigen Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten Unterstützung. Mit dem Betrieb von Not- und Gemeinschaftsunterkünften sowie zusätzlichen Beratungs-, Betreuungs- und Integrationsangeboten werden die neu angekommenen Menschen bei ihren ersten Schritten in Deutschland begleitet.

In Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen der Johanniter-Auslandshilfe in der Ukraine, „ELEOS“ und „NEW DAWN“, werden weiterhin täglich Menschen entlang der Frontlinie im Süden und Osten des Landes mit Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln, Batterien, Lampen, Dämmmaterial, Welldachplatten, Feuerholz, Kohle und Decken versorgt. So konnten bereits tausende zerstörte Dächer neu gedeckt und Häuser winterfest gemacht werden. Aber auch in anderen Landesteilen sowie in der benachbarten Republik Moldau unterstützen die Johanniter gemeinsam mit ihren Partnern die Menschen mit psychosozialen Angeboten dabei, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten und neuen Lebensmut zu fassen. Insgesamt haben die Johanniter im Jahr 2023 in der Ukraine und in Moldau 5,8 Millionen Euro an Spenden eingesetzt.

370.000
kriegsgeschädigte Menschen in der Ukraine, den Anrainerstaaten und in Deutschland wurden unterstützt
79
Projekte in Deutschland
8
Projekte in der Ukraine und den Anrainerstaaten
1
Tonnen medizinische Hilfsgüter wurden geliefert
Weiterhin werden täglich Menschen entlang der Frontlinie im Süden und Osten des Landes mit Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln, Batterien, Lampen, Dämmmaterial, Welldachplatten, Feuerholz, Kohle und Decken versorgt. Foto: NEW DAWN

Den Lebensmut nicht verlieren

Lidiya Mikolayivna lebt seit ihrer Kindheit in Posad. Foto: Paul Hahn

Das Dorf Posad-Pokrovske liegt nur 30 Kilometer von der umkämpften Stadt Cherson entfernt. In der Ferne ist das Grollen der Granaten zu hören. Es ist kalt, rund 100 dick eingemummelte Menschen warten in der Dorfmitte auf eine Hilfslieferung der Johanniter. Mit zwei Lkw kommt heute dringend benötigtes Material, um die durch monatelangen Beschuss zerstörten Häuser wenigstens notdürftig winterfest zu machen: OSB-Platten, Holz und anderes Baumaterial. Lidiya Mikolayivna braucht das Material, um die zerstörten Fenster ihres Hauses zu verschließen, die Wände zu stabilisieren und das Dach auszubessern. Seit ihrer Kindheit lebt die 60-Jährige in Posad. Da ihr Mann schwer erkrankt ist, wurden beide zu Beginn der Bombardierungen nach Mykolaev evakuiert – seit dem 15. Oktober 2022 sind sie wieder in ihrem Dorf. Vor dem Krieg lebte Lidiya von ihren Kühen und Hühnern sowie dem Gemüse, das sie auf ihrem Feld erntete. Als das Paar in ihr Dorf zurückkehrte, war alles zerstört und die Tiere tot. Ihren Lebensmut hat sie trotz des Krieges nicht verloren: „Das Wichtigste ist, dass wir uns haben und das zusammen durchstehen.

Foto: Margarita Gumanik

Ankommen ist mehr als ein Dach über dem Kopf

Seit Beginn des Krieges haben sich rund 1.500 Ukrainerinnen und Ukrainer im Landkreis Stendal registrieren lassen. Das Projekt Aviva der Johanniter hilft den Familien, in ihrem neuen Leben Fuß zu fassen.

Aviva bedeutet Frühling“, sagt Margarita Gumanik. Die Pädagogin ist die Namensgeberin der offenen Begegnungsstätte für Geflüchtete aus der Ukraine in Stendal. Und der Name ist Programm. Denn das bedarfsorientierte Angebot der Johanniter-Unfall-Hilfe im Regionalverband Altmark soll ukrainischen Familien den Start in Deutschland erleichtern.

Herausforderungen des Alltags meistern

Bereits nach Ausbruch des Krieges hatte der Regionalverband der Johanniter die Notunterkunft in Stendal aufgebaut und betrieben. Als Ende Oktober 2022 alle Familien ein Dach über dem Kopf gefunden hatten, schloss der Landkreis die Einrichtung. Doch der Alltag in Deutschland blieb für viele Geflüchtete eine Herausforderung. Deshalb haben Helferinnen und Helfer vor Ort das Projekt Aviva ins Leben gerufen. „Nur weil die Menschen eine Wohnung haben, sind nicht auf einmal alle Probleme gelöst“, sagt Projektleiterin Carola Mikulla.

Nah am Menschen ‒ Beratung für Geflüchtete

Das Beratungsangebot von Aviva für Geflüchtete an den beiden Standorten Stendal und Osterburg ist vielfältig: „Wir orientieren uns eng an den Bedürfnissen der Menschen, die zu uns kommen“, betont Carola Mikulla. Gemeinsam mit Margarita Gumanik steht sie den Familien in vielen Alltagsfragen zur Seite. „Anfangs ging es oft um die Begleitung bei Behördengängen und Arztbesuchen, um die Suche nach einem Kindergartenplatz oder um Hilfe bei Anträgen und Formularen. Heute ist eher Hilfe bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen oder der Suche nach einem Praktikumsplatz oder einer Arbeitsstelle gefragt.

Neben der Beratung gehören auch niedrigschwellige Sprachkurse und Freizeitaktivitäten zum Angebot: Ob Fußball, Malen, Spielrunden, Feste oder Ausflüge – gemeinsame Aktivitäten sind sehr gefragt. Oft helfen Ehrenamtliche aus den Familien mit, aber auch mit Schulen, Initiativen und Vereinen ist Aviva gut vernetzt.

Lebendiges Programm für Kinder und Erwachsene

Zum Freizeitprogramm gehört auch die Gartenarbeit. Foto: Margarita Gumanik

Margita Gumanik kümmert sich im Jugendclub besonders um die Jüngsten. Mit viel Engagement und Kreativität sorgt sie dafür, dass die ukrainischen Kinder und Jugendlichen wieder Spaß am Leben haben. „Wir basteln, malen, spielen und tanzen mit ihnen. Die Kinder merken sofort, dass wir alles mit Liebe machen“, freut sich Margarita Gumanik. Einmal in der Woche ziehen die Mädchen und Jungen gemeinsam durch Stendal und sammeln Müll ein. Für diese „Stunde der Sauberkeit“ hat sich sogar schon der Bürgermeister bei ihnen bedankt.

Aber auch für Eltern und Großeltern ist Aviva zu einer festen Anlaufstelle geworden. Es gibt eine Kreativwerkstatt für Erwachsene oder die Elterngruppe, in der es um Erziehungsfragen geht. „Und durch Kooperationen mit anderen Einrichtungen sind viele Verbindungen entstanden, die den geflüchteten Familien helfen, sich in ihrer neuen Umgebung zurechtzufinden“, zieht Carola Mikulla eine positive Bilanz.

Gut zu wissen

Die offene Begegnungsstätte „Aviva“ für Geflüchtete aus der Ukraine in Stendal startete am 1. November 2022 mit zehn Kindern. Das bedarfsorientierte Angebot der Johanniter-Unfall-Hilfe im Regionalverband Altmark zielt darauf ab, ukrainischen Familien den Neubeginn in Deutschland zu erleichtern. Inzwischen gibt es täglich Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.