Jasmin

// Jasmin ist Pflegefachkraft im Johanniter-Stift Buseck.

Jasmin kann sich glücklich schätzen. Denn es gibt Menschen, die ein Leben lang nach ihrer Berufung suchen. Nach etwas, das sie erfüllt, einer Tätigkeit, die ihnen das Gefühl gibt, einen wertvollen Beitrag zu leisten. Andere wissen schon sehr früh, was sie wollen. Ihr Herz sagt es ihnen, so laut, dass sie nicht weghören können. So war es auch bei Jasmin.

Es ist 2015. Jasmin ist 15, geht noch zur Schule. Bald wird sie ihren Realschulabschluss machen. Wie ihre Mitschüler soll sie sich überlegen, was sie später werden will. Jasmin hat schon eine Ahnung. Eine ziemlich genaue sogar. Bei einem Projekttag sagt sie es laut. „Bist du dir da ganz sicher?“ Viele ihrer Klassenkameraden reagieren skeptisch, als sie hören, was Jasmins Traumberuf ist. Doch das macht ihr nichts aus. Schließlich weiß das Mädchen genau, wovon es spricht. 

Schon neben der Schule hilft Jasmin in einer Pflegeeinrichtung aus. Die Arbeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern macht ihr unglaublich viel Spaß. Obwohl sie noch ein Teenager ist, fällt es ihr leicht, sich in ältere Menschen einzufühlen. In einem Kindergarten zu arbeiten, das kann Jasmin sich nicht vorstellen. Doch in der Altenpflege ist das Mädchen in ihrem Element. 

Im Abschlussjahr macht sie ein Praktikum im Johanniter-Stift Buseck. Jasmin ist begeistert – ihr Arbeitgeber auch. Nach ein paar Wochen wird ihre Ahnung zur Gewissheit: Jasmin hat ihre Berufung gefunden. 

Sie ist frisch 17, als sie ihre Ausbildung zur examinierten Pflegefachkraft beginnt. Im Team ist sie das Nesthäkchen, muss noch viel lernen. Ein paar Jahre später ist aus der Raupe ein Schmetterling geworden: Mit nur 22 Jahren leitet Jasmin einen Wohnbereich und ist für ihr eigenes Team verantwortlich. Verantwortung für andere zu übernehmen, das ist etwas, das Jasmin früh gelernt hat. Heute ist sie dankbar dafür.

Es ist halb 6 Uhr morgens. Noch ist etwas Zeit, bis ihre Schicht beginnt. Jasmin kommt gern etwas früher, macht sich als erstes einen Kaffee. Ohne den Kaffee geht gar nichts. Sie nimmt einen Schluck, plaudert dabei mit Kollegen, stimmt sich ein. Erst, wenn die Kaffeetasse leer ist, kann der Tag beginnen. Es ist noch nicht allzu lange her, dass Jasmin hier von der Pike auf gelernt hat, worauf es in diesem Job ankommt. Jetzt ist sie dafür verantwortlich, dass in ihrem Wohnbereich alles glattläuft. 

Einige Jahre zuvor. Jasmin ist 14 Jahre alt. Weil ihre Eltern viel arbeiten, kümmert sich das Mädchen um ihre achtjährige Schwester. Sie hilft bei Hausaufgaben, macht Abendbrot, sorgt zuhause für Ordnung. Heute ist sie froh darüber, so viel Zeit mit ihrer Schwester verbracht zu haben. Auch wenn Jasmin nicht mehr zuhause wohnt, haben die beiden ein inniges Verhältnis. Als Teenager hat Jasmin gelernt, selbstständig zu sein. Selbstwirksam, könnte man auch sagen. In ihrem Job kommt ihr diese Erfahrung zugute. Ihr Team kann sich auf sie verlassen. Sie kümmert sich, sorgt dafür, dass es allen gut geht. Und sie sorgt auch für sich selbst. Zum Beispiel mit diesem ersten Kaffee am Morgen, den sie besonders genießt, bevor ihre Schicht beginnt.

Es ist 14 Uhr. Jasmins Schicht ist gerade zu Ende. Sie arbeitet gern im Frühdienst, auch wenn der Wecker dann schon um 04:15 Uhr am Morgen klingelt. Aufs Ausschlafen muss sie dann zwar verzichten, doch so bleibt eben noch viel Zeit, um den Rest des Tages zu genießen. Dann dreht Jasmin eine Runde, besucht Freunde oder fährt zu ihren Eltern, um einen Kaffee zu trinken und ihrer kleinen Schwester Hallo zu sagen. 

Jasmin lebt in einem kleinen Ort in der Nähe von Gießen. In die Stadt zieht es die junge Frau nicht. Sie mag es, wenn es vor ihren Fenstern ruhig ist, hat lieber eine grüne Terrasse als einen Stadtbalkon. 

Doch das heißt nicht, dass es nicht auch mal Abwechslung geben darf. 

Am liebsten fliegt Jasmin in den Süden. Die Füße in warmen Sand graben, aufs Meer schauen und dabei einen Cocktail schlürfen. Am Strand kann sie sich am besten erholen, neue Kraft für den Alltag tanken. 

Wenn das gerade nicht geht, setzt sie sich mit ihrer besten Freundin ins Auto, um einen Städtetrip zu machen. Dann bummeln die beiden über einen malerischen Markt in Düsseldorf, sehen sich den Kölner Dom an oder Essen ein Eis am Rheinufer. Volle Einkaufsstraßen und Geschäfte lassen die Freundinnen bewusst links liegen. Zu viel Gewusel mochte Jasmin noch nie. Und gerade in Zeiten von Corona begleitet ihr Verantwortungsgefühl sie auch an ihren freien Tagen. Sie möchte weder sich noch ihre Bewohnerinnen und Bewohner unnötig in Gefahr bringen. 

Irgendwann, wenn sie einmal in Rente ist, würde Jasmin gerne am Meer leben, vielleicht in Kroatien, wo die Uhren noch anders ticken, wo die Menschen sich auch im Alltag innehalten, Späße machen, miteinander plaudern. Bis dahin ist noch viel Zeit. Zeit, die Jasmin damit verbringen wird, einem Beruf nachzugehen, der nicht nur ein Job, sondern ihre Berufung ist.