Gunhild
// Gunhild arbeitet im Johanniter-Stift Buseck in der Verwaltung.
Ganz gleich, wie turbulent es auch zugehen mag – Gunhild behält den Überblick. Das Telefon klingelt, Dokumente und Akten stapeln sich auf dem Schreibtisch, jemand steht am Tresen – ein ganz normaler Vormittag in der Verwaltungsabteilung im Johanniter-Stift Buseck eben. Wenn Gunhild über ihren Arbeitsalltag berichtet, lächelt sie verschmitzt – denn gerade in Situationen wie diesen läuft die 60-Jährige zu Höchstform auf. „Meine Arbeit besteht aus einem großen Rundumpaket. Wir sind erste Anlaufstelle für die Angehörigen, führen Aufnahmegespräche, erstellen Rechnungen – und dann kommt natürlich auch noch viel auf Zuruf“, erzählt sie und rückt dabei vergnügt ihre Brille zurecht.
Dass Gunhild in Sachen Multitasking belastbar ist, kommt natürlich nicht von ungefähr. In ihrer beruflichen Laufbahn lässt sich so einiges finden – aber ein Job, bei dem man einfach nur Zeit für Geld tauscht, ist sicher nicht dabei. Gunhild will Aufgaben mit Herz, Energie und Freude meistern. In jungen Jahren in ihrer Ausbildung zur Arzthelferin lernt sie, sich sowohl blitzschnell als auch gewissenhaft auf immer wieder neue Situationen einzustellen. Ihre spätere Stellung in einer psychosozialen Kontaktstelle erfordert hingegen das gewisse Etwas: Gunhild muss an mehreren Baustellen gleichzeitig arbeiten – und genau das gefällt ihr daran: „In den ersten Jahren meiner Tätigkeit waren wir als Verwaltung voll integriert. Neben den verwaltungstechnischen Aufgaben habe ich fast alle Klienten gekannt, und auch dass sich neue Mitarbeiter immer an uns wenden konnten, war mir sehr wichtig“, erzählt sie lebendig.
Als sie dann durch Veränderungen in der Firma auf einmal nur noch „Exceltabellen verwalten“ darf, verlässt Gunhild schweren Herzens ihren langjährigen Arbeitgeber – und findet bei den Johannitern eine neue Herausforderung.
„Ich habe immer gut funktioniert“, räumt Gunhild offen und ohne Umschweife ein. In jungen Jahren muss sie neben ihrer eigenen kleinen Familie auch noch die Herausforderungen ihrer Angehörigen meistern – und vergisst dabei ihre eigenen Bedürfnisse. „Mein Leben mit Anfang 20 war nicht wirklich unbeschwert. Da gab es die Nöte der Familie – und ich war diejenige, die nie Nein sagen konnte“, erinnert sie sich zurück. Während andere mit Gleichaltrigen Spaß haben, begleitet Gunhild Familienangehörige zu Arztbesuchen, geht zu Elternabenden für ihre jüngere Schwester und übernimmt sogar die gesetzliche Betreuung eines Halbonkels. Viel Last auf den Schultern eines jungen Menschen. Und obwohl weder die Kindheit noch die Jugend nachgeholt werden können, fühlt sich Gunhilds Leben jetzt in vielerlei Hinsicht unbeschwerter als früher an. „Heute mit 60 habe ich gelernt, Grenzen zu setzen. Das habe ich mich früher nicht getraut“, gibt sie mit Erleichterung zu.
Ihren innigen Wunsch, sich um das Wohl ihrer Mitmenschen zu kümmern, gibt sie trotzdem nicht auf. Vielmehr findet sie andere Wege, ihre Liebe zum Ausdruck zu bringen: zum Beispiel in ihrer nebenberuflichen Tätigkeit als selbstständige Kosmetikerin. Obwohl sie sich die Ausbildung damals nicht leisten kann, ergreift sie nach einer kleinen Erbschaft die Gelegenheit, um sich ein zweites Standbein aufzubauen.
Dabei ist es vor allem das Menschliche, was Gunhild umtreibt: „Ich möchte, dass sich auch die ganz normale Hausfrau meine Behandlungen leisten kann. Meine Priorität war nie großartig Profit zu machen. Es geht mir darum, jemand etwas Gutes tun zu können“.
Und weil Erfolg und Erfüllung immer Hand in Hand gehen, wenn wir etwas aus vollem Herzen tun, hat Gunhild schon von Tag eins an einen festen Kundenkreis – und ihr innerer Antrieb lässt nicht nur ihre Kunden, sondern auch sie selbst in einem bezaubernden Glanz erstrahlen.
Ganz so, wie sie mit der Zeit gelernt hat Grenzen zu setzen, kann Gunhild auch das Leben mittlerweile so umarmen, wie es kommt. Dass sie bei ihrem vollgepackten Terminkalender manchmal gerne mehr Zeit hätte, ist einleuchtend. Doch selbst davon lässt sie sich nicht aus der Ruhe bringen: „Ein bisschen mehr Zeit für mich wäre schon toll. Aber die Zeit kommt auch irgendwann. Also, ich werde ja kaum bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag arbeiten“, sagt sie lachend.
Bis dahin bleibt Gunhild ein leuchtendes Beispiel für Engagement: Nämlich sich mit vollem Einsatz und ganzer Kraft den anstehenden Aufgaben zu verschreiben – und dies selbst auch dann noch zu tun, wenn es schwierig wird. Denn während die Pandemie allen ihre Tribute abverlangt, gibt Gunhild auch in dieser schweren Zeit ihren positiven Geist nicht auf. „Durch Corona sind wir im Team noch mehr zusammengewachsen. Ich war einfach froh, arbeiten gehen zu dürfen“, erzählt sie dankbar – und ist dann mit ihrem vierbeinigen treuen Begleiter Oscar schon wieder auf halbem Wege unterwegs ins Büro.