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Jacqueline

// Jacqueline arbeitet als stellvertretende Pflegedienstleitung im Johanniterhaus Pfarrer Franz Gardelegen.

„‘Bitte ruf meine Frau und meine Tochter an. Ich muss heute noch sterben.‘ Als der Patient das damals zu mir sagte, war ich erstmal geschockt. Ich ging noch zur Schule und machte ein Praktikum in einem Krankenhaus. Schnell holte ich eine Krankenschwester und erzählte ihr davon. Sie rief dann tatsächlich die Familie des Patienten an. Sie kamen ins Krankenhaus, und als sie das Zimmer wieder verließen, weinten sie. Der Mann war verstorben. Seine Angehörigen waren gerade noch rechtzeitig gekommen, um sich zu verabschieden. Es war mein erster Todesfall. Und ich weiß noch bis heute, wie die Schwester zu mir sagte: ‚Jaqueline, du hast auf deinen Instinkt gehört und uns Bescheid gegeben. Halt daran fest! Ich denke, du bist auf dem richtigen Weg!‘

Heute ist mein Beruf meine Berufung. Mein Sohn sagt immer, ich sei mit meinem Job verheiratet. Und ein bisschen ist es auch so: Ich liebe meinen Job einfach. 

Nach meiner Ausbildung zur Pflegefachkraft habe ich viele Jahre als Altenpflegerin gearbeitet. 2015 habe ich dann noch eine Palliativ-Ausbildung gemacht. Heute begleite ich Menschen in ihren letzten Tagen und Stunden. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, offen und ehrlich mit der Wahrheit umzugehen und selbst Ruhe auszustrahlen. ‚Es wird alles gut…‘ Solche Sätze sind gelogen, wenn jemand im Sterben liegt. Die Menschen wollen das auch gar nicht hören. Lieber frage ich: ‚Was können wir tun, um das Beste aus der Situation zu machen?‘ Und manchmal ist sind die Antworten erstaunlich!“

„Wenn man mit Sterbenden arbeitet, sollte es um das Hier und Jetzt gehen. Was für uns alle selbstverständlich ist, gewinnt plötzlich eine große Bedeutung. Ich erinnere mich an eine Bewohnerin, die ich über acht Tage hinweg begleitet habe. Sie bekam zu dem Zeitpunkt nur noch flüssige Nahrung, doch sie konnte die Suppen nicht mehr sehen. Also aß sie nicht. ‚Was möchten Sie denn?‘ fragte ich. Ihre Antwort: ‚Pommes!‘ Diesen Wunsch habe ich ihr erfüllt. An einem anderen Tag bat sie darum, noch einmal die Sonne zu sehen. Ich schaute zum Fenster – die Sonne schien tatsächlich. Ihr Sohn war gerade zu Besuch, also beschloss ich kurzerhand: ‚Kommen Sie, wir gehen raus.‘ ‚Jetzt?‘ ‚Ja, jetzt!‘ Worauf soll man in so einem Moment denn noch warten? Jede Gelegenheit könnte die letzte sein!

Vor ein paar Jahren bin ich selbst dem Tod nur knapp von der Schippe gesprungen. Eine Fehlbehandlung im Krankenhaus und weitere Fehldiagnosen haben dazu geführt, dass ich kurz vor einer Sepsis stand. Ich war lange Zeit krankgeschrieben und konnte nicht arbeiten, das war für mich das Schlimmste! Zum Glück bin ich jetzt wieder da. Dank meiner tollen Kolleginnen und Kollegen, die mich täglich unterstützen, musste ich meinen Traumjob nicht an den Nagel hängen. Ich brauche meine Bewohnerinnen und Bewohner einfach! Als stellvertretende Pflegedienstleiterin verbringe ich auch mal viel Zeit im Büro, doch die Arbeit mit den Menschen ist mir viel lieber! Meinen Azubis sage ich immer: ‚Wer sich für diesen Job entscheidet, sollte ihn mit Herzblut machen!‘“

„63 Euro. Es gab eine Zeit, als mir von meinem Gehalt nach allen Fixkosten im Monat genau diese Summe blieb. Als Alleinerziehende war es oft nicht leicht. Mehrmals musste ich umziehen, nur damit mein Sohn in den Frühhort gehen konnte. Am Wochenende war er oft bei seinen Großeltern, während ich Wochenendschichten übernahm. Lange pendelte ich fast 20 Kilometer zu meiner Arbeitsstelle, doch ich traute mich nicht, den Job zu wechseln. ‚Wer weiß, ob es dir in einer anderen Einrichtung gefallen wird…‘ dachte ich lange. Doch dann sind mein Sohn und ich zurück in meine Heimatstadt Gardelegen gezogen. Ich fasste mir ein Herz und bewarb mich im Johanniterhaus Pfarrer Franz. 

‚Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?‘ Das waren meine Worte, als ich hörte, wie viel ich hier verdienen würde. Das Angebot war so gut, dass ich es nicht fassen konnte! Und das bei 5 Stunden weniger Arbeit in der Woche! Es war kein Scherz. Ich unterschrieb sofort. 

Früher konnte ich mir keine 3-Zimmer-Wohnung leisten. Heute habe ich mir den Traum von einem Eigenheim erfüllt. Kaum hatte ich die Schlüssel zu unserem Haus in der Hand, zog ein weiteres Familienmitglied mit ein – Charlie, unser Boxer Shar Pei. Charlie ist mein Seelenhund. Als ich damals zur Züchterin kam, war er es, der mich ausgesucht hat. Er weiß immer, wie es mir geht, er ist mein Seelentröster. Als ich im Krankenhaus war, hat er kaum gefressen, so sehr hängt er an mir. Das ist bedingungslose Liebe! Heute sage ich: Ich habe zwei Kinder: Einen auf zwei und einen auf vier Beinen, für jeden Arm eins!“