Sonja & Alexander

// Sonja arbeitet als Wohnbereichsleitung, stellv. Pflegedienstleitung und Aromapflegeexpertin im Johanniter-Haus Waibstadt, Alexander als stellv. Wohnbereichsleiter und Wundexperte.

Alexander: „Sobald man die Schwelle zu einem Mittelalterfestival überschreitet, ist man in einer ganz anderen Welt. Die größeren Festivals sind ja nicht einfach nur Märkte. Es gibt ein abgegrenztes Gelände und die allermeisten Besucher sind auch wirklich verkleidet. Es ist wie eine kleine Stadt aus einer anderen Zeit. Wenn wir auf so einem Festival sind, steige ich komplett aus dem Alltag aus und begebe mich auf Zeitreise. Natürlich habe auch ich ein passendes Outfit – meist gehe ich als Wikinger, mit Tunika und Fell auf dem Rücken. Oft sind wir gleich mehrere Tage am Stück vor Ort. Früher haben wir im eigenen Zelt übernachtet. Das kann ganz schön anstrengend sein, wenn man selbst aufbauen muss und es dann noch zu regnen beginnt. In letzter Zeit mieten wir lieber ein Zelt oder ein Zimmer in einer Pension. So können wir das Festival dann richtig genießen.

Auf den Festivals herrscht immer eine ganz stimmungsvolle und friedliche Atmosphäre, es gibt Kunsthandwerk zu bewundern, Mittelalterbands spielen und man sitzt abends gemeinsam am Lagerfeuer. Manchmal erkennen wir sogar Leute an ihren Kostümen wieder. Es ist wirklich eine eigene, kleine Welt.“

Sonja: „Am Anfang war das mit den Mittelaltermärkten meine Idee. Eine Freundin hatte mich mitgenommen und wir hatten uns dann auch gleich so tolle Kleider gekauft. Beim nächsten Mal ist Alexander dann mit auf Zeitreise gegangen. Er war sofort begeistert! Und er ist nicht der einzige in der Familie. Sogar meine Nichte ist seit ein paar Jahren dabei. Als sie etwa 13 war, haben wir ihr ein mittelalterliches Kleid gekauft. Heute ist sie 17, das Kleid ist ihr in der Zwischenzeit zu klein geworden, also habe ich ihr einen Rock daraus genäht. Wenn wir auf eins der Festivals fahren, ist sie meist mit von der Partie. Kein Wunder: Es herrscht dort immer eine ganz besondere Stimmung und die Leute sind so unglaublich nett. Man ist eben unter Gleichgesinnten.“

Sonja: „Alexander und ich haben uns in der Ausbildung kennengelernt. Das ist jetzt etwa 25 Jahre her. Ich habe damals mitten im Jahr die Ausbildungsstelle gewechselt – eine lebensverändernde Entscheidung! Mit Alexander habe ich mich auf Anhieb gut verstanden, im Unterricht saßen wir oft beieinander und im Wohnbereich hat er mich für den Nachtdienst eingearbeitet. Wir hatten viel Spaß zusammen, doch am Anfang waren wir nur Freunde. Bis der Sommer der Abschlussprüfung kam. Etwa zu dieser Zeit merkten wir, dass da mehr ist. Es kam schleichend, denn wir kannten uns ja schon sehr gut. Am Ende war es Alexander, der den ersten Schritt machte. Seitdem sind wir ein Paar. Nur ein Jahr später sind wir zusammengezogen. Bis heute leben wir zusammen und sind in derselben Einrichtung tätig. Das heißt aber nicht, dass wir uns ständig sehen, denn wir arbeiten ja in unterschiedlichen Wohnbereichen. Und wir haben eine Regel: Zuhause wird nicht über den Job gesprochen. Hier haben wir andere Themen. Unsere Katzen, die wir sehr lieben. Oder die Pläne für das nächste Mittelalter-Festival.“ 

Alexander: „Wenn ich auf meine Familie gehört hätte, wäre ich heute wohl Bankkaufmann. Ich habe mich damals überreden lassen und tatsächlich eine Lehre bei der Bank begonnen, doch ich hatte überhaupt keine Freude daran. Als Kind war ich einmal eine längere Zeit im Krankenhaus. Ein Pfleger ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Er hat immer Späße gemacht und gute Laune verbreitet. Das wäre ein Beruf für mich, fand ich. Nach mehreren Praktika in Krankenhäusern bin ich dann in der Altenpflege gelandet. Vielleicht auch, weil ich als Kind ein sehr enges Verhältnis zu meinen Urgroßeltern hatte. Heute weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war. Mit älteren Menschen zu arbeiten, ist mein Traumberuf, und dass ich in diesem Kontext meine Partnerin getroffen habe, macht es umso schöner.“

Alexander: „Als ich noch ein Kind war, habe ich viel Zeit mit meinen Urgroßeltern verbracht. Jeden Sonntag trafen sich alle Enkel und Urenkel bei ihnen zum gemeinsamen Abendessen. Seit ich drei war, sind sie sogar jedes Jahr mit mir in den Urlaub gefahren, in ein kleines Dorf in Österreich, wo es weder einen Fernseher noch einen Telefonanschluss gab und man 500 Meter bis zur nächsten Telefonzelle laufen musste. Diese Tradition haben wir jahrelang fortgeführt. Sogar dann noch, als meine Urgroßmutter nicht mehr lebte. 

Ich habe wunderbare Erinnerungen an die Zeit mit meinen Urgroßeltern. Sie haben mir beigebracht, Respekt vor dem Alter zu haben. Dass ich mich heute in meinem Job um ältere Menschen kümmere, ist da wohl kein Zufall. Heute leben Sonja und ich in dem Haus, in dem früher mein Urgroßvater wohnte. Meine Eltern und andere Verwandte leben in derselben Straße. Es ist toll, so viel Familie um sich zu haben.“

Sonja: „Mit Alexanders Familie habe ich mich auf Anhieb gut verstanden. Die Entscheidung, zu ihm nach Neidenstein zu ziehen, fiel mir damals leicht. Doch für meine Mutter war das schon ein harter Brocken. Wir hatten damals keine einfache Zeit. Als ich ein Teenager war, ist mein Vater an Leukämie erkrankt. Mehrere Jahre hat er gegen die Krankheit gekämpft und den Kampf schließlich leider verloren. Natürlich bin ich weiterhin für meine Mutter da, auch wenn ich nicht gleich um die Ecke wohne. Meine Geschwister sind ja auch in der Nähe, jeder hat seine Aufgabe. Ich bin zum Beispiel fürs Shoppen zuständig, da habe ich viel Geduld.

Alexander und ich sind jetzt seit 22 Jahren zusammen, geheiratet haben wir aber nicht. Er findet, man braucht keinen Trauschein, der einem bestätigt, dass man zusammengehört. Ich hätte ja nichts dagegen, ihn zu heiraten. Meine Traumhochzeit wäre auf einer Insel, nur zu zweit. Das würden unsere Familien uns aber nie verzeihen! Darum ist es wohl gut, wie es ist.“