Anne

Anne arbeitet als Pflegekraft im Hospiz Lilge-Simon-Stift in Bremen.

Fasziniert für das alte Ägypten

„Was passiert nach dem Tod? Im alten Ägypten glaubte man an ein im Jenseits gutes Leben. Als Kind nahm mich meine Mutter mit ins ägyptische Museum in Berlin – und seither haben mich die frühere Zeit und die Geheimnisse um Pharaonen nicht mehr losgelassen. Ich lese fast nur Bücher, die sich darum drehen. Trotzdem bin ich immer wieder aufs Neue fasziniert – bis heute weiß man ja nicht, wie die alten Ägypter das alles hinbekommen haben. Was sie mit spartanischen Mitteln alles geleistet haben – unglaublich, finde ich!

Seither hat es mich schon fünf Mal nach Ägypten verschlagen. Endlich konnte ich live sehen, was ich in so vielen Büchern schon vorher verschlungen habe. Wenn man erst einmal dort ist, kann man noch viel besser in die Geschichte eintauchen: Wenn man in so einem uralten Grab in einem Felsen steht, das ist einfach einmalig.

Besonders fasziniert bin ich von der Einstellung der Ägypter zum Tod. Für sie hatte das Leben zwar schon einen hohen Stellenwert, aber viel mehr noch hat sie das ‚danach‘ interessiert. Sie waren überzeugt davon, dass nach dem Tod noch etwas kommt. Und dass dies vor allem etwas sehr Gutes ist. Für die Ägypter war es nicht unbedingt schlimm zu sterben – während bei uns hingegen der Tod gesellschaftlich verpönt ist. Da möchte jeder nur schnell das Thema wechseln.“

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Man lernt nur an Herausforderungen dazu

„Im Osten aufzuwachsen war – auch familiär gesehen – nicht immer einfach. Meine Mutter hat mich in jungen Jahren bekommen. Mein Vater und meine Mutter haben beide lange Stunden gearbeitet – einfach, weil es nicht anders ging. Ich bin als Kleinkind selbstständig in den Kindergarten gegangen, war schon sehr früh viel alleine. Klar war das nicht immer einfach. Aber im Nachhinein war das alles gut. Heutzutage finde ich, dass es umgekehrt vielen Menschen noch an einer guten Portion Selbstständigkeit fehlt.

Man lernt nur an Herausforderungen dazu. Ich bin zum Beispiel sehr früh von zu Hause ausgezogen. In dem Sinne hat mich das frühe Alleinsein auf jeden Fall stark geprägt. Die Entscheidung dazu war eher spontan gewesen. Ich hatte mich für einen Ausbildungsplatz als Restaurantfachfrau am Timmendorfer Strand beworben – ohne damit zu rechnen, je eine Antwort zu bekommen. Als dann die Zusage kam, habe ich mich aber kurzerhand dafür entschieden.

Meine Familie, meine Freunde und meine gewohnte Umgebung hinter mir zu lassen war schwer. Ich weiß noch, wie mich in meiner ersten Nacht alleine der Mut verlassen hat, aber die Zeit am Timmendorfer Strand sollte zu einer der besten Episoden meines Lebens werden. Und auch als ich drei Jahre später wieder meine Sachen gepackt habe, nur um wieder neu anzufangen – dieses Mal in Bremen – war das anfangs alles andere als leicht. Auch hier war meine Erfahrung wieder ähnlich: Nach Bremen zu ziehen war bei mir eigentlich nie auf dem Plan gewesen – aber die Entscheidung sehe ich heute als eine der besten meines Lebens an.“

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Das Leben mehr schätzen

„Das Hospiz lehrt dich wie kein anderer Ort, dein Leben zu genießen. Im Alltagstrott vergisst man es oft – aber meine Arbeit macht es mir leicht, mir dies immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Denn es sind ja nicht nur Menschen an ihrem Lebensabend, die hier herkommen. Oft begleiten wir auch ganz junge Menschen, die an einer unheilbaren Krankheit leiden. Dabei lernt man unweigerlich, das Leben mehr zu schätzen zu wissen.

Ich habe schon sehr früh relativ viel Zeit im Krankenhaus verbracht und fand die Arbeit immer total spannend – schon seit damals wusste ich, ich würde gerne auch beruflich meine Zeit im Krankenhaus verbringen.

Als ich dann von der Onkologie im Krankenhaus zum Hospiz gewechselt habe, habe ich eine ehemalige Patientin dort wieder getroffen. Die Situation war für sie und auch für mich neu – und irgendwie haben wir uns beide Halt gegeben. Ich war so dankbar, sie noch begleiten zu dürfen – und für sie war durch mich auch ein Stück Vertrautheit erhalten geblieben. An dem Tag an dem sie gestorben ist, musste ich meine Tränen unterdrücken, aber zurück erinnern kann ich mich bis heute in großer Dankbarkeit.  

Hier im Hospiz kann ich die Menschen mit der Zeit und Aufmerksamkeit versorgen, wie ich das auch gerne möchte. Im Krankenhaus hingegen hat mir dazu manchmal schlichtweg die Zeit gefehlt. Das Wichtigste ist mir, mit Menschen zusammen zu arbeiten und ihnen noch bis zu ihrem Ende eine gute Zeit zu ermöglichen.“

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