Psychopharmakaprojekt

Zuwendung statt Psychopharmaka

Bei der Pflege von alten und, besonders häufig, von demenzkranken Menschen werden noch immer viel zu oft beruhigende Medikamente eingesetzt, um Verhaltensauffälligkeiten wie z.B. Unruhe zu begegnen. Die Auslöser und Ursachen für das unerwünschte Verhalten werden jedoch meist nicht hinterfragt und bleiben somit unbehandelt - nicht so im Johanniter-Haus Waibstadt.

„Die eingesetzten Psychopharmaka aus der Gruppe der Neuroleptika, Benzodiazepine und Hypnotika, hindern die Bewohnerinnen und Bewohner unter Umständen daran, sich zu bewegen“, weiß Einrichtungsleiter Kai Schramm. In diesem Zusammenhang spricht man daher auch von „Medikamentöser Fixierung“. Sind diese Psychopharmaka aber erst einmal verschrieben, werden sie meist zu Dauerverordnungen, unter Umständen bis zum Lebensende. Selbst wenn inzwischen der Auslöser und/oder die Ursache für das auffällige Verhalten, wie z.B. Schmerzen, nicht mehr vorhanden sind.

„Diese Medikamente hindern die Bewohner unter Umständen daran, sich zu bewegen. Im Johanniter-Haus Waibstadt haben wir diese Erkenntnisse zum Anlass genommen, neue Wege zu gehen.“
Kai Schramm, Einrichtungsleiter des Johanniter-Haus Waibstadt

So haben wir im Februar 2019 im Rahmen eines Projekts damit begonnen, den Einsatz der Psychopharmaka mit potentiell freiheitseinschränkenden Nebenwirkungen zu reduzieren.

Seitdem trifft sich monatlich ein internes Steuerungsgremium, analysiert die Medikamentenpläne der betroffenen Bewohner und entscheidet, bei wem Psychopharmaka reduziert oder abgesetzt werden könnten. In Zusammenarbeit mit den betreuenden Ärzten wird die Verordnung dieser Medikamente dann angepasst.

Das Medikamentenprojekt in Zahlen

Stand 02/2024

5
Jahre
Fast fünf Jahre dauert die Erfolgsgeschichte des "Waibstadter Wegs" schon an.
86
Prozent weniger Bewohner
Die Anzahl der Bewohner mit entsprechenden Psychopharmaka-Verordnungen konnte um beachtliche 86 Prozent reduziert werden.
90
Prozent weniger Psychopharmakaverordnungen
Die Anzahl der täglich verabreichten Psychopharmaka sank in diesem Zeitraum gar um 90 Prozent.
35
Bewohner
nahmen zu Projektbeginn im Schnitt 1,4 Psychopharmaka zu sich.
5
Bewohner
nehmen aktuell nur noch eine entsprechende Arznei regelmäßig ein.

Der Schlüssel zum Erfolg - mehr Zuwendung & begleitende Maßnahmen

Aromapflege ist ein Bestandteil der begleitenden Maßnahmen
Aromapflege ist ein Bestandteil der begleitenden Maßnahmen

Noch wichtiger als die bloßen Zahlen - den Bewohnerinnen und Bewohnern geht es besser. 

Ein Schlüssel zum Erfolg liegt in der Suche und Behebung der Ursachen der Verhaltensauffälligkeiten. Aber auch die begleitenden Maßnahmen spielen eine wichtige Rolle. So bieten wir im Johanniter-Haus Waibstadt zahlreiche nichtmedikamentöse Alternativen an, wie 

  • individuelle, biografiebasierte Einzelangebote
  • Maßnahmen der Basalen Stimulation (z.B. durch Handmassagen)
  • gezielte Bewegung im Freien
  • Einsatz der Aromapflege 
  • Kneippanwendungen.

Das Ergebnis dieser Maßnahmen: mehr Lebensqualität für unsere Bewohner! 

„Unsere Bewohner können seitdem wieder stärker am Leben teilnehmen, sind wacher und mobiler.“
Sonja Trunzer, stellvertretende Pflegedienstleitung und Aromapflegeexpertin