Es gibt keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit
Am 10. Oktober ist der Welttag der psychischen Gesundheit! Übergeordnetes Ziel ist es, das Bewusstsein für Fragen der psychischen Gesundheit in der ganzen Welt zu schärfen und Anstrengungen zur Unterstützung der psychischen Gesundheit zu mobilisieren.
In Kambodscha hat fast jede vierte Frau im Alter zwischen 15 und 45 Jahren bereits physische, emotionale oder sexualisierte Gewalt erlebt. Nicht zuletzt aufgrund des gesellschaftlichen Tabus zu diesem Thema gibt es kaum Behandlungsmöglichkeiten für die Betroffenen. Wir Johanniter unterstützen unsere Partner Transcultural Psychosocial Organization (TPO) und Women Peace Makers (WPM) bei ihrem enormen Engagement, den Wandel in den drei kambodschanischen Provinzen Kampong Chhnang, Tbong Khmum und Kampot voranzutreiben. 900 Frauen und Mädchen, Männer und Jungen nehmen an Selbsthilfegruppen teil, damit sie ein gewisses Maß an Kontrolle und Selbstvertrauen zurückgewinnen können. Das Projekt fördert den Wiederaufbau und den sozialen Zusammenhalt innerhalb bestehender Gemeinschaftsstrukturen. Dabei wird vorhandenes Wissen in den Zielgemeinden besonders berücksichtigt. Der Leiter von TPO, Dr. Sotheara Chhim, erklärt im Interview, warum diese Hilfe so wichtig ist.
Warum sind psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung so wichtig und dürfen nicht vernachlässigt werden?
Herr Chhim: Die WHO hat erklärt: ‘Es gibt keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit’. Darüber hinaus sind mentale Gesundheit und psychosoziale Fragen mit allen Aspekten unseres Lebens verknüpft. Tatsächlich kann die Belastung durch die mentalen Herausforderungen weitaus größer sein als Auswirkungen auf die physische Gesundheit. Sie hält länger an und beeinflusst nicht nur das Leben der Patientinnen und Patienten, sondern auch das der Familienmitglieder, der Gemeinschaft und der Gesellschaft. Trotz dieser großen Belastung sind die Investitionen in die mentale Gesundheit in vielen Ländern, insbesondere in Entwicklungsländern, sehr gering. Viele Länder wenden weniger als 2% des Jahresbudgets im Gesundheitsbereich für die psychische Gesundheit auf. Dies reicht nicht aus, um die Ressourcen im Bereich der mentalen Gesundheit zu entwickeln und Qualität bei den psychosozialen Diensten zu gewährleisten.
Warum wird diese Unterstützung in Kambodscha benötigt?
Durch jahrzehntelangen Krieg, Genozid und gesellschaftspolitische Umwälzungen sind viele Kambodschanerinnen und Kambodschaner verschiedener Generationen traumatisiert worden. Die Folgen für die psychische Gesundheit sind enorm. Bis heute gibt es im ganzen Land etwa 60 Psychiater für eine Bevölkerung von etwa 15 Millionen Menschen. Diese Zahl reicht nicht aus, um den Bedarf an psychiatrischer Versorgung für die Menschen zu decken.
Was hat TPO mit seiner Arbeit bisher erreicht?
Das Bewusstsein für mentale Gesundheit in der kambodschanischen Öffentlichkeit nimmt zu. Es gibt immer mehr Menschen, die bereit sind zu sprechen, sich auszudrücken und Unterstützung für sich oder ihre Familienmitglieder zu suchen. Wir sind stolz darauf, sagen zu können, dass wir die einzige Organisation sind, die in Kambodscha über Fachkenntnisse auf diesem Gebiet verfügt.
Was sind die Hauptziele des neuen Projekts mit WPM und den Johannitern?
Aufgrund der Traumata der Vergangenheit sind viele Menschen in dem Teufelskreis aus mentalen Gesundheitsproblemen, Gewalt und Armut gefangen. Unser Projekt zielt darauf ab, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Die Johanniter, TPO und WPM unterstützen gemeinsam Gemeindemitglieder, um ihre psychische Gesundheit und ihren psychosozialen Status zu verbessern. damit sie sich an den Aktivitäten in ihrer Gemeinde beteiligen können. Außerdem unterstützt TPO die mentale Gesundheit, indem wir lokale Veramntwortliche für Erste Hilfe im Bereich psychische Gesundheit schulen. Als psychosoziale Fachkräfte werden sie den Menschen in ihren Gemeinden psychologische Unterstützung aus erster Hand anbieten, bevor diese anschließend weiter überwiesen werden.