Digitale Helfer in der Pflege
Die Johanniter haben zusammen mit den Universitäten Oldenburg und Osnabrück sowie dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) Bremen über den Einsatz robotischer Pflegesysteme geforscht.
In einem mehr als dreijährigen Projekt haben die Johanniter zusammen mit den Universitäten Oldenburg und Osnabrück sowie dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) Bremen über den Einsatz robotischer Pflegesysteme geforscht. Fazit: Es lässt sich eine Unterstützung und körperliche Entlastung der Pflegekräfte in allen untersuchten Perspektiven nachweisen.
Haben robotische Systeme einen Mehrwert in der Pflege? So lautete das Oberthema für die insgesamt zehn vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekte, die von 2020 bis 2023 durchgeführt wurden.
Für den Fachbereich Forschung und Entwicklung der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH) Niedersachsen/Bremen und ihre Partner standen dabei sogenannte adaptive Mehrkomponenten-Robotersysteme (AdaMeKoR) im Zentrum. Die JUH fungierte hier gewissermaßen als Anwalt des Pflegepersonals und der Patienten, damit nicht an den tatsächlichen Bedarfen vorbei geforscht wird. Projektleiterin Stephanie Raudies umreißt den Fokus: „Die ambulante Pflege gehört zu unserem Leistungsspektrum und Rückenleiden sind die häufigsten Gründe für Pflegekräfte, die Branche zu verlassen oder für Berufsunfähigkeit.“
Im Forschungsprojekt wurden daher Pflegende ebenso wie Pflegeempfangende berücksichtigt, um sie an der Technikentwicklung zu beteiligen. Für beide Gruppen gab es klare Ziele wie Stephanie Raudies beschreibt: „Bei der Entwicklung eines roboterunterstützen Patiententransfers, also zum Beispiel der Umlagerung oder Aufrichtung, drehte es sich um die körperliche Entlastung von Pflegekräften und ein vermindertes Risiko für Verletzungen. Für Menschen mit Unterstützungsbedarf wie bei neuromuskulären Erkrankungen war die Entwicklung von passenden Steuerungsmöglichkeiten für einen assistiven Arm dagegen relevant, um ihnen mehr Freiheit und Lebensqualität zu ermöglichen.“
In den Versuchsreihen kamen KUKA- und JACO-Arme zum Einsatz: Beide Roboterarme werden schon länger in der Industrie eingesetzt, und der JACO-Arm hat es bereits vom Fertigungsbetrieb zur menschlichen Unterstützung geschafft. Der kleinere der beiden Arme war zu Beginn der Forschung schon als Medizinprodukt zugelassen und konnte über einen Joystick beispielsweise Getränke anreichen. „Hier konnten wir den Mehrwert für die Patienten durch neue und leichter bedienbare Steuerungssysteme stark verbessern“ erklärt Stephanie Raudies, „sodass statt eines schwierigeren Joysticks ein Controller, eine sensorische 3D-Maus oder die sprachgesteuerte Lösung eingesetzt wurden.“
Alle Ergebnisse und Erfahrungen wurden in entsprechenden Studien erarbeitet. Für die Gruppe der insgesamt 89 Pflegefachkräfte und -auszubildenden wurden Arbeitsabläufe mit sensorgestützten Aufnahmen, einer Auswertung der Video- und Sensoraufzeichnungen sowie durch Selbsteinschätzung und Interviews analysiert.
Bei der Detailstudie mit 14 Pflegeempfangenden, die unter Einschränkungen wie Lähmungen, Spastiken oder Kraftverlust litten, sollte der assistive Roboterarm unter anderen Wasser einschenken und den Becher anheben. Getestet wurde im Forschungslabor und vor Ort in den Einrichtungen oder Privathaushalten. Stephanie Raudies: „Bevorzugt wurden fast immer intuitiv steuerbare Anwendungen wie die sensorische 3D-Maus oder die Sprachsteuerung.“
Für die mögliche Implementierung der Systeme spielten auch weitere Aspekte eine begleitende Rolle: „Es ist wichtig, alle Beteiligten früh mit einzubinden, denn letztendlich ist das entscheidend für die Toleranz und Akzeptanz gegenüber robotischen Systemen“, erläutert Projektleiterin Stephanie Raudies. „Noch immer gibt es viele Bedenken und ethische Fragen, ob und inwieweit Technik die Pflege entmenschlicht. Dabei geht es keineswegs darum, menschliche Nähe und Kontakte zu ersetzen. Ganz im Gegenteil: Vielmehr soll die Technik dabei helfen, mehr Zeit für zwischenmenschliche Interaktion zu ermöglichen. Und das gilt für professionell Pflegende ebenso wie für Laien, beziehungsweise Angehörige.“
Und auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel kann sich die examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin eine weitere Erleichterung durch digitalisierte Systeme vorstellen: „Im Rahmen der Telepflege könnten Pflegekräfte ihre Kollegen oder die Patienten aus der Ferne unterstützen, indem sie den Arm von extern steuern. Wenn sie also selbst körperlich nicht mehr in der Pflege tätig sein können, bleiben ihnen neue Aufgaben.“
Weitere Details zur Studie finden Sie unter http://adamekor.de/