„Der Libanon läuft Gefahr, in Dunkelheit zu versinken“
Gestiegene Öl- und Nahrungsmittelpreise gepaart mit einer der schwersten Wirtschaftskrisen in der Geschichte des Landes führen zu enormer Armut in fast allen Bevölkerungsschichten. Die Johanniter greifen den Familien unter die Arme, um die Krise zu überstehen.
„Es ist traurig, dass unsere Stimme und unsere Geschichten weltweit nicht wahrgenommen werden. Dabei sind Millionen Libanesen und Geflüchtete im Land stark von der Ukraine-Krise betroffen", sagt Yasser Dawood, Geschäftsführer von Naba'a, der Johanniter-Partnerorganisation im Libanon.
Der Libanon importiert über 90 % seines Getreides aus der Ukraine und Russland und verfügt nur über geringe Getreidereserven. Insbesondere durch die Explosion im Beiruter Hafen am 4. August 2020 wurden die Getreidesilos zerstört, die in großen Mengen Getreide gelagert hatten.
Zudem leidet das Land seit Jahren unter einer der schwersten wirtschaftlichen Rezession seiner Geschichte, was zu einer Inflationsrate von 800 Prozent führte und den Wert der libanesischen Lira enorm verringert hat. Dies zusammen mit enorm gestiegenen Preisen für Grundnahrungsmittel wie Weizen, Zucker, Hefe, Speiseöl führte dazu, dass 75 % der libanesischen Bevölkerung und 90 % der 1,5 Millionen Geflüchteten im Land in Armut leben.
Neben den gestiegenen Preisen für Grundnahrungsmittel macht Vijay Raghavan vor allem der rasant gestiegene Gas- und Ölpreis Sorgen. Raghavan leitet die Johanniter-Aktivitäten im Nahen Osten. „Mittlerweile gibt es von öffentlicher Stelle nur noch maximal zwei Stunden pro Tag Strom, die Preise von privaten Stromerzeugern können sich immer weniger Familien leisten. Der Libanon läuft Gefahr, in Dunkelheit zu versinken.“ Und das betrifft nicht nur Privatpersonen, sondern auch Krankenhäuser, Schulen und andere wichtige Einrichtungen. Betroffen davon ist auch die Versorgung mit Wasser, das über strombetriebene Pumpsysteme in die Haushalte geliefert wird. Mehr als 900.000 Libanesen und eine Million syrische Geflüchtete hatten bereits im vergangenen Jahr über Engpässe berichtet.
Unterstützung für breite Bevölkerungsschichten
Die Johanniter sind bereits seit zehn Jahren im Libanon tätig und unterstützen gemeinsam mit Naba’a immer wieder besonders betroffene Familien mit Nahrungsmitteln und Bargeld, um ihnen in schweren Krisen beizustehen.
So haben sie auch jetzt wieder als Reaktion auf die sich verschärfende Krise durch den Ukraine-Krieg neue Aktivitäten gestartet: Gemeinsam mit Naba’a werden 430 libanesische, aber auch Geflüchtete und Migrantenfamilien mit Nahrungsmittelpaketen, Hygieneartikeln sowie Bargeld unterstützt. „Mit dem Bargeldzuschuss können die Familien Schulgeld, Schulmaterialien, medizinische Behandlungen oder Mieten bezahlen“, erklärt Raghavan die wichtige Hilfe für die Familien. „Dadurch nehmen wir etwas Druck von ihren Schultern und ermöglichen ihnen, auch diese Krise zu überstehen.“