18.03.2022: Weltschlaftag „Guter Schlaf, gesunder Geist, glückliche Welt“
Viele Menschen können bei kurz- oder längerfristigen Belastungen schlecht schlafen. Das ist nicht ungewöhnlich und geht in der Regel auch wieder vorbei, wenn sich die Belastung verringert.
Interview mit Schlafmedizinerin Oberärztin Dr. Birgit Becke
Viele Menschen können bei kurz- oder längerfristigen Belastungen schlecht schlafen. Das ist nicht ungewöhnlich und geht in der Regel auch wieder vorbei, wenn sich die Belastung verringert.
Auch Corona hat in den vergangenen beiden Jahren für viele Menschen den Alltag deutlich verändert. Schulen und Kindergärten waren zeitweise geschlossen, viele Berufstätige arbeiten im Homeoffice, Quarantänephasen schränken den Alltag ein, Familien sind ungewohnt lange und intensiv zusammen, andere Menschen wiederum waren viel alleine, haben gar Angehörige und Freunde wegen Corona verloren. In extremen Fällen wurden berufliche Existenzen zerstört, Lebensplanungen mussten über den Haufen geworfen und neu aufgestellt werden, Schulden haben sich angehäuft u.v.m.
Daraus erwachsene Angst oder Sorgen können zu Einschlafproblemen, Alpträumen oder anderen Schlafschwierigkeiten führen oder den Schlaf-Rhythmus verändern.
Wann wird schlechter Schlaf zum Problem?
Man muss zwischen schlechtem Schlaf und einer Schlafstörung unterscheiden. Manchmal kann man mehrere Tage schlecht schlafen, weil man Sorgen hat, vielleicht Stress oder Liebeskummer. Das geht in der Regel wieder vorbei und ist auch nicht behandlungsbedürftig.
Aktiv werden sollte man, wenn man länger als einen Monat und häufiger als dreimal in der Woche Schlafprobleme hat. Das kann zermürben und krank machen.
Nach mehreren Corona-Wellen: Was macht das mit unserem Schlaf?
Viele haben sich mittlerweile mit Corona arrangiert, tagsüber hat man sich an viele Dinge mittlerweile gewohnt. Daher geht für viele Menschen die Corona-Krise erst beim Einschlafen los. Ängste und innere Anspannung, Sorgen um die Gesundheit und die Zukunft: Wir wälzen uns im Bett hin und her, statt entspannt einzuschlummern. Und schlafen wir doch irgendwann ein, reißen uns Albträume wieder aus dem Schlaf.
Was tun bei einer echten Schlafstörung?
Viele warten viel zu lange und nehmen schlechten Schlaf monate- oder sogar jahrelang hin. Gehen Sie zu Ihrem Hausarzt! Er weiß, ob Sie von einem Schlafmediziner behandelt oder in einem Schlaflabor diagnostiziert werden müssen.
Was passiert im Schlaflabor?
In unserem Schlaflabor nutzen wir die Möglichkeiten der modernen Technik (Kameras, Mikrofone, Elektroden und Computer). In der Nacht werden EKG, EEG, Schnarchgeräusche, Körperlage, die Atmung und Beinbewegungen aufgezeichnet und in einem persönlichen Gespräch am Morgen danach ausgewertet und besprochen.
Gibt es Menschen, die Schlafstörungen eher entwickeln als andere?
Ja, durchaus. Das können zum Beispiel sehr perfektionistische oder ängstliche Menschen sein, denen es oft abends schwerer fällt, abzuschalten, weil die Gedanken schon bei den Aufgaben des Folgetages sind. Oder sie wälzen Konflikte von der Arbeit oder in der Beziehung noch im Kopf, die Schlafstörungen auslösen können. Wir Schlafmediziner müssen körperliche Ursachen ausschließen, zum Beispiel nächtliche Atemstörungen, neurologische Erkrankungen oder Erkrankungen der Schilddrüse.
Warum ist das so?
In den letzten zwei Jahren hat sich unser gewohntes Leben durch die Pandemie umfassend verändert. Oftmals kamen gewohnte Tagesstrukturen über längere Zeiträume durcheinander. Für die innere Uhr und damit auch für einen gesunden Schlaf jedoch sind gewohnte Verhaltensmuster ein wichtiger Faktor. Zudem beschäftigt sich unser Unterbewusstsein nachts mit Dingen, die wir tagsüber verdrängt oder beiseite geschoben haben – was uns vielleicht geärgert hat, was wir nicht geschafft haben, was uns belastet oder Sorgen macht usw.
Gibt es Kniffe, dieses Gedankenkarussell abzustellen?
In letzter Zeit war es wirklich schwierig abzuschalten, ständig gab und gibt es belastende, ja bedrohliche Nachrichten, die sich überschlagen. Umso wichtiger ist es möglichst entspannt ins Bett zu gehen. Es gibt verschiedene individuelle Möglichkeiten wie man entspannt „runterfahren“ kann, um wieder zu einem erholsamen Schlaf zu finden.
Mehr Informationen
Oberärztin Dr. Birgit Becke leitet die Lungenfachklinik am Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen
Sie ist Fachärztin für Innere Medizin/ Pneumologie und Schlafmedizin.
Das Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen ist Brandenburgs größte Lungenfachklinik mit 154 stationären Betten und 3 tagesklinischen Plätzen. Seit ca. 100 Jahren werden hier Lungenkrankheiten behandelt.