Alexander
Alexander arbeitet als Haustechniker im Johanniter-Haus Sinzig.
Ein Band aus Wasser durch mein Leben
„Wasser hat eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf mich. Ich bin in der Nähe eines Flusses geboren – eines Flusses, der sich 4.248 km durch unendliche Weiten in Russland, China und Kasachstan zieht. An mein Heimatdorf in Kasachstan habe ich nur verschwommene Erinnerungen. Das war ein winziges Dörfchen mit staubigen Straßen in einer endlosen Steppe. Aber die Allgegenwärtigkeit des Wassers bleibt unvergesslich. Leider war ich schon sehr lange nicht mehr da – aber das Wasser begleitet mich.
Mit unserem Umzug nach Deutschland wurde Bonn unser erster Anlaufpunkt. Bonn am Rhein – also wieder ein Band aus Wasser, das sich durch mein Leben zieht. Als wir nach Deutschland kamen, war ich 23. Heute lebe ich die meiste Zeit mit meiner Lebensgefährtin Michaela an einem Waldrand. Und nicht weit von hier gibt es natürlich auch einen kleinen Teich. Entfliehen kann ich dem Wasser also scheinbar nicht.
So wie sich mein Heimatfluss Fluss Irtysch durch verschiedene Kontinente schlängelt, stelle ich mir auch eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn vor. Diese Reise hat zwar noch nicht stattgefunden, aber das möchte ich unbedingt noch erleben. Ich mag es Zug zu fahren – auch wenn es im Moment nur von Bonn nach Sinzig und wieder zurück ist.
Im Zug zu sitzen und die Landschaften vorbeiziehen zu sehen, entspannt mich. Und wenn es Verspätungen gibt, stört mich das überhaupt nicht – ich sehe das gelassen: Dann habe ich mehr Zeit für mich.“
„‘Boah hast du aber einen Apparat‘ – das meinte mal einer meiner Kommilitonen im Gesangsstudium zu mir.
Ich war 27, als ich angefangen habe, in Tallinn klassischen Gesang zu studieren – in dem Metier ist man mit 27 eigentlich schon viel zu alt dafür. Das Studium ist nicht einfach. Um klassischen Gesang zu studieren, braucht man viel Durchsetzungs- und Willenskraft. In Tallinn war alles neu für mich. Eine fremde Sprache, und musikalische Vorkenntnisse hatte ich auch nicht wirklich. Ich war also auf mich allein gestellt. Aber Singen – das konnte ich."
Menschen mit meiner Stimme berühren
"Ich singe eigentlich, seitdem ich denken kann. Als Kind war das natürlich nur irgend so ein Kauderwelsch – und hätte meine Klavierlehrerin mir keinen Schubser gegeben, hätte ich wohl eher Sport studiert. Ohne die Unterstützung meiner Eltern hätte ich das niemals geschafft, denn das Studium musste ich mir selbst finanzieren.
Nach dem Studium wollte ich direkt weitermachen mit dem Singen, jedoch wurde mein Vater ziemlich krank und immer pflegebedürftiger. Und meine Mama konnte das allein nicht packen.
Wenn ich singe ist es das schönste für mich, Menschen mit meiner Stimme zu berühren. Letztens habe ich hier auf unserem Sommerfest für die Bewohnerinnen und Bewohner gesungen. Dabei in das bewegte Gesicht einer Bewohnerin sehen zu können, ist jedes Mal aufs Neue überwältigend für mich.“
Dankbarkeit hautnah miterleben
„Manchmal hängt mir das Obst schon ein bisschen zum Halse raus. Ich helfe ab und zu auf Obstplantagen aus. Dadurch habe ich Zeit meines Lebens schon ganze Unmengen an Obst verzehrt. Auf der Obstplantage gibt es Apfel-, Birnen- und Pflaumenbäume, manchmal auch Kartoffeln und Erdbeeren. Die Arbeit ist sehr körperlich, aber irgendwie hat es mir schon immer Spaß gemacht, Zeit in der Natur zu verbringen. Ich brauche das einfach.
Bei meiner Arbeit als Haustechniker hier im Johanniter-Haus Sinzig ist mir der Kontakt mit den Bewohnerinnen und Bewohnern wichtig. Ich spreche gerne mit den alten Leuten – und wenn ich etwas auf ihren Zimmern repariere, dann unterhält man sich. Manchmal ist auch richtig was los: Letztens habe ich den Ehering eines Bewohners aus dem Abfluss geholt – wir waren beide heilfroh und erleichtert, dass der Ring noch da war.
Deswegen finde ich meinen Job als Haustechniker auch so toll: Ich habe Kontakt zu Menschen und darf die Dankbarkeit von den Bewohnerinnen und Bewohnern hautnah miterleben. Es macht mir einfach Freude, wenn ich meine Arbeit gut mache und ich sehe, dass es auch anderen etwas bringt.
Ganz besonders war für mich ein Bewohner, den ich bereits vom Wandern kannte. Er hat auch oft gesungen. Das Wandern und das Singen haben uns irgendwie verbunden – wenn ich ihn singen hörte, war ich immer sehr gerührt. Leider ist er bereits verstorben – aber diesen Mann zu kennen, war ein wahres Vergnügen für mich.“