Sonja

// Sonja arbeitet als Wohnbereichsleiterin und stellvertretende Pflegedienstleitung im Johanniter-Haus Weschnitztal

„Ich habe mich unglaublich gerne dreckig gemacht!“ In Sonjas sanften Gesichtszügen erwacht rege Lebendigkeit, wenn sie sich an die Abenteuer in ihrer Kindheit damals auf dem Land erinnert: Da wären zum Beispiel die täglichen Entdeckungstouren, auf denen sie mit ihren Freunden durch Wald und Wiese sprang. Oder die heißen Sommernachmittage, die sie auf dem Feld verbrachte. „Bei uns gab es so was wie Handys noch nicht. Wir waren dreckig, wir waren verkratzt, wir sind in irgendwelche Hecken gesprungen, um zu sehen, wo wir am Ende rauskommen – und so was wie Handys haben wir gar nicht gebraucht“, fügt sie schmunzelnd hinzu.  

Sonja wächst in den neunziger Jahren auf – und wenn sie in ihren Erinnerungen gräbt, liegt ein Geruch von Freiheit in der Luft. Die meiste Zeit verbringt sie gemeinsam mit ihrer Schwester bei ihrer Großmutter – und obwohl ihre Kindheit schon eine Zeit zurückliegt, erscheint auch Sonjas Oma plötzlich ganz nah, wenn sie von ihr erzählt: „Wir waren eigentlich immer bei Oma. Ich habe viel Zeit mit ihr auf dem Feld verbracht. Wir haben Kartoffeln ausgegraben, Rüben gehackt, wir haben gemeinsam gekocht und Kuchen gebacken – und ich habe mich unglaublich gerne dreckig gemacht“.   

Zwischen Sonjas Kindheit auf dem Land und heute ist viel passiert. Aber auch in der Gegenwart scheint es noch so, als hätte sie sich einen großen Teil ihrer kindlichen Lebensfreude bewahrt – kombiniert mit einer guten Portion Reife. Denn trotz der Aufs und Abs, die es auch in ihrem Leben gab, blickt sie in Gelassenheit auf ihr bisheriges Leben zurück: „Alles ist so gelaufen, wie es sein sollte. Ich sollte meine Erfahrungen machen und das war auch gut so – ich würde nichts ändern“, fügt sie strahlend hinzu.

Sonja weiß, wo sie hingehört. „Ich will nicht nach Mannheim, ich will nicht nach Fürth – ich will hier in Fahrenbach sein. In Fahrenbach ist mein Platz“, bekräftigt sie mit Nachdruck. Und Fahrenbach „das erlebt man am besten zur Kerwe“, gibt sie mit funkelnden Augen preis. 

Denn jedes Jahr im Oktober wird die kleine Ortschaft Fahrenbach in einen absoluten Ausnahmezustand versetzt – und Sonja natürlich mit. Die Kerwe dort ist eine der ältesten und traditionsreichsten im Odenwald – nicht zuletzt dank des unerbittlichen Engagements der ganzen Ortsgemeinschaft. Doch die Kerwe, das ist noch viel mehr: Sie ist Gemeinschaft, Fröhlichkeit und Kreativität, der keine Grenzen gesetzt sind. „Die Kerwe ist gar nicht mehr wegzudenken – das sind einfach wir“, meint Sonja und ihre Augen sprühen kleine Funken.

Bereits Tage vor dem Festumzug wird in den Fahrenbacher Höfen gehämmert und genagelt was das Zeug hält. Und wenn es dann so weit ist, sind vom Baby im Bauch bis zum Rentner im Rollator alle mit dabei. „Einmal war das Motto ‚Mut zur Hässlichkeit‘“, erinnert Sonja sich lachend zurück und erzählt, wie sie und ihre Freunde sich mit verfaulten Kunstzähnen, Perücken und Bärten verunstalteten. „Da hatte mich noch nicht einmal mein eigener Papa erkannt“, gibt sie zum Besten. 

Klar sei die Arbeit in der Pflege manchmal stressig – aber Sonja findet mit der Zeit trotzdem einen Weg anderen Herzensangelegenheiten noch genügend Raum zu geben. Da wäre zum Beispiel ihre Liebe zum Musizieren.

„Ich konnte den Menschen schlecht was aufdrängen – das bin ich einfach nicht“. Sonja kommt ursprünglich aus dem Einzelhandel. Dass ihr die Tätigkeit im Verkauf jedoch nicht wirklich liegt, merkt sie damals schnell. Trotzdem entscheidet sie sich dafür, die Ausbildung abzuschließen, denn halbe Sachen sind für Sonja nichts. Sie geht mit Sorgfalt an ihre Aufgaben heran – womöglich steigt sie auch deswegen seit ihrem Start in der Pflege 2006 konstant Stufe um Stufe in ihrer beruflichen Laufbahn hinauf. 

Erst fängt sie als Auszubildende Pflegefachkraft an, macht dann die Weiterbildung zur Wohnbereichsleitung und fungiert heute zudem noch als Mentorin: Für diejenigen, die erst am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn stehen. Und Sonja bereut keinen einzigen Moment seit ihrem Berufswechsel. „Wenn ich auf Arbeit manchmal so furztrockene Sprüche raushaue und die Bewohner dann lachen müssen, oder wenn ich mich einen Moment zu ihnen setze und wir einfach reden – das gibt mir so viel mehr als irgendein Kaufvertrag für 2000 Euro“, berichtet sie verschmitzt. 

Klar sei die Arbeit in der Pflege manchmal stressig – aber Sonja findet mit der Zeit trotzdem einen Weg anderen Herzensangelegenheiten noch genügend Raum zu geben. Da wäre zum Beispiel ihre Liebe zum Musizieren. Noch vor ihrer Zeit in der Pflege spielt sie regelmäßig im nahegelegenen Fürth im Akkordeonorchesterverein. Gemeinsam mit Kindern und Rentnern gibt sie Konzerte und spielt auf Weihnachtsmärkten. „Eine schöne Zeit“, schwärmt Sonja – auch wenn sie dann das Spielen für einige Zeit aufgibt. 

Als dann aber ausgerechnet die Ehefrau ihres ehemaligen Akkordeonlehrers ins Johanniter-Haus Weschnitztal einzieht, erwacht auch Sonjas Ansporn zum Musizieren erneut. Heute spielt sie donnerstags im Singkreis auf dem Akkordeon ihres ehemaligen Lehrers das ein oder andere Ständchen – „einfach aus Spaß an der Freude“, sagt Sonja und lächelt.