Bericht des Bundesvorstandes

Sanitätsdienst auf einem Konzert in München. Foto: Gerhard Bieber

Unsere Antwort: Indem wir uns immer wieder hinterfragen, auf den Prüfstand stellen, bereit sind, uns zu verändern, noch besser zu werden und gemeinsam zu wachsen. Und indem wir unsere Stimme erheben und in den Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern treten.

Im Mittelpunkt stehen dabei immer die Menschen, die unsere Hilfe brauchen, und diejenigen, die diesen Dienst am Nächsten tagtäglich leisten – hauptberuflich und ganz besonders auch ehrenamtlich. Ihnen allen gilt unser großer Dank!

Die Rahmenbedingungen für ihr Engagement zu verbessern, sie bestmöglich zu unterstützen, damit sie ihre Arbeit jeden Tag aufs Neue mit Energie und Freude tun können – das ist eine unserer wichtigsten Aufgaben. Dabei richten wir unseren Blick natürlich zunächst auf die Bereiche, in denen wir selbst etwas bewegen können: durch einen attraktiven Tarif, durch Arbeitszeitmodelle, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen, durch vielfältige Möglichkeiten der berufsbegleitenden Qualifizierung und Weiterentwicklung und vor allem durch gute Bedingungen und die verdiente Wertschätzung für die vielen Menschen, die sich bei uns ehrenamtlich engagieren. 

Vieles, was unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer täglichen Arbeit belastet, liegt jedoch nicht oder nur bedingt in unserer Hand. Um hier Verbesserungen zu erreichen, bedarf es politischer Weichenstellungen und gesamtgesellschaftlicher Anstrengungen.

Notfallrettung

827.000 Mal waren unsere Rettungskräfte 2023 im Einsatz. Sie leisten Tag für Tag eine körperlich und mental höchst fordernde Arbeit. Doch unser System der Notfallversorgung ist seit Jahren chronisch überlastet und dringend reformbedürftig. Zu oft werden unsere Retter zu nicht lebensbedrohlichen Fällen gerufen. Und viele Behandlungen könntenschon heute direkt vor Ort durch unsere hervorragend ausgebildeten Notfallsanitäterinnen und -sanitäter übernommen werden, was das System zusätzlich entlasten würde. Dies lässt die aktuelle Gesetzeslage aber nicht zu. Wir Johanniter setzen uns deshalb seit Jahren mit Nachdruck für eine umfassende Reform der Notfallversorgung ein.

Zeitgemäße pädagogische Konzepte in den Johanniter-Akademien garantieren hohe Standards in der Ausbildung. Foto: Henning Stauch

Ambulante Pflege

Unsere Pflegekräfte kümmern sich täglich um rund 20.000 pflegebedürftige Menschen in Deutschland. Ihre sehr verantwortungsvolle Arbeit erfordert nicht nur hohe fachliche Expertise, sondern vor allem ein hohes Maß an menschlicher Wärme und ein offenes Ohr: Nicht selten sind sie die einzigen Bezugspersonen für alleinlebende Menschen. 

Die Pflege zukunftssicher zu machen, ist auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es muss uns gelingen, mehr junge Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen und die Rahmenbedingungen so attraktiv zu machen, dass auch berufserfahrene Kräfte im Beruf bleiben. Neben einer angemessenen Bezahlung spielen dabei auch Bürokratieabbau sowie der breitere Einsatz digitaler Tools zur Unterstützung eine Rolle – damit mehr Zeit für die Menschen bleibt. 

Einsamkeit ist eines der größten gesellschaftlichen Probleme der Gegenwart. Meist denken wir dabei an ältere Menschen, die alleine leben. Doch Einsamkeit ist längst nicht mehr nur eine Gefahr im Alter. Laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung fühlt sich auch etwa jeder zehnte junge Mensch in Deutschland einsam – eine alarmierende Entwicklung. Mit unseren Angeboten wollen wir dazu beitragen, dass Menschen sich nicht einsam fühlen, sondern Gemeinschaft erleben und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben können – Jung wie Alt.

Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

Die Erzieherinnen und Erzieher in unseren über 600 Kindertageseinrichtungen betreuen täglich rund 44.000 Kinder. Auch ihre Arbeit ist herausfordernd und hoch verantwortungsvoll. Die in der Regel sehr knappe Personaldecke führt auch hier zu einem konstant hohen Arbeitspensum und Zeitdruck für die Mitarbeitenden. Verschärft wird dieser noch durch eine Vielzahl von Dokumentations- und Verwaltungsaufgaben, die im Kitaalltag nebenher kaum zu bewältigen sind. Als größter freigemeinnütziger Kitaträger melden wir uns immer wieder zu Wort und weisen darauf hin, dass auch in diesem Bereich dringender Reformbedarf besteht. 

Bevölkerungs- und Katastrophenschutz 

Angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Lage, aber auch der Auswirkungen des Klimawandels steigen die Anforderungen an den Katastrophen und Zivilschutz. Gleichzeitig erleben wir stagnierende Haushaltsmittel oder gar Kürzungen in diesem wichtigen Bereich, eine Entwicklung, die wir mit großer Sorge betrachten. Denn gerade jetzt brauchen wir qualifizierte und gut ausgestattete Menschen, die im Ernstfall bereitstehen, um zu helfen. Die Basis unseres Bevölkerungsschutzes ist das Ehrenamt. Um diese bewährten Strukturen aufrechterhalten zu können, sind bessere Rahmenbedingungen und eine größere Anerkennung für alle im Katastrophenschutz engagierten Frauen und Männer nötig. Aus diesem Grund setzen wir Johanniter uns auch für gleiche Rechte und Leistungen für alle ehrenamtlichen Einsatzkräfte im Bevölkerungsschutz ein.


"Wir positionieren uns klar und deutlich gegen jede Form von Intoleranz und Ausgrenzung – in unserer Gesellschaft und natürlich auch bei uns."

 Christian Meyer-Landrut, Mitglied des Bundesvorstandes


Gleichzeitig arbeiten wir an unseren eigenen großen Veränderungsthemen:
 

Nachhaltigkeit

Mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie haben wir uns auf den Weg gemacht, in allem, was wir tun, nachhaltiger zu werden. Unser Ziel ist es, unser Handeln in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht weiter zu verbessern: So werden wir beispielsweise sukzessive unsere Dienstfahrzeugflotte und die Energieversorgung unserer Gebäude und Einrichtungen auf emissionsfreie Alternativen umstellen. Zugleich haben wir uns vorgenommen, die Vielfalt in allen Bereichen und auf allen Ebenen unserer Organisation noch stärker zu fördern, weil wir davon überzeugt sind, dass dies ein wesentlicher Faktor für soziale Nachhaltigkeit ist und wir alle davon profitieren.

Digitalisierung

Nicht weniger intensiv beschäftigt uns die Digitalisierung all unserer Arbeits- und Lebensbereiche und die Frage, wie wir die neuen Möglichkeiten, etwa durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz, nutzen können. Dabei geht es zum einen darum, welche Unterstützungsangebote dadurch möglich werden, zum anderen, unsere eigenen Arbeitsweisen weiterzuentwickeln. Unser wichtigstes Ziel ist es dabei, unsere Mitarbeitenden in ihrer täglichen Arbeit zu entlasten, damit mehr Zeit bleibt für all das, wo die Hilfe von Mensch zu Mensch im Mittelpunkt steht.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt

Schließlich ein Thema, das uns ganz besonders am Herzen liegt und uns in jüngster Zeit Sorgen bereitet: Auch wir nehmen eine zunehmende Polarisierung unserer Gesellschaft wahr und sehen darin eine große Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land. Als Johanniter fühlen wir uns grundsätzlich dem Gebot politischer Neutralität verpflichtet. Gleichzeitig erleben wir seit geraumer Zeit immer wieder Anfeindungen gegen unsere Arbeit, und schlimmer, gegen die Menschen, für die wir uns täglich einsetzen. Das können und wollen wir nicht hinnehmen, denn es steht in eklatantem Wiederspruch zu unserem christlichen Menschenbild und unseren Werten.

Thomas Mähnert, Christian Meyer-Landrut
Mitglieder des Bundesvorstandes