Kolumbien: Einzigartiges Ökosystem gefährdet

Berlin / Bogotá, 10. Mai 2021

Die Mangrovenwälder an der kolumbianischen Pazifikküste sind eines der artenreichsten Ökosysteme unseres Planeten. Doch klimabedingte Veränderungen, die Verschmutzung der Meere, die Auswirkungen des bewaffneten Konflikts und die verbreitete Armut gefährden die Umwelt und die dort lebenden Menschen gleichermaßen. Unsere lokale Partnerorganisation A-kasa unterstützt die Menschen bei der nachhaltigen Sicherung ihres Lebensunterhalts, der eng mit dem Zustand des Ökosystems verknüpft ist.

Nur wenige Kilometer Flachland trennen die hohe Gebirgskette der Anden von der kolumbianischen Pazifikküste. Unzählige Flüsse ziehen durch den schmalen Küstenstreifen, der aus dichtem Urwald und Mangrovenwäldern besteht. Wen es hierher verschlägt, braucht genügend Zeit für stundenlange Bootsfahrten und einen kundigen Steuermann, der das Labyrinth aus Flussmündungen und die Gezeiten kennt.

Umwelteinflüsse gefährden die Lebensgrundlagen

Trotz der Abgelegenheit kann von unberührter Natur keine Rede mehr sein: „Die Jagd nach Kormoranen hat zur Zerstörung von vielen Hektar Mangrovenwald geführt“, erzählt Celso Caicedo Sinisterra aus dem Dorf Timbiquí, der seit jeher vom Fischfang und den Muscheln lebt. Er stapft zwischen umgefallenen Stämmen und zeigt auf den Boden. „Früher sammelten wir hier wilde Muscheln und fischten, weil sich die Fische von den Resten aus den Vogelnestern oben ernährten“, erklärt Celso das sensible Ökosystem. Heute fallen die Stämme dem Kahlschlag auf der Jagd nach den Vögeln oder Holzhändlern zum Opfer.

Die Abholzung ist nur ein Problem von vielen: Illegaler Goldabbau und eine zunehmende Verschmutzung der Flüsse durch Plastik setzen der Umwelt zu. Die Bodenqualität nimmt ab und immer mehr Tierarten verschwinden. Hinzu kommen bewaffnete Gruppen, die weite Teile der abgelegenen Region und Drogenschmuggelrouten kontrollieren. Staatliche Strukturen und Kontrolle gibt es in den vor allem von Afrokolumbianern bewohnten Gebieten hingegen kaum.

Zu wenig Muscheln, zu viel Armut

Die Gemeinden haben sich an das feuchte Klima angepasst: man findet Häuser auf Pfählen, die Menschen leben von der Fischerei, bauen Kokosnüsse an oder betreiben Forstwirtschaft. Vor allem Frauen verdienen sich ihren Lebensunterhalt häufig durch das Sammeln von Muscheln, dem sogenannten "Pingüar". Hierfür fahren sie bei Ebbe in die Mangroven, um die Muscheln aus dem Schlamm zu ziehen. Wichtig dabei ist, nur die großen Muscheln zu sammeln, um das Weiterbestehen der Art nicht zu gefährden. Doch zurückgehende Muschelbestände treffen auf Armut, womit sich ein Teufelskreis bildet. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, müssen sie auch kleinere Muscheln sammeln. Das gefährdet deren Fortbestand.

Um die Entwicklung umzukehren, unterstützt A-kasa Menschen wie Celso bei der Wiederherstellung der Mangroven. „Wenn wir die Zonen markiert haben, pflanzen wir alle 50 Zentimeter neue Setzlinge“, erklärt Celso. „Wenn Mensch und Tier das Gebiet nicht betreten, können die Setzlinge in eineinhalb Jahren eine stattliche Größe erreichen und dann beginnt die Erholung des Bodens und damit die Rückkehr von Krebsen, Echsen und Weichtieren.“

Schutz und Aufforstung von Mangrovenwäldern

Das Ziel ist es, zusammen mit drei Gemeinden rund ein Quadratkilometer Mangrovenwälder zurückzugewinnen, nachdem dort der Müll beseitigt wurde. Damit diese Anstrengung Bestand hat, wird der Schulterschluss mit lokalen Regierungen, Institutionen und Kooperationen gesucht. So sollen die Umweltpläne der Gemeinden anerkannt und die Wälder unter Schutz gestellt werden, um eine nachhaltige Bewirtschaftung der Zonen zu ermöglichen. „Die Menschen kennen die Probleme, aber auch Lösungen, um die Situation zu überwinden“, sagt Kirsten Wesenberg, die die Projekte der Johanniter in Kolumbien begleitet.

Wir setzen uns dafür ein, dass diese lokalen Initiativen umfangreiche Unterstützung erhalten, um langfristige Perspektiven für die lokale Bevölkerung zu schaffen.
Kirsten Wesenberg

So werden bereits existierende Pläne für den Ökotourismus gestärkt und die Infrastruktur dafür verbessert. In allen drei Gemeinden werden Lager- und Verarbeitungsstrukturen geschaffen und erneuert, damit die Produkte der Gemeinden auch die Märkte erreichen und Einkommen sichern. „Das eine sichert das andere. Mensch und Umwelt hängen in dieser Region besonders eng zusammen“, sagt Wesenberg.

Weitere Maßnahmen im Rahmen des Projekts

Frau mit Kind in einem Klassenraum

Das Projekt wird seit Dezember 2020 mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) neben Kolumbien auch in Ecuador umgesetzt. Es hat bis Ende 2023 das Ziel, die nachhaltige ländliche Entwicklung und den Ressourcenschutz in der Pazifikregion beider Länder zu fördern. Dafür unterstützen wir unsere lokalen Partner Fundación Heifer in Ecuador und Fundación A-kasa in Kolumbien, die auf die Stärkung gemeindebasierter Strukturen spezialisiert sind. Die Projektziele in den Gemeinden Timbiquí, La Tola und Santa Bárbara – Iscuandé in Kolumbien im Überblick:

Kinder im Armenviertel von Medellín

Die Auslandshilfe in Kolumbien

In Kolumbien unterstützen wir Betroffene des bewaffneten Konflikts und venezolanische Geflüchtete. Wir verbessern die Gesundheits- und Ernährungssituation in Armenvierteln der Stadt Medellín und leisten humanitäre Hilfe in ländlichen Regionen.

Mehr erfahren